Am Freitagabend lud der Arbeitgeberverband Mittelthurgau zur ordentlichen Generalversammlung in den Landgasthof Wartegg ein. Hermann Hess referierte als Gast über sein Amt als Nationalrat.
WIGOLTINGEN. «Ich habe soeben ein Telefon von Peter Muri erhalten. Er fragte, ob ich wirklich komme. Das ist der Beweis dafür, dass die Wirtschaft kein Vertrauen mehr in die Politik hat», sagte Hermann Hess an der ordentlichen Generalversammlung der Arbeitgeber Mittelthurgau im Landgasthof Wartegg in Müllheim-Wigoltingen und lachte. Der FDP-Nationalrat referierte vor einem rund vierzigköpfigen Publikum über seine Eindrücke aus dem Bundeshaus und sparte dabei nicht mit humorvollen Pointen.
Seit Oktober 2015 vertritt Hermann Hess den Kanton Thurgau im Parlament. «Die Wahl hat mich selber überrascht», sagte er. Er habe kein Wahlkomitee gehabt und gegenüber 2011 sein Budget halbiert. Die Nationalratstätigkeit bezeichnet Hess als anstrengend: «Man muss andauernd zuhören, man lernt viele neue Menschen kennen und befasst sich mit neuen Themen und Systemen.» Sein Einfluss im Nationalrat sei dabei spürbar geringer als noch im Grossen Rat, das sei eine Folge der Ratsgrösse und des Zweikammersystems.
«Der Wind hat mit den Wahlen 2015 klar gedreht», sagte Hess und nannte Beispiele wie die Armeeabstimmung, die Rüstungsvorlage oder die Bundesratswahl. «Die Linken und Grünen haben an Einfluss verloren», stellte er fest. Eine erfolgreiche bürgerliche Politik wäre jetzt im Prinzip möglich, werde aber durch die national-konservativen Profilierungs- und Wahlkampfthemen der SVP teilweise erschwert.
Die Beschwörung der Unabhängigkeit der Schweiz steht für Hermann Hess im Widerspruch zu den laufend vom Parlament bearbeiteten Einflüssen beziehungsweise Forderungen des Auslandes. Er nennt als Beispiel die Abschaffung des Bankgeheimnisses für ausländische Kunden, die Währungspolitik (Frankenkurs), die Unternehmenssteuerreform III oder die Einwanderungsbeschränkung und ihr Konfliktpotenzial mit den Bilateralen.
Beträchtliche Unsicherheiten sieht Hermann Hess im Ausblick und nannte als grösstes Problem die generationenverträgliche Anpassung der AHV. «Wir müssen unbedingt den Jungen die Gewissheit vermitteln können, dass auch sie ihre Rente erhalten werden», sagte er.