Bei den Märstetter Männern herrschte am Dienstag der Ausnahmezustand. Bei der nachmittäglichen Gant im Bürgerwald ersteigerten sie Holzvorräte. Beim abendlichen Bürgertrunk genossen sie die Produktionen der Vereine.
MÄRSTETTEN. Ehrengast am 155. Hiläri ist alt Bundesrat Samuel Schmid. Er hat seinen grossen Auftritt um Mitternacht und sorgt mit einer kurzen Rede für beste Unterhaltung. «Werte Herren, ich stelle fest, meine Zeit ist abgelaufen», sagt er zum Einstieg und macht sich an, gleich wieder vom Rednerpult wegzugehen. Grund für seine Worte ist eine leichte Verzögerung im Programm – hätte er doch eigentlich schon 20 Minuten früher sprechen sollen, direkt bevor die Mehlsuppe um Mitternacht serviert wird.
Mit der Suppe warten die Helfer vom Männerchor jedoch gern noch ein paar Minuten zu und Schmid bleibt doch noch ein paar Sätze länger am Rednerpult stehen. Er reimt sich in Anspielung auf die reine Männerrunde zusammen. «Hiläri-Brauch: Um mich kurz zu fassen, das Schönste wird zu Hause gelassen.»
Begonnen hat der Bürgertrunk in der Mehrzweckhalle Weitsicht um Punkt 20 Uhr. «Liebi Hiläri-Brüeder, liebi Gäscht», begrüsst Bürgerpräsident Adrian Heer die 300 Männer. Er lässt Grüsse ausrichten von Bürgern aus Kanada und Südafrika. «Beim einen sind's zurzeit minus 30 Grad, beim anderen plus 30. Wir sind grad irgendwo dazwischen.» Besonders zufrieden ist Heer mit dem Ausgang der nachmittäglichen Holzgant. Mit 11 940 Franken wurde ein neuer Rekordertrag erzielt. Und angesichts der eher geringen Menge Brennholz ist auch der Durchschnittserlös pro Ster mit 75 Franken ein neuer Rekord. «Ich habe gemerkt, wie leicht es ist, Menschen zu manipulieren. Ich habe ganz am Anfang zwei Körbe mit kleinen Holzscheiten ersteigert – und plötzlich meinten alle, es gäbe einen kalten Winter und haben fleissig gesteigert», sagt er.
Gegen hundert Männer und ein paar wenige Frauen waren am Nachmittag durch den Märstetter Bürgerwald spaziert. Und unter der Leitung von Waldverwalter Max Brenner und Revierförster Jakob Stump wurde eine Holzbeige am Wegrand nach der anderen versteigert. Auch Gemeindeammann Jürg Schumacher sicherte sich gut gelaunt eine Beige.
Bei den abendlichen Produktionen der Märstetter Vereine und Ottoberger Gäste braucht er dann aber eine dicke Haut. Schonungslos wird er mit Sketchen und Versen in die Mangel genommen. Immerhin kann er sich beim technisch gut umgesetzten Samschtig-Jass gegen Telefonjasser Samuel Schmid und beide Gegner am Tisch durchsetzen und gewinnt einen Pokal – wenn auch erst nach Protesten beim falsch abrechnenden Jassleiter.
Viele Produktionen am Bürgertrunk sorgen für Lacher, andere wirken etwas bemüht, sorgen jedoch auch für Kurzweil. Samuel Schmid sagt dazu: «In Grossstädten wäre so ein Abend sicher professioneller durchgeplant. Aber mir gefällt's hier gut, es wirkt alles ehrlich und nah. Vieles wird improvisiert.»
Mitternacht naht und die meisten Männer haben ihre Halbliterflasche Rotwein mittlerweile geleert, die Salzisse schlummert in ihren Mägen. Das Hiläri-Lied ist gesungen und zum Abschluss wartet die Mehlsuppe und der Verkauf der ersten Hilarius-Zeitung nach der Ära Eugen Alder auf die Männer. Nun kümmert sich eine Gruppe Redaktoren um das Bürger-Blatt. Nach geselligen vier Stunden in der Weitsicht geht es für die Hiläri-Brüder erst so richtig los. Sie ziehen von Beiz zu Beiz durchs Dorf und machen die Nacht zum Tag – vorausschauend haben sie den Mittwoch frei genommen.