HAUPTWIL. Die alten Ägypter liebten Ackerbau und Brot. Unterhaltsam und spannend verwob Claudia Adrario Geschichte und Geschichten im Vortrag «Brot oder Not».
In ihrer kulturgeschichtlich-literarischen Annäherung an ein Hauptnahrungsmittel der Menschheit wusste die Archäologin, Sängerin und Schauspielerin aus Basel am Mittwoch geschichtliche Fakten und Geschichten ums Brot so packend zu präsentieren, dass das Publikum den Ausführungen jederzeit mit gespannter Aufmerksamkeit folgte. Thematisch knüpfte das Referat im Schloss Hauptwil, veranstaltet vom Kulturverein Literaria, an den Vortrag im letzten Jahr an, der dem Wasser gegolten hatte.
Von den Ursprüngen des Getreideanbaus um 10 000 v. Chr. im sogenannten fruchtbaren Halbmond, dem Gebiet des heutigen Südanatolien, Iran, Irak, Syrien, Libanon und Israel, folgte Claudia Adrario den Spuren des Brotes ins Niltal. Brot war bei den alten Ägyptern ein Hauptnahrungsmittel. Man rechnet, dass eine erwachsene Person täglich 800 bis 1000 g Brot ass. Die Herrscher am Nil hätten früh erkannt, dass ein gut funktionierender Ackerbau sowie kluge Verwaltung und Vorratshaltung von Getreide innen- wie aussenpolitisch bedeutsam sind, machte Adrario deutlich. Brot galt aber nicht nur als Grundnahrungsmittel, sondern auch als Bindeglied zwischen dem Diesseits und Jenseits, zwischen Körper und Seele, Mensch und Gott.
Brot zu haben, sei verknüpft gewesen mit der Zuversicht auf ein Leben nach dem Tod in einem Land, in dem es für alle reichlich Brot gibt, erzählte Claudia Adrario. Brot zu haben, sei aber auch Verpflichtung gewesen, dieses mit jemandem, der keines hat, zu teilen. In diesem Sinne habe auch die Bedeutung des Brotes Eingang ins Christentum gefunden.
Mit literarischen Texten rund ums Brot von Albert Camus, Fritz Busch, Bertold Brecht, Ingeborg Bachmann und einem lateinamerikanischen Dichter schlug Claudia Adrario einen Bogen in die heutige Zeit. Nahrung zu haben, nicht abhängig zu sein von der Barmherzigkeit anderer, bedeute Freiheit, hielt sie fest. (clg)