Entwicklung kostet. Das spiegelt sich, mit den hohen Zentrumslasten, in den städtischen Finanzen. Doch wo gesät wird, könne später auch geerntet werden, hofft der Stadtrat auf bessere Zeiten. Auch mit Hilfe des Kantons.
Max Eichenberger
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Weil in der Stadt viel und ständig über deren angespannte Finanzlage diskutiert und sie entsprechend wahrgenommen werde, habe Arbon ein Imageproblem, sagt CVP-Finanzpolitiker Luzi Schmid. Negative Folge: Das halte potenzielle neue Steuerzahler ab. Schmid ist aber gerade auch einer, der dem Stadtrat lästig wird und mit Kritik an dessen Finanzgebaren nach dem Prinzip Hoffnung nicht eben spart: Da werde immer wieder schöngeredet, der Silberstreifen am Horizont oder die Morgenröte ausgemacht, der baldige Turnaround beschwört. «Dann kommen die Rechnungszahlen – und mit ihnen die grossen Überraschungen und Enttäuschungen.» Schmid übt auch am öffentlichen Finanzpodium der CVP unter Leitung von Dominik Diezi Kritik. Schmid tut dies leidenschaftlich. Und fordert endlich mehr Entschlossenheit, das Schiff wieder auf Kurs zu bringen.
Stadtrat Patrick Hug sieht Arbon «auf gutem Wege, um den Finanzhaushalt stabilisieren zu können». Zuerst müsse man aber säen, bevor geerntet werden können. So befinde sich die Stadt derzeit «in einem dynamischen Prozess»: Allein sieben Gestaltungspläne hätten innert Jahresfrist auf den Weg gebracht werden können. Eine Aussenwahrnehmung sei eben auch dieser Drive und das, was jetzt alles im Entstehen begriffen ist, nicht nur im WerkZwei, worum Arbon beneidet werde. Und die Profis von HRS bauten sicher nicht Wohnungen auf Halde, die im Markt nicht abgesetzt werden können. Der Leerwohnungsbestand in Arbon sei im kantonalen Vergleich tief.
Im dritten Anlauf habe das Budget 2018, so Finanzressortchef Hug, mit einer schwarzen Null verabschiedet werden können. Schmid lässt er wissen, dass die Rechnung 2017 nicht mit einem Defizit deutlich über zwei Millionen, sondern deutlich unter zwei Millionen abschliesst. Der Stadtrat habe nicht in Untätigkeit verharrt. Die Massnahmen, die aus der Aufgaben- und Leistungsüberprüfung initiiert worden sind, brächten immerhin eine Besserstellung von 400 000 Franken pro Jahr. Teils über schmerzhafte Einsparungen. Nun habe man auf der Einnahmenseite auch beim Schwimmbad tariflich reagiert, werde bei den Hafengebühren 2019 nachziehen und zudem eine Abfallgrundgebühr erneut prüfen. Für Diezi aber wie auch Schmid und Leute im Publikum ist das «noch nicht ein Massnahmenpaket, das Regierungsrat Jakob Stark für Arbon angeregt hat im Sinne von wirklichen Einsparungen». Klar: Man habe auch Aufgaben verschoben – nur, warnt Hug: «In den seltensten Fällen wird das aber letztlich günstiger.»
Immerhin, und das wird breit anerkannt: Der Stadtrat habe mit dem Regierungsrat in Sachen Lastenausgleich gut und erfolgreich verhandelt. Und dabei ein Ergebnis erzielt, sagt Hug, «das über meinen Erwartungen liegt». Neben einem zugesprochenen ausserordentlichen Betrag übernimmt der Kanton 50 Prozent des Nettoaufwandes der Sozialhilfe. Beim Zentrumslastenausgleich habe Arbon einen Aderlass hinnehmen müssen. Der Regierungsrat werde aber über ein an den Grossen Rat adressiertes Paket einen höheren Ressourcenausgleich beantragen. «Damit werden die Zentrumsgemeinden entsprechende Abgeltungen bekommen für Leistungen, die sie erbringen.» Das ursprüngliche hohe Budget-Defizit, das der Stadtrat stehen liess und alt Regierungsrat Claudius Graf als «Hochrisiko-Strategie» bezeichnet hat, sei wohl «als Mahnfinger an den Kanton gedacht» gewesen, spielt Diezi den Ball Stadtrat Patrick Hug zu: «Wir wollten tatsächlich ungeschminkt die Situation aufzeigen, damit der Kanton erkennt, dass grosser Handlungsbedarf besteht», antwortet Hug.
Trotz des Entgegenkommens der Regierung: Luzi Schmid sieht die Zitrone «noch nicht ausgepresst» – obwohl der Stadtrat beteuert habe, es gebe «keine Spartabus». Schmid erwähnt die Verwaltung, das Personal, die Löhne und traut dem Stadtrat nicht zu, mit effektiven Massnahmen Arbon aus dem Finanzloch zu hieven: Nicht zuletzt um das Stadtpräsidium seien zu viele Jobs kreiert worden, hat er den Eindruck.
Im Wesentlichen belastet der Sozialhilfeaufwand die städtischen Finanzen, sagt Patrick Hug. Dominik Diezi erwähnt weitere Kostentreiber wie die ambulante und stationäre Pflege. Und wiederholt in den Fokus rückt dabei das Ressort von Stadtrat Hans-Ulrich Züllig (FDP). Er hat an diesem Abend so richtig das Bedürfnis, Dampf abzulassen und die Verhältnisse ins richtige Licht zu rücken, so komplex sie auch sind und so schwierig zu kommunizieren. Greifbarer sei im Gegensatz dazu, wenn man etwa über Cabins als Übernachtungsmöglichkeit auf dem Camping spricht.
«Wir arbeiten mit Menschen. Wir haben unsere Richtlinien, Ausgaben sind gebunden. Und trotzdem kann man viel bewirken an der Front. Und das tun wir», betont Züllig. In vielen Bereichen, die beeinflussbar sind, weise das Arboner Sozialamt in seiner Arbeit und Fallführung bessere Zahlen aus als vergleichbare Gemeinden. Züllig zieht dazu Statistiken heran. Und wer’s nicht glaubt oder überzeugungsresistent ist, denen hält er die Grafiken schon mal wiederholt unter die Augen: etwa zum Verwaltungsaufwand, zur Integrationsquote, zur Bezugsdauer. «Wir haben praktisch keine Rekurse. Was heisst, dass wir die Fälle sauber führen.»
Das Problem sei, dass mit der Sozialhilfe ein volkswirtschaftlicher Auftrag nicht gemeinschaftlich wahrgenommen wird. «Wir gehören doch zum gleichen Kultur- und Wirtschaftskreis wie Horn und andere Gemeinden.» Deshalb sei es unverständlich, dass Arbon ein Mehrfaches leiste. Anders etwa im Kanton Bern, wo der Kanton zahle und er die Gemeinden gemessen an ihrer Steuerkraft die erbrachten Leistungen belaste. «Ein solcher Lastenausgleich ist die einzige saubere Lösung.» Und nicht, dass das Parlament operativ eingreife und eine Stelle sparen will. Eine Interpellation von Dominik Diezi und Martin Salvisberg, Amriswiler Stadtpräsident, könnte im Grossen Rat die Korrektur eines «Systemfehlers» herbeiführen, den Hug beklagt.