Die Stiftung Arbeitslosenprojekte Business House muss Insolvenz anmelden. Doch das Ende ist ein Neuanfang: Die Stellen und Betriebe werden mit der neuen Firma Pro Business House AG weitergeführt.
Die Stiftung Business House, die älteste sogenannte Sozialfirma im Kanton St.Gallen, ist aufgrund bislang ungeklärter Geldabflüsse in existenzbedrohliche Finanznot geraten, wie unsere Zeitung mehrfach berichtet hat. Nun wird das Unternehmen von der St.Galler Dock-Gruppe gerettet: Die grösste Firma ihrer Art in der Schweiz nimmt Business House unter ihr Dach und stellt für das Rettungsszenario zum Neuanfang einen Firmenmantel, Notfall-Liquidität und ein Projektteam zur Verfügung.
Im Klartext: Die Stiftung Business House wird in den nächsten Tagen Insolvenz anmelden und in die Auffanggesellschaft Pro Business House AG überführt; als selbstständige Firma soll sie unter dem Mantel der Dock Gruppe AG und der Stiftung für Arbeit weitergeführt werden.
«Wir sind sehr froh über diese Wendung», sagt Stiftungsratspräsident Felix Bischofberger, der nach mehreren Rücktritten in der Geschäftsleitung seit einem Jahr auch betrieblich gefordert war. «Wir standen vor der Alternative aufgeben und schliessen oder die Firma an den Meistbietenden verkaufen.» Am 20. Juni habe sich der Stiftungsrat deshalb in letzter Not an die Dock-Gruppe gewandt. Dort zögerte man zunächst, wie CEO Daniela Merz sagt, liess sich dann aber aufgrund der «guten Arbeitsintegrationsinhalte» und der «sehr motivierten Mitarbeiter und Teilnehmer» für eine «Notfallübung» gewinnen.
Die Angebote von Business House mit 85 Arbeitsplätzen für Arbeitslose und 185 Arbeitsplätzen für Sozialhilfebezüger sind laut der Dock-Leiterin eine «gute Ergänzung» für die unternehmerischer ausgerichtete Dock-Gruppe, die selber nur mit den Sozialämtern zusammenarbeitet und sich als «verlängerte Werkbank der Industrie» versteht. Wohl gehe es um Synergien aus Kostengründen (etwa bei Sitzungszimmern, IT, Sozialversicherungen, Bewilligungen, Mehrwertsteuer, Qualitätsmanagement), doch nicht um eine Einverleibung. «Die Dock-Gruppe übernimmt Business House nicht, sondern stellt nur unentgeltlich ihren bereits vorhandenen leeren und steuerbefreiten Firmenmantel», erklärt Daniela Merz. Sie spricht von einem «Restart».
Die wichtigste Information wurde den Mitarbeitern am Freitag mitgeteilt: Die nach mehreren Kündigungen noch besetzten 33 Stellen bleiben erhalten, das Ziel sei ein Bestand von 40 Mitarbeitern. Und die erzwungenen Lohnkürzungen um 10 Prozent werden rückgängig gemacht: Die umstrittenste Massnahme des Stiftungsrates, die viel Unruhe verursachte, sei «nicht die beste Entscheidung» gewesen, sagt Daniela Merz. Erhalten bleiben mit Ausnahme des auslaufenden Betriebs in Buchs auch sieben der acht Business-House-Betriebe; jedoch wird die Geschäftsstelle in Winkeln merklich verkleinert.
Der Support für Business House sei «nach wie vor riesig» und Förderstiftungen bereit zu helfen, jedoch nicht angesichts der Verschuldung. Zusammen mit ihrer Finanzchefin Lia Guntli hat Merz die «sehr komplexe Kostenrechnung» im Auftrag des Stiftungsrates analysiert. Aufgrund der fehlenden Liquidität – rund 700000 Franken – und der bilanzierten Schulden führe «nichts an der Insolvenzerklärung vorbei», ist man zum Schluss gekommen. Mit den noch vorhandenen Mitteln hoffe man den grössten Teil der Forderungen punkto Arbeitsverhältnisse decken zu können, doch «dürften manche Gläubiger keine Freude haben». Indem aber die Arbeitsverhältnisse sofort übernommen werden, gebe es noch Aktiven für die anderen Gläubiger.
Die involvierten Partner und Institutionen, namentlich Aufsichts- und Kantonsbehörden, sind über das Vorgehen laufend informiert worden. Man habe das Einverständnis für den Übertrag in eine neue Firma mit den gleichen Leuten gegeben, sagt Volkswirtschaftsdirektor Bruno Damann. «Uns interessiert, dass die Arbeitsplätze und die Beschäftigungsprogramme erhalten bleiben. Wir hoffen, dass die bestmögliche Lösung eine Chance zum Weiterbestehen eröffnet.»
Klärungsbedarf besteht noch bei der Stiftungsaufsicht (die grundsätzlich grünes Licht gab) und bei der Staatsanwaltschaft, die ihre Strafuntersuchung gegen den ehemaligen Geschäftsführer noch nicht eingestellt hat. Auf die mögliche Veruntreuung gehen Bischofberger und Merz nicht näher ein: «Wir wollen keine schmutzige Wäsche waschen.» Die stets komplexere Administration im Sozialwesen, die zeitversetzt unterschiedlichen Budgets und das Führungsvakuum seit dem Abgang von Gründerin Hedi Margelisch 2016 hätten es umso schwieriger gemacht, unkontrollierte Mittelabflüsse festzustellen.
«Business House war und ist ein sehr gutes Projekt», sagt Daniela Merz. «Viele Leute haben mit viel Herzblut und Leidenschaft viel Gutes bewirkt, aber vielleicht zu wenig am gleichen Strick gezogen. Es erinnert mich an Dock in den Anfängen.» Unternehmerischer werden sollen – so jedenfalls die Absichtserklärung – im neuen «House» nur die administrativen Abläufe, nicht aber die Inhalte: Die «betreuungsintensivere» Ausrichtung von Business House, sprich mehr Begleitung, Förderung und kreative Freiräume am Arbeitsplatz, soll auch künftig gelten.