Von der Ostsee ins Toggenburg

Malen gehört zu den grossen Leidenschaften des Wahltoggenburgers Günter Treschl. Seine Bilder sind in der Schalterhalle der Raiffeisenbank Obertoggenburg in Alt St. Johann ausgestellt.

Adi Lippuner
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ALT ST. JOHANN. Empfangen wurden die Vernissagegäste am frühen Freitagabend sowohl von den Mitarbeitenden und der Geschäftsleitung der Raiffeisenbank Obertoggenburg als auch von einem riesigen Leuchtturm. So wähnten sich die Besucher beim Eintreten an die Ostsee versetzt. Tosende Wellen, Mövengekreische und eine unendliche Weite entstehen vor den inneren Augen. Ein paar Schritte weiter sind es kleinere Bilder, welche ebenfalls die Landschaft zeigen, welche die jungen Jahre von Günter Treschl prägten.

Toggenburger Motive, vom Lütispitz, aufwendig in Acryl gespachtelt bis zu verschiedenen Ansichten der Thur, dem Schafberg und Obertoggenburger Landschaften sind als Zeugnisse des grossen Könnens zu sehen. Mittendrin der Künstler – wegen seiner Muskelerkrankung im Rollstuhl. Zudem braucht Günter Treschl die Hilfe von Ehefrau Charlotte, denn ein kürzlich überstandener Schlaganfall behindert ihm beim Sprechen.

Malen als Therapie

Aktuell kann der leidenschaftliche Maler deshalb keinen Pinsel zur Hand nehmen. «Aber mit den Fingern auf Seide malen ist möglich, und das macht mein Mann jeden Tag, denn Malen ist seine beste Therapie», so Charlotte Treschl. Und dann erzählt sie, wie die verschiedenen Bilder entstanden und welchen persönlichen Hintergrund ihr 82jähriger, in der damaligen DDR geborene Mann, mitbringt.

Heute unvorstellbar, aber weil Günter Treschl seinen Glauben leben wollte, wurde er vom Regime bestraft. Ein Studium der Forstwirtschaft war nicht möglich, der junge Mann musste eine Arbeit als Bademeister an der Ostsee annehmen. Aus dieser Zeit stammt die grosse Liebe für die weite Landschaft an der See, seien es die mit Stroh bedeckten Häuser, der Strand, die Kreidefelsen von Rügen oder die vor sich hin schaukelnden Segelboote. Als dies sind Sujets, welche in der Aquarelltechnik gemalt wurden und in der Raiffeisenbank Alt St. Johann ausgestellt sind.

Hilfe erhalten

Dank Unterstützung kirchlicher Kreise gelang Günter Treschl die Flucht aus der DDR. In Stuttgart konnte er sich dann zum Maler ausbilden lassen, besuchte aber auch die Kunstfachschule. «Während der Nacht reinigte er Eisenbahnwagen, um den Besuch der Schule finanzieren zu können,» so Charlotte Treschl. Die beiden lernten sich in Wil während eines Praktikumsaufenthalts von Günter Treschl kennen. 1960 wurde geheiratet, und über St. Gallen kam die Familie Treschl dann ins Toggenburg. Zehn Jahre Leitung des Altersheims Churfirsten und seit 15 Jahren Wohnsitz in Wildhaus sind Eckpunkte eines Künstlers, der sich zeitlebens mit Pinsel und Staffelei beschäftigt hat. Dabei sind es die verschiedenen Facetten der Natur und der Jahreszeiten, welche in seinen Bildern – sowohl aus dem Toggenburg als auch von der Ostsee – eingefangen werden.