UNTERWASSER. Im Zeltainer in Unterwasser wurden «Die Schweizermacher» in der Theaterversion von Daniel Koller uraufgeführt. Die bühnenwirksame Satire nach Rolf Lyssys Kultfilm aus den 70er-Jahren geriet zum Fest.
Festlich war an der Uraufführung im Zelt vieles: Der herrliche Sommerabend mit der pünktlichen klimatischen Abkühlung zum Aufführungsbeginn, die sichtliche Freude von Martin Sailer über die Eigenproduktion des Hauses, die frohe Erwartungshaltung des Publikums und, dies vor allem, die unbändige Spielfreude der Laientruppe: Sie bot von der ersten Szene an lebendige, ideenstarke, humorvolle, hin und wieder auch abgründige und vor allem echte Komik. Das Premierenpublikum ging von Anfang an mit, zeigte sich begeistert und erhob sich nach dem letzten ausgelassenen Tanz spontan und in gemeinsamer Eingebung von seinen Sitzen, um die Produktion und die vielen, die sie ermöglicht hatten, im lang andauernden Schlussapplaus zu feiern.
Die Ausgangslage folgt im wesentlichen Rolf Lyssys Film, dem erfolgreichsten Schweizer Film aller Zeiten, wie Martin Sailer bei der Begrüssung in Erinnerung rief: Zwei Kantonspolizisten durchleuchten ausländische Antragssteller im Auftrag der Einbürgerungskommission auf ihre Tauglichkeit, den Schweizer Pass zu erwerben. Dabei interpretieren sie ihren Auftrag deutlich zu weit, gebärden sich gesinnungsschnüffelnd und spionieren das Privatleben der Antragssteller aus. Anders als im Film wird die Figur des Cheffahnders in der Theaterversion nun aber von einer Frau verkörpert, Martha Bodmer, hinreissend und abgründig komisch dargestellt von Hilda Mathis. Sie nimmt ihren «Lehrling» Moritz Fischer (Martin Knaus) streng an die Kandare und bringt ihm bei, worum es geht: Anpassung um jeden Preis.
Dabei sind Kenntnisse in der Fondueherstellung, die Auswahl der Vorhänge am Küchenfenster und die Teilnahme an Demonstrationen ebenso entscheidend wie die korrekte kratzige Aussprache des schweizerdeutschen Ch-Lautes, die berufliche Stellung und die Kontoauszüge.
Die Theaterversion von Daniel Koller stellt diesem grotesken Szenario die Buntheit des wirklichen Lebens entgegen. Geschickt und mit sparsamen, aber wirkungsvollen theatralischen Mitteln werden Gegenwelten aufgebaut: die alleinerziehende Kurdin Aysegül Yildirim mit ihrem Vater und ihrem quirligen Sohn (Manuela Gantenbein, Moa Koch und Kurt Wiederkehr) sowie die Tänzerin Milena Vokulic mit bosnischen Wurzeln (Pamela Lepri Koch).
Aysegül Yildirim nimmt an einer gewerkschaftlich organisierten Demonstration für sichere Arbeitsplätze teil und stösst prompt auf «die Bodmer», die das grimmig notiert. Milena geht der Einbürgerungszirkus zu weit, sie steht zunehmend zu sich selbst und ihren Wurzeln. Zudem verliebt sie sich in Moritz Fischer. Schliesslich ist da noch das deutsche Arztehepaar Helmut und Gertrud Starke (Mirjam Bächtold und Philipp Brändle). Sie verbiegen sich im Bestreben, die Einbürgerungsbehörden von ihrem «Schweizertum» zu überzeugen, bis zur Selbstverleugnung. Als sich die Pfleger des Klinikleiters Dr. Starke auf Gesinnungsfahnderin Martina Bodmer stürzen, in der irrtümlichen Meinung, es handle sich um eine gefährliche Psychopathin, bricht das mühsam aufgebaute Kartenhaus zusammen.
Für weitere Burlesken, die oft schallendes Gelächter hervorriefen oder dann nachdenkliches Schmunzeln, sorgten Regula Falkner mit der Übernahme von gleich einmal fünf Rollen, alle mit grosser Bühnenpräsenz und Leben ausgefüllt, und Christiana Sutter als furchterregende Präsidentin der Einbürgerungskommission.
Die Aufführung hat viel Tempo. Die Einzelszenen gingen pausenlos ineinander über, oft fast überlappend wie in einem Film. Geschickt ausgenützte Bühneneffekte wie Beleuchtung und Ton schufen ohne grossen Kulissenaufwand stimmige Räume, in denen das komische Geschehen sich mit Tempo und Schwung abspulte. Eine grosse, man darf sagen, eine riesige Leistung der Truppe, welche, man merkt es der Uraufführung an, alles gegeben hat. Es kann sich sehen lassen.
Weitere Aufführungen: Donnerstag, 13. August, 20 Uhr; Freitag, 14. August, 20 Uhr; Samstag, 15. August, 20 Uhr (Dernière)