Jeweils im Frühling bringen die Fischer kleine Bachforellen, Brütlinge genannt, in die Aufzuchtbäche. Dort können sie in natürlicher Umgebung aufwachsen. Geschützt von Feinden und von Hochwasser.
TOGGENBURG. Es scheint eine verkehrte Welt zu sein. Für einmal nehmen die Fischer die Forellen nicht aus dem Gewässer, sondern setzen sie in Bäche. Genauer in Aufzuchtbäche. Diese Bäche sind kleinere Seitengewässer, die in die Hauptgewässer einmünden. Winzig klein sind die Forellen, die Brütlinge genannt werden. 42 000 Tierchen hat der kantonale Fischereiaufseher Christoph Mehr in der Fischzuchtanlage in Rorschach geholt. Allesamt stammen von Elterntieren aus dem Thureinzugsgebiet, deren Eier eben dort ausgebrütet wurden.
Nun werden die kleinen Forellen wieder in ihren natürlichen Lebensraum gebracht. «Die Fischer setzen die Brütlinge in Aufzuchtbächen aus. Dort entwickeln sie sich während eines Jahres. Dann werden die Gewässer elektrisch abgefischt und die Forellen in die Thur und weitere Hauptgewässer umgesiedelt», erklärt Christoph Mehr. Diese Art von Besatz wird seit Jahrzehnten gemacht. Die Fischer nehmen an, dass die Brütlinge in den Aufzuchtbächen weniger von natürlichen Feinden und Hochwassern bedroht werden. Rund zehn Prozent der ausgesetzten Brütlinge werden im kommenden Frühjahr so umquartiert.
Doch vorerst geht es um den Besatz der Aufzuchtbäche. Rainer Widmer, der Gewässerbewirtschafter des Fischereivereins Obertoggenburg, sieht anhand einer Liste, in welchen Bach wie viele Brütlinge eingesetzt werden. «Wir legen dies anhand des Ertrags der Vorjahre fest», erklärt er. Ebenso wird diese jährliche Besatzplanung mit dem zuständigen Fischereiaufseher besprochen. An verschiedenen Orten treffen er und Christoph Mehr auf Fischer, die mit Kübeln ausgerüstet sind. Der Fischereiaufseher verteilt die Brütlinge. «Hast du sie gezählt?», wird er immer wieder aufgezogen. Aufs Stück genau nimmt Christoph Mehr es nicht, die Anzahl der Brütlinge bestimmt er anhand der Wasserverdrängung in einem Masszylinder, um die Fische zu schonen. Schnell ziehen die Fischer von dannen. Sie laufen nun den Aufzuchtbächen entlang und suchen nach geschützten Plätzchen, um die Brütlinge sorgsam auszusetzen. Für die Fischer scheint dies eine schöne Arbeit zu sein. Eine, die dafür sorgt, dass sie immer wieder Forellen aus ihren Pachtgewässer ziehen können