TOGGENBURG: E-Mobilität kommt voran

In elf Dörfern der Region Toggenburg stehen Ladestationen für Elektroautos zur Verfügung - Tendenz steigend. Die Anbieter handhaben deren Nutzung und die Abrechnung unterschiedlich.

Sabine Schmid
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Auf dem Parkplatz vor dem Gebäude der Thurwerke an der Wattwiler Bahnhofstrasse steht eine Ladestation für Elektroautos. (Bild: PD)

Auf dem Parkplatz vor dem Gebäude der Thurwerke an der Wattwiler Bahnhofstrasse steht eine Ladestation für Elektroautos. (Bild: PD)

Sabine Schmid

sabine.schmid@toggenburgmedien.ch

Man sieht ihnen nichts an, wohl aber hört man den Unterschied. Denn Elektroautos fahren ohne Motorengeräusch. Und sie werden immer zahlreicher auf den Strassen. Allein im Kanton St. Gallen wurden im vergangenen Jahr 229 Autos mit reinem Elektroantrieb neu zugelassen, im Jahr zuvor waren es noch 157. Im Toggenburg, einer ländlichen Region mit kleinen Dörfern und vielen Streusiedlungen, werden viele Fahrzeuge für Kurzstrecken verwendet. Patrizia Egloff, Leiterin der Geschäftsstelle von Energietal Toggenburg, findet die Region darum prädestiniert für den Einsatz von Elektroautos. Mit Freude nimmt sie zur Kenntnis, dass das Tal in den letzten beiden Jahren bezüglich der Anzahl Ladestationen einen grossen Schritt nach vorne gemacht hat. In elf Dörfern gibt es öffentliche Ladestationen, an denen die Elektroautos an den Strom gehängt werden können. Auch hier zeigt die Tendenz nach oben, bereits sind neue Stationen in weiteren Ortschaften geplant.

Verschiedene Bezahlmodi in Wattwil

Die Thurwerke AG in Wattwil will beim Spital Wattwil eine AC-Ladestation einrichten. Eine stärkere DC-Ladestation – sie lässt schnelleres Laden der Akkus zu – will die Thurwerke AG beim BWZT in Wattwil installieren. Sie hätten mit den beiden bestehenden Stationen an der Bahnhofstrasse 1 und auf dem Parkplatz des Gemeindehauses gute Erfahrungen gemacht, fasst Claudio Spiess, Bereichsleiter Wärme/Technischer Dienst der Thurwerke AG, zusammen. Sein Auto vor dem Betriebsgebäude der Thurwerke aufzuladen, ist für den Autobesitzer gratis, die Kosten trägt die Thurwerke AG. Claudio Spiess schätzt, dass zwischen fünf und acht Autos pro Woche an der Ladestation stehen, dazu kommt das eigene Thurwerk-E-Mobil. Einige Autobesitzer kommen häufig, sodass Claudio Spiess sie inzwischen «Stammgäste» nennt. Andere kommen von weiter her, sind auf der Durchfahrt, und verbinden das Laden mit einem Essen in Wattwil. Der Betrieb der Ladestation auf dem Gemeindeparkplatz läuft ein bisschen anders. Hier muss der Autobesitzer per SMS die Ladestation freischalten, erst dann kann er Strom abzapfen. Auch hier übernimmt die Thurwerke AG die Stromkosten. Allerdings wird der Parkplatz von der Gemeinde Wattwil bewirtschaftet und beim Laden wird die übliche Parkgebühr fällig. Claudio Spiess ist überzeugt, dass die Anzahl Ladestationen Schritt halten muss mit der steigenden Anzahl an Elektrofahrzeugen. «Je mehr Ladestationen es gibt, desto besser. Darum finde ich es gut, dass die Thurwerke AG ihren Beitrag dazu leistet.»

Eine Ladestation steht auch bei der Säntis Energie an der Au-strasse. Wer sein Auto dort lädt, muss eine Standgebühr bezahlen, die pro Stunde abgerechnet wird. Dazu kommt ein Preis für den bezogenen Strom. Für Marc Zysset, Geschäftsführer der Säntis Energie, ist es klar, dass sie den bezogenen Strom dem Nutzer berechnen. «Es kann nicht sein, dass wir Energie gratis abgeben, denn wir möchten schliesslich einen rationellen Umgang mit Energie erreichen», sagt er. Die Ladestation, gibt Marc Zysset zu, rentiere derzeit nicht. Das verwundere ihn aber auch nicht, denn über 95 Prozent aller Ladungen finden entweder bei den Autobesitzern zu Hause oder an deren Arbeitsplatz statt. Dazu komme, dass Nutzer von Elektroautos anders denken als Fahrer von Benzin- oder Dieselautos. «Wer ein Elektroauto fährt, überlegt sich zuerst, ob der Strom für die Strecke reicht. Es wird nur unterwegs aufgeladen, wenn es unbedingt sein muss.» Dennoch glaubt die Säntis Energie an die Zukunft der Elektroautos und plant im Wattwiler Färch eine Ökotankstelle mit einem 50-kW-Schnelllader sowie einer Biogas/Erdgas-Zapfsäule.

Ladenetz wird stetig erweitert

Mehrere Ladestationen im Toggenburg sind von der St. Gallisch-Appenzellischen Kraftwerke AG (SAK), zusammen mit Green Motion und seinen Partnern installiert worden. Beim Bahnhof Brunnadern beispielsweise stellt die Gemeinde Neckertal zwei Parkplätze zur Verfügung, bei welchen die Ladestationen stehen. Wie die SAK anlässlich deren Inbetriebnahme schrieb, werden die Stationen mit Naturstrom betrieben und mittels einer besonderen App, dem SBB-Swiss-Pass oder einer Kredit- oder Debitkarte bedient. Die SAK ist für die Wartung der Ladestation zuständig. Das Netz der SAK und Green Motion soll weiter ausgebaut werden, bis ins Jahr 2019 will die SAK 230 Ladestationen in der Ostschweiz erstellen.

Die Gemeinde Mosnang beschreitet bezüglich der Elektromobilität neue Wege. Zusätzlich zu den zwei Ladestationen, die im Dorf installiert werden, schafft die Gemeinde in der nächsten Zeit ein Elektrofahrzeug an. Dieses soll nicht nur von den Mitarbeitern der Verwaltung genutzt werden, sondern kann von den Bürgern gemietet und getestet werden. «Ich finde diese Idee sehr gut», sagt Patrizia Egloff, denn sie glaubt, dass Elek­troautos in Zukunft den herkömmlichen Autos den Rang ablaufen werden.

Unterschiedlich lange an der Ladestation

Wie lange es dauert, bis ein Akku eines Elektroautos aufgeladen ist, kann nicht pauschal gesagt werden. Die einen Ladestationen übertragen Wechselstrom (AC-Ladung), die anderen Gleichstrom (DC-Ladung). Die Stationen, die eine AC-Ladung zulassen, speisen das Auto mit Wechselstrom aus dem Niederspannungsnetz, das bedeutet eine maximale Leistung von 11 Kilowatt. Diese Stationen beinhalten nur Freischalt- und Überwachungseinrichtungen sowie häufig ein Energiemess- und Bezahlsystem. Aus diesem Grund sind die AC-Ladestationen preisgünstig und werden im öffentlichen Raum oder halböffentlich eingesetzt. Oftmals haben Besitzer eines Elektroautos eine eigene Ladeeinrichtung zu Hause. Dafür ist eine sogenannte «Wallbox» die ideale Lösung. Bei der DC-Ladung fliesst Gleichstrom in den Akku des Elektroautos. Weil sich das Ladegerät in der Ladestation und somit ausserhalb des Autos befindet, kann der Akku mit einer deutlich höheren Leistung geladen werden als über das AC-Ladegerät, das sich im Auto befindet. Solche DC-Ladestationen sind deutlich teurer als die AC-Ladestationen. Daher werden sie vor allem an gut frequentierten Standorten, beispielsweise an einer Autobahnraststätte, eingesetzt. Diese Ladestationen sind meistens Schnellladesysteme mit einer Ladeleistung von 50 Kilowatt oder mehr. Damit verringert sich die Ladezeit für einen Akku im Vergleich zur AC-Ladung massiv. Die neueren installierten Schnellladestationen verfügen sowohl über die AC- als auch über die DC-Lademöglichkeit und sind mit allen drei zurzeit verbreiteten Steckersystemen ausgestattet. (sas)