Mit einer neuen Struktur reagiert die Gemeinde auf schwankende Schülerzahlen. In Zukunft sollen die Kinder den Kindergarten und die Primarschule nur noch in drei Stufen durchlaufen, und es gibt noch zwölf statt 15 Klassen. Trotzdem wird die Schule nicht günstiger. Schulleiter Hans-Peter Hotz erklärt weshalb.
Ausschlaggebend für die Umstellung auf altersdurchmischtes Lernen (AdL) an der Primarschule Heiden seien strukturelle und pädagogische Gründe. Welche wiegen schwerer?
Hans-Peter Hotz: Das Organisationsmodell der Jahrgangsklassen von Kindergarten und Primarstufe der Schule Heiden hat sich über Jahre bewährt. Nach einem starken Rückgang der Schülerinnen und Schüler pendeln sich die Zahlen auf einem eher tiefen Niveau ein; allerdings zeigen sich zukünftig auf beiden Schulstufen stark schwankende Jahrgänge. Die heutige Klassen-Organisation bietet vor diesem Hintergrund wenig Flexibilität – die Anzahl der Klassen müsste teilweise jährlich angepasst werden. Dies würde zu Unsicherheit und Unruhe führen. Der Gemeinderat hat die Kommission Bildung, Jugend und Sport beauftragt, eine entsprechende Strategie zur Entwicklung von Kindergarten und Primarschule zu erarbeiten. Dies führte zur Erkenntnis, dass eine altersdurchmischte Schule eine flexiblere Organisation ermöglicht und zudem auch eine pädagogische Richtung aufnimmt, welche den Entwicklungsunterschieden der Kinder besser gerecht wird.
Sie rühmen AdL unter anderem mit dem Hinweis, dass Kinder in gemischten Klassen besser lernen als in Jahrgangsklassen. Wieso hat man AdL dann nicht schon längstens eingeführt?
Hotz: Die Jahrgangsklasse hat sich im Zuge der Industrialisierung mit dem Postulat «Bildung für alle» als Organisationsform etabliert. Schon Anfang des 20. Jahrhunderts wurde AdL als Alternative an Pionierschulen im europäischen Raum eingeführt. Trotzdem hat es sich (noch) nicht durchgesetzt, weil wir uns an die Jahrgangsklassen einfach gewöhnt haben und diese Struktur relativ einfach zu organisieren ist. Allerdings wird damit die Unterschiedlichkeit der Kinder zu wenig berücksichtigt. Mit dem neuen System wird von den Kindern genau das gefordert, was sie zu leisten imstande sind – unabhängig vom biologischen Alter. Letztlich geht es im AdL nicht darum, lauter Genies zu bilden, Kinder aus AdL-Klassen sind leistungsmässig nicht besser als Kinder aus Jahrgangsklassen – aber auch nicht schlechter. Erwiesenermassen verfügen sie aber über mehr Selbst- und Sozialkompetenz; Fähigkeiten, die in unserer komplexen Gesellschaft zunehmend an Bedeutung gewinnen.
Was beinhalten die Umstellungskosten von 75 000 und die jährlich wiederkehrenden Kosten von 30 000 Franken?
Hotz: Durch die Umstellung bleibt das gesamte Lehrpensum der ersten acht Schuljahre (1. Kindergarten bis 6. Klasse) in der Summe fast gleich hoch wie bisher. Es ist im Endausbau allenfalls minim erhöht (plus 30 000 Franken), bei etwa gleich vielen Lernenden wie heute. Das «Lehrpensum pro Schülerin/Schüler» ist eine bestimmende Grösse bei der Berechnung des Globalkredites für die Schule Heiden. Einer Reduktion dieses sogenannten Pensenfaktors ab der 3. Klasse steht eine Erhöhung in der Basisstufe gegenüber. Weil die Umstellung einlaufend erfolgen soll, werden in den Rechnungsjahren 2015 und 2016 zusätzliche Mehrkosten (je ca. 45 000 Franken) entstehen: Die Basisstufe mit dem höheren Pensum ist bereits eingeführt, in den oberen Jahrgängen ist die Zusammenlegung der Jahrgänge aber noch nicht abgeschlossen. Die heute präsentierten Zahlen beruhen auf Hochrechnungen. Die Schulleitung wird selbstverständlich alles daran setzen, die vorausgesagten Mehrkosten so gering wie möglich zu halten.
Man hört, dass AüB (Appenzellerland über dem Bodensee) einen Anlauf genommen habe, im Vorderland Schulstandorte zusammenzulegen. Die Gemeindepräsidenten sollen sich demnach schon im ersten Quartal 2014 damit auseinandersetzen. Wäre das nicht der bessere und günstigere Weg, auf sinkende und schwankende Schülerzahlen zu reagieren?
Hotz: Die Initiative des Vereins AüB zielt auf die Sekundarstufe I. Ich denke, es ist nicht sinnvoll, auch über die Zusammenlegung von Primarschulen zu diskutieren. Die Primarschule gehört als identitätsstiftende Institution ins Dorf, muss aber organisatorisch und pädagogisch aktuell bleiben.
Am Mittwoch, 12. März, findet um 19.30 Uhr im Kursaal Heiden eine für alle Interessierten öffentliche Informationsveranstaltung zum Thema statt.