Heute ist der letzte Arbeitstag des dienstältesten Kantonsbaumeisters der Schweiz. 31 Jahre lang kümmerte sich Otto Hugentobler um Gebärabteilungen, das Gefängnis, eine Alphütte oder Zeughäuser. Ab morgen hat er mehr Zeit für ein spezielles Volk.
Mea Mc Ghee
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Projekte für über 330 Millionen Franken wurden in der Amtszeit von Otto Hugentobler realisiert. Der Ausserrhoder Kantonsbaumeister hat pro Arbeitsjahr seit 1986 rund zehn Millionen Franken verbaut. Den Kauf und die neue Nutzung des Trogner Fünfeckpalastes nennt er als einen der Höhepunkte. Dass 2013 auch die Herrschaftswohnung inklusive Inventar von den Erben übernommen werden konnte, sei für Ausserrhoden gleich bedeutend wie der Besitz eines Schlosses in anderen Kantonen, ist Hugentob-ler überzeugt. «Wir konnten Kulturgut der Ausserrhoder Textilhochblüte für Generationen sichern.»
Kantonale Gebäude von der Gebärabteilung bis zum Gefängnis und von der Alphütte bis zum Zeughaus tragen Hugentoblers Handschrift. Er sagt: «Bei Um- und Neubauten wurden appenzellisch angepasste Lösungen gesucht, die einen kulturellen Wert haben.» Stolz ist der dienstälteste Kantonsbaumeister der Schweiz darauf, dass Kredite stets angenommen, eingehalten oder gar unterboten wurden. Pro Jahr habe der Kanton so rund 350000 Franken gespart. Jedes kantonale Gebäude ist in einer Broschüre dokumentiert; etwa das Pflegeheim Heiden, die Krombach-Kapelle des Psychiatrischen Zentrums oder das Zeughaus Herisau. Bei Letzterem habe besonderer Einsatz zu einem besonderen Resultat geführt, so Hugentobler. Er nennt den gelungenen Handel beim Kauf des Gebäudes vom Bund und die aussergewöhnlich schnelle Umsetzung des Umbaus mittels Präqualifikation. «Bauen setzt voraus, dass man sich über die Nutzung einig ist.» Statt neues Volumen zu bauen, habe er versucht, die vorhandene Substanz besser zu nutzen. Denn der Staat vermöge grosse Neubauten nicht.
Otto Hugentobler arbeitete unter vier Regierungsräten: Hansjakob Niederer, Ueli Widmer, Jakob Brunnschweiler und Köbi Frei. Seit der Reorganisation der Departemente ist Hugentoblers Immobilienamt im Finanz- statt im Baudepartement angesiedelt. «Die Neugliederung der kantonalen Verwaltung mit dem Umzug zahlreicher Arbeitsplätze und Archivmaterial war eine spezielle Aufgabe», so Hugentobler. Diese wollte er nicht einem Nachfolger überlassen, daher sei eine vorzeitige Pensionierung nicht zur Diskussion gestanden. Der neue Kantonsbaumeister Jürg Schweizer tritt die Arbeit am 15. August an.
Umfangreich war auch die Betreuung der Liegenschaften: Waren es 1986 109 Gebäude mit dem Gesamtwert von 44 Millionen Franken, sind es heute 265 Gebäude im Wert von einer halben Milliarde Franken. Eingerechnet die Gebäude von Stif-tungen und der Ausserrhoder Pensionskasse, die das Immobilienamt bewirtschaftet.
Auch Öffentlichkeitsarbeit pflegte er: Es gab die Aktion ARchitektur, regelmässige Zeitungsberichte über Architektur in den Jahren 1993 bis 1996, eine Postkartenserie, Architekturbegehungen oder die Aktion roter Nagel in Zusammenarbeit mit dem Appenzeller Magazin. Erwähnenswert auch die Sparte Kunst am Bau, die Otto Hugentobler bis in die letzte Arbeitswoche begleitete, als er eine Serie mit Druckgrafiken der St. Galler Erker-Galerie als Dauerleihgabe einweihen durfte. In seiner Amtszeit wurden zudem alle Kunstwerke in Verwaltungsräumen erfasst.
Ab morgen geniesst Otto Hugentobler das Leben als Rentner. Er wolle vermehrt reisen und bergsteigen, sagt der dreifache Grossvater. Zudem hat der Präsident des Imkervereins St. Gallen nun mehr Zeit für seine sechs Bienenvölker. Der Verein will einen didaktischen Lehrbienenstand errichten, ein Projekt, das die St. Galler Kantonalbank unterstützt.