Mauer mit Schattenwurf

Man mag das Ganze als Provinzposse abtun, kann doch niemand im Ernst behaupten, die kurze Galerie entlang der Kirchenmauer zu St. Mauritius sei eine Zierde für das sonst so schmucke Appenzeller Dorfbild, noch habe sie einen echten Nutzen.

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Man mag das Ganze als Provinzposse abtun, kann doch niemand im Ernst behaupten, die kurze Galerie entlang der Kirchenmauer zu St. Mauritius sei eine Zierde für das sonst so schmucke Appenzeller Dorfbild, noch habe sie einen echten Nutzen. Ursprünglich war sie gedacht als Fussgängerschutz vor dem Verkehr. Doch seit die Hauptgasse autofrei ist, kann man auch dies nicht ins Feld führen, wenn es darum geht, den ohnehin maroden Kirchensockel und den Aufgang zum imposanten und durchaus auch von der Gasse her präsentablen Gotteshaus zu sanieren.

Andererseits hat sich bei drei Kirchbürgerversammlungen und Abstimmungen gezeigt, dass mit diesem obsolet gewordenen Arkadenbau Emotionen (bis hin zum halt so kommoden Unterstehen bei Regengüssen) verbunden sind, mit denen umzugehen die Herausforderung jedes neuen Projektes ist, soll es mehrheitsfähig sein. Denn immerhin hat sich eine «IG zur Erhaltung der Fussgängergalerie» an der Kirchhöri 2009 mit einem Rückweisungsantrag durchgesetzt. Der dabei geforderte Wettbewerb ist erfolgt.

Das Siegerprojekt hat die Jury aus Laien und Fachleuten sowie selbst einen Vertreter der IG vollends überzeugt. Nun ist es an der Kirchenverwaltung, den Stimmberechtigten Mitte März einen neuen Antrag zu unterbreiten. Es ist kaum davon auszugehen, dass man dabei die Jury im Regen stehen lässt und neue Varianten ins Spiel bringt.

Doch das Ganze hat einen Haken, den man sogar in die Nähe des Ruchs der Missachtung des Volkswillens bringen kann. Denn der Rückweisungsantrag war mit klaren Auflagen verbunden, die das siegreiche Architektenteam im Gegensatz zu den verständlicherweise etwas verschnupften Verlierern missachtet oder zumindest grosszügig (oder «augenzwinkernd», wie bei der Präsentation eingeräumt wurde) uminterpretiert hat. Da muss noch der eine oder andere über seinen Schatten springen, um das zu schlucken.

Doch das Projekt hätte es im Sinne der Vernunft, die klar beste und dabei erstaunlich einfache Lösung vorzuschlagen, verdient. Für die Arkade gibt es nun wahrlich keine Option für Wakkerpreis oder Unesco-Kulturgut à la Berner Altstadt-Lauben! Hanspeter Strebel