Die Liturgie des diesjährigen Weltgebetstags stammt von Frauen aus Ägypten und erzählt von ihren Sorgen, Ängsten und Problemen. Ägypten steht seit drei Jahren immer wieder im Brennpunkt der weltweiten Aufmerksamkeit. Mit der Kollekte werden Hilfsprojekte finanziert.
REGION. Nicht allein die 84,5 Millionen Ägypterinnen und Ägypter (UN 2010) bewegt, was seit dem 25. Januar 2011 auf dem Tahrir-Platz in Kairo und an vielen anderen Orten in Ägypten geschah, wo Menschen Plätze und Strassen besetzten. Damals gingen Millionen auf die Strasse, um Würde, Brot und Freiheit für alle zu fordern. Was dort begann, ergoss sich wie eine Welle über die ganze Welt. Hoffnungen erwachten. Im Mai 2011, noch ganz in diesen Eindrücken verhaftet, setzten sich junge und ältere Vertreterinnen der verschiedenen ägyptischen Kirchen zusammen und gestalteten miteinander die Gebetstexte der Liturgie, die am Freitag, 7. März, in über 170 Ländern rund um den Erdball gefeiert wird.
Dass der Durst nach Würde, Brot und Freiheit gestillt wird, lässt sich wohl kaum besser versinnbildlichen als mit dem Traum von Wasserströmen in der Wüste. «Ströme in der Wüste» heisst das Thema, mit welchem das Internationale Weltgebetstagskomitee die ägyptischen Frauen beauftragte, eine Liturgie zu schreiben. In der Tat ein Thema, das Ägypterinnen auf den Leib geschneidert ist. Selbstbewusst bringen sie ihr grosses Traditionsbewusstsein in die Gebetstexte ein. Ihrem Willen wohnt die starke Kraft inne, etwas zum Guten verändern zu können. Diese Kraft wollen sie allen weitergeben.
«Informiert beten»: Die Teilnahme an den Weltgebetstagsfeiern eröffnet den Zugang zu Informationen aus authentischen Quellen über die Befindlichkeit der Frauen in Ägypten. Beten mit ihren Worten heisst auch, sich solidarisch zeigen mit ihren Gedanken. «Betend handeln» bedeutet am Weltgebetstag und durch das ganze Jahr, sich in Gebeten, Gedanken und Entscheidungen der Frauen in Ägypten und ihrer Situation als Christinnen zu erinnern und sie so zu unterstützen. Mit der Kollekte wird Frauen und Familien sichtbar geholfen, sowohl in Ägypten wie auch in benachteiligten Regionen auf der ganzen Welt. Heute, drei Jahre später, ist vieles wieder anders als damals im Jahr 2011.
Hoffnungen auf die Gleichberechtigung der Frauen in der Gesellschaft, auf Demokratie und wirtschaftlichen Aufschwung sind enttäuscht worden. Rückschläge mussten hingenommen werden. Aber die Erfahrung, dass gemeinsamer entschlossener Widerstand eine Veränderung bewirkt, sitzt tief und brennt unauslöschlich in den Herzen der Ägypterinnen und Ägypter. Die Autorinnen regen der Liturgie an, über unsere Quelle «lebendigen Wassers» ins Gespräch zu kommen.
Die Verfasserinnen der Liturgie gehören zu den zwölf Prozent Christen, die in Ägypten den koptischen, katholischen und evangelischen Gemeinden angehören. Am Anfang der Liturgie erzählen sie aus der Frühgeschichte des Christentums in Ägypten, als der Heilige Markus die erste ägyptische Kirche und die erste theologische Schule gründete. Mit dem Thema der Liturgie «Ströme in der Wüste» und der Begegnung der samaritanischen Frau mit Jesus am Jakobsbrunnen zeigen die Ägypterinnen auf, wie Jesus mit drei gängigen Übeln seiner Zeit aufräumte: die Diskriminierung unter den verschiedenen Volksstämmen sowie die sozialen und religiösen Ausgrenzungen. Die Verfasserinnen wünschen sich, dass das lebendige Wasser die Quelle allen Lebens auf dieser Erde werde und dass alle Menschen in Frieden miteinander leben können. Die Ägypterinnen bedanken sich besonders für den Nil, der ihre Felder fruchtbar und das Leben in ihrem Land mit so viel Wüste erst möglich macht.
Mit zehn Prozent der Kollekte werden in Ägypten für ein Jahr verschiedene Bildungsprojekte für Frauen und Mädchen finanziert. Ebenfalls werden Hilfsprojekte zur Stärkung von Frauen und Kindern in Slums unterstützt oder der Analphabetismus bekämpft. Dies sind nur einige Beispiele unter vielen. Die restlichen 90 Prozent werden für mehrjährige und weltweite Projekte eingesetzt. (pd/masi)