Interview
«Jedes Foto muss aufs Papier»: Fotograf und Musiker Thomas Biasotto ist der neue Mieter im Zunfthaus zu Appenzell

Mit Fotograf und Musiker Thomas Biasotto hat das Zunfthaus ab sofort einen neuen Dauermieter. Sein aktueller Bildband ist den Giganten der Alpen gewidmet. In der Hauptrolle: der Alpstein. Morgen findet die Vernissage statt.

Claudio Weder
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Fotograf und Musiker: Thomas Biasotto. (Bild: PD)

Fotograf und Musiker: Thomas Biasotto. (Bild: PD)

Thomas Biasotto, Ihr Name wird häufiger mit Musik als mit Fotografie in Verbindung gebracht. Woran liegt das?

Das ist nur in der Ostschweiz so. Ich denke, das hat damit zu tun, dass ich während acht Jahren die Otmarmusik St. Gallen dirigierte. Lustigerweise ist es in der Innerschweiz, wo ich seit zehn Jahren wohne, genau umgekehrt: Dort bin ich eher als Fotograf bekannt.

Wie kam es dazu, dass Sie parallel zur Musik noch fotografieren – und dies auf professionellem Level?

Es gibt drei grosse Leidenschaften in meinem Leben: die Musik, das Unterrichten und die Fotografie. Angefangen hat alles mit Ersterem: Ich studierte Musik an der Musikhochschule Zürich. Als ich meinen Job als Dirigent gekündigt hatte, suchte ich nach Alternativen. Ich entschied mich, eine pädagogische Ausbildung anzuhängen. Nun gebe ich zwei Tage in der Woche als Primarlehrer Schule, um zusätzlich Geld zu verdienen. Die Fotografie hat mich allerdings schon als Teenager fasziniert: Das Geld, das ich damals zur Konfirmation bekommen habe, habe in eine Spiegelreflexkamera investiert.

Wofür würden Sie sich entscheiden, wenn Sie müssten: Musik oder Fotografie?

Das kann ich nicht sagen. Die Musik betreibe ich als Hobby, die Fotografie ist mittlerweile zum Beruf geworden – seit sechs Jahren erledige ich professionelle Fotoaufträge, leite Kurse und führe Fotoworkshops durch. Jede meiner Leidenschaften ist unverzichtbar, da alle sich gegenseitig ergänzen. So hilft mir meine Lehrerausbildung etwa bei meinen Fotoworkshops; meine musikalische Ader lasse ich in meinen Schulunterricht einfliessen; und auch die Bereiche Musik und Fotografie fliessen ineinander.

Seit dem 1. November sind Sie Dauermieter im Zunfthaus zu Appenzell. Welche Bilder werden dort zu sehen sein?

Die aktuelle Ausstellung und der dazugehörige Bildband heisst «Giants». Der Name bedeutet übersetzt «Giganten» und bezieht sich auf die Schweizer Berge – diese gigantischen Formationen, deren Felswände, Kontraste, Formenvielfalt mich als Landschaftsfotograf und Naturliebhaber schon immer faszinierten. In «Giants», meinem bislang vierten Fotoband, zeige ich eine Auswahl der Bilder, die während der letzten zweieinhalb Jahre auf meinen Bergtouren entstanden sind. Auch der Alpstein ist darunter, der zu meinen absoluten Favoriten gehört. 2500 Kilometer und 300000 Höhenmeter habe ich für den Fotoband investiert. Doch die harte Arbeit hat sich gelohnt.

Inwiefern?

Mit den Fotobänden gehen für mich Träume in Erfüllung. Ich bin kein Fotograf, der digitale Leichen produziert. Jedes Bild muss gedruckt werden. Für einen Fotografen ist es der schönste Moment, wenn man sein Bild – quasi als materielles Kunstwerk – in den Händen hält. An diesem Punkt fängt die Faszination der Fotografie erst an.

Zum Bildband haben Sie auch einen Soundtrack komponiert.

Ja, das ist richtig. Es handelt sich dabei um eine 60-minütige Komposition für Symphonieorchester. Das Stück erzählt musikalisch die Geschichte des Landschaftsfotografen, der auf den Gipfel steigt, in den Sturm gerät, den Sonnenaufgang erlebt und sich beim Fotografieren desselben fast die Finger abfriert. Es sind die Emotionen während solcher Momente in den Bergen, die ich in einem Orchesterwerk niedergeschrieben habe. Ausschnitte aus dem Soundtrack wird es morgen Abend bei der Vernissage zu hören geben.

Sie sagten einst, dass für Sie als Wohnort nur das Appenzellerland oder die Innerschweiz in Frage kämen. Sie haben sich für Weggis entschieden. Was sprach gegen das Appenzellerland?

Das war eine rein geografische Überlegung. Aufgrund der zentralen Lage der Innerschweiz ist praktisch jeder Ort in unserem Land schnell und gut erreichbar. Das Appenzellerland liegt mir jedoch sehr am Herzen: Ich lebte eine Zeit lang in Gonten, später in Herisau. Daher freut es mich, dass ich durch meine Ausstellung im Zunfthaus nun wieder ein Bein im Appenzellerland habe. Da meine Frau aus Hundwil stammt, ist überdies nicht auszuschliessen, dass bald auch das zweite Bein wieder ins Appenzellerland kommt.

Hinweis

Die Vernissage findet morgen um 17 Uhr im Zunfthaus zu Appenzell statt.