Der Innerrhoder Marco Fritsche moderiert unter anderem die Sendung «Bauer, ledig, sucht...» auf 3+. Der 36-Jährige über sein Image als Landei, sein Bünzli-Dasein und darüber, dass er am Set auch mal laut werden kann.
Marco Fritsche: Auf dem Weg zu diesem Interview habe ich gedacht, die fahren noch langsamer als die Langsamen bei uns in Innerrhoden. Nein, ich habe überhaupt nichts gegen Ausserrhoder. Für den Rest der Schweiz sind wir alles Appenzeller. Die Unterscheidung wird nur hier gemacht.
Fritsche: Die Innerrhoder machen nun mal mehr Spannendes. Aber im Ernst: Als der Hitzige Chor Appenzell zu Gast war, wurde die Tatsache, dass ein Mitglied ein Ausserrhoder ist, ebenfalls behandelt. Ich kenne viele interessante Ausserrhoder, zum Beispiel Steff Signer.
Fritsche: Es wäre eher peinlich gewesen, wenn sie es einmal mehr nicht geschafft hätten, etwas zusammen auf die Beine zu stellen. Negative Beispiele dazu gibt es genug. Das ist alles nur «Halbkantönli-Geist». Aber dass wir wieder ein Kanton werden, erleben wir wohl nicht mehr.
Fritsche: Moment, die Brauerei Locher ist ein Sponsor der Sendung. Ich habe meine Herkunft nie als Fördermittel benutzt. Vielmehr ist es in den letzten Jahren einfach wieder in geworden, von ausserhalb zu kommen. Ich bin aber definitiv froh und dankbar, Innerrhoder zu sein. Ich wäre nirgends anders in
der Schweiz lieber aufgewachsen.
Fritsche: Nein, das denke ich nicht. Beim SRF gibt es auch Leute mit einem «komischen» Dialekt, die einen guten Job haben. Vielleicht waren es mehr einige meiner Charaktereigenschaften, die nicht gepasst haben.
Fritsche: Im Nachhinein ist das schwierig zu analysieren. Die Entwicklung war aber kein Unglück für mich. Als Freischaffender zu arbeiten, stimmt für mich. Zwar muss ich auch allen gefallen, dafür bin ich aber mein eigener Chef. Da muss einer beim SRF schon eine grosse Nummer sein, damit er seinen eigenen Willen durchsetzen kann.
Fritsche: Bis zu einem gewissen Punkt bin ich sehr gutmütig. Danach ungeduldig, harsch, streng und konsequent. Es braucht viel, aber wenn es jemand mit mir verspielt, dauert es lange, bis wir das wieder eingerenkt haben. Das überrascht die Leute manchmal. Ich kann am Set zum Beispiel auch laut werden.
Fritsche: Schon, ja. Natürlich komme ich nicht schlecht gelaunt ans Set. Aber die Leute denken manchmal: «Das ist einfach nur ein lieber Kerl» – und schon geht die Professionalität verloren. Dann werde ich sehr deutlich – andere behaupten eben, dass ich dann laut bin.
Fritsche: Wenn ich merke, dass sich jemand nicht gleich viel Mühe gibt wie ich, werde ich schnell ungeduldig. Schliesslich sind wir nicht im Sommerlager, sondern bei der Arbeit. So ist es auch am Set von «Bauer, ledig, sucht...». Die Stimmung darf gut sein, aber nicht kippen. Am Ende des Tages müssen die Szenen im Kasten sein und das in guter Qualität.
Fritsche: Nein, ganz sicher nicht. Das gleiche gilt für das Format «Ich bin ein Star, holt mich hier raus!». Die Sendung würde ich für die Schweiz gerne machen und dafür, wenn es sein müsste, sogar 150 Kilo zunehmen. Aber nur als Moderator.
Fritsche: Gerade bei «Bauer, ledig, sucht...» nehmen die Bauern manchmal aus Verzweiflung teil und nicht, weil sie sich darauf freuen. Da ich aber nie Bauer und nie lange Single war, kann ich die Frage nicht abschliessend beantworten. Tatsache ist aber, dass ich mich in der Beantworterrolle nicht sonderlich wohl fühle.
Fritsche: Ich bin einfach lieber der, der die Fragen stellt und etwas
von seinem Gegenüber «herauskitzelt». Sonst denke ich im Nachhinein immer, da hätte ich eine bessere Antwort geben können. Am schlimmsten ist es, wenn ich ein Interview Gegenlesen muss. Beim Radio und im Fernsehen ist das Gespräch danach einfach vorbei. Dies ist mit ein Grund, dass ich die Sendungen bei «Bauer, ledig, sucht...» im Anschluss nie schaue. Das beste Beispiel sind die Handwerker, die zurzeit mein Haus in Appenzell renovieren. Die kommen danach nicht jede Woche vorbei und schauen sich die Wand an, die sie frisch gestrichen haben. Entgegen der Meinungen anderer finde ich nicht, dass man dadurch besser wird.
Fritsche: Es ist meiner Meinung nach fast ungesund, wenn man den «Brunz», den man macht, auch noch zelebriert, indem man ihn nochmals anschaut. Weg ist weg und auf ein Neues.
Fritsche: Das ist je nach Charakter sehr unterschiedlich. Die einen erzählen alles, angefangen bei der schwierigen Kindheit, die anderen sind sehr verschlossen. Es kommt aber vor, dass der eine oder andere jammert.
Fritsche: In diesem Format wäre es anders auch komisch, es «menschelet» doch sehr. Ich gehe automatisch mit den Protagonisten, also den Bäuerinnen und Bauern mit.
Fritsche: Nein. Ich bin froh, dass ich meine Finger bei der Auswahl noch nie im Spiel hatte. Ich sagte auch schon, dass es mit der einen oder dem anderen nicht gut sei. Meistens habe ich recht behalten. Manchmal erledigt es sich aber auch von alleine. In der Regel spüre ich es, ob es passt, wenn ich zum erstenmal auf dem Hof der Person bin. Es ist ein anderes Miterleben als nur gerade auf dem Video, das für die Auswahl eingeschickt wird.
Fritsche: Von den rund 80 Bäuerinnen und Bauern sind es noch etwa ein Dutzend. Dann bin ich aber mehr Bezugs- und nicht mehr Ansprechperson. Ich wollte beispielsweise vor Weihnachten meine Lieblingsbäuerinnen und -bauern besuchen, leider lag dieses Vorhaben zeitlich nicht mehr drin.
Fritsche: Die Aussage ist schon älter. Ich glaube, meine extrovertierte Art hat sich in letzter Zeit ein wenig gemässigt. Ganz weg ist die Eigenschaft aber sicherlich nicht. Die Altersmilde hat noch nicht eingesetzt.
Fritsche: Das ist abhängig von meinem Gast. Eine Sendung mit Marco Rima kommt ganz anders heraus als eine mit Bischof Markus Büchel.
Fritsche: Da möchte ich differenzieren. Bei VIVA war ich die Partymaus und der Underground-Kenner. Das war ebenso falsch, wie es heute heisst, ich stünde jeden Morgen um 6 Uhr bei den Kühen im Stall. Aber ich wohne mitten im Dorf Appenzell. Ich bin nicht ein pures Landei, fühle mich aber überhaupt nicht angegriffen, wenn ich als eines bezeichnet werde.
Fritsche: Der Bünzli in mir kommt je länger, je mehr. Wahrscheinlich war ich schon immer einer. Im jugendlichen Übermut kam dieser im Alltag weniger zum Tragen. Aber es gibt sehr viel «Bünzliges» an mir. Das bestätigen mir auch mein Partner und meine beste Freundin immer wieder.
Fritsche: Die WC-Deckel müssen im ganzen Haus runtergeklappt sein. Da bin ich vielleicht ein Pedant. Pünktlichkeit ist mir ebenfalls wichtig. Die akademischen 15 Minuten lasse ich gelten. Danach ist die Chance klein, dass man mich gutgelaunt antrifft. Auch mein Vater selig kommt immer mehr aus mir heraus. Ich sage beispielsweise meinem 15jährigen Götti-Bueb Sätze, bei denen ich mich danach frage: «Hast du das jetzt wirklich gesagt, wie alt bist du eigentlich?» Aber so schlecht ist der elterliche Rat ja nicht, auch wenn wir früher anderer Meinung waren.
Fritsche: Ich kenne einige Tätowierte und davon sind 60 Prozent Bünzlis. Nur weil sich jemand Farbe unter die Haut ritzt, heisst das noch lange nicht, dass er der Coole schlechthin oder ein Anarcho-Typ ist. Das eine schliesst das andere nicht aus. Tattoos wollte ich unbedingt, und ich stehe dazu. Sie gehören ebenso zu mir wie der Leberfleck auf meiner Füdlibacke. Ausserdem ist es heute ja fast cooler, keine Tattoos zu haben.
Fritsche: Ich weiss es noch nicht. Ich habe nur gehört, dass die Verantwortlichen Probleme haben, Statisten aus Innerrhoden zu finden. Vielleicht gibt es tatsächlich immer noch Animositäten zwischen Inner- und Ausserrhoden. Aber manchmal wird alles einfach schlechtgeredet, und am Ende liegen sich alle bei einem Bier in den Armen. Hoffentlich gibt es Appenzeller Bier.
Fritsche: Schauspieler wollte ich von 0 bis 20 werden. Ich wurde aber davon überzeugt, dass das nichts werden würde. Selbstdarsteller und Kasperli zu sein liegt mir definitiv mehr, als den Darsteller zu geben.
Interview: Markus Fässler
Bild: Adrian Portmann