EBNAT-KAPPEL: Starthilfe für kreative und soziale Ideen

Die Genossenschafter der Ärztlichen Gemeinschaftspraxis Ebnat-Kappel trafen sich am Dienstag vor Pfingsten zu ihrer diesjährigen Hauptversammlung im Michaelshaus in Ebnat-Kappel. Die ärztliche Grundversorgung im Dorf gilt als gesichert.

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Ärztin Annett Blatter (links) und Arzt Andreas Rohner. (Bild: pd)

Ärztin Annett Blatter (links) und Arzt Andreas Rohner. (Bild: pd)

EBNAT-KAPPEL. Emil Aerne führte als Präsident durch den Abend und wies darauf hin, dass die Genossenschaft durch den grossartigen Einsatz aller Beteiligten eine Erfolgsgeschichte darstellt. Das ursprüngliche Ziel, das 2010 formuliert worden war, konnte vollumfänglich erreicht werden. Es ging damals um die Sicherung der hausärztlichen Grundversorgung im Dorf. Heute arbeiten gemäss der Mitteilung der Genossenschaft die drei Hausärzte Daniel Rosa, Annett Blatter und Andreas Rohner, der Zahnarzt Bent Nymann, die Physiotherapeutinnen Gaby Aerne und Nathalie Zverotic und die medizinische Masseurin Andrea Bösch unter einem Dach.

Umsetzen statt jammern

Im Juni 2010 gründeten Einwohner von Ebnat-Kappel die erste ärztliche Genossenschaftspraxis der Schweiz und betraten dadurch Neuland im Bereiche der ärztlichen Grundversorgung in ländlichen Gebieten. Statt über den Mangel an Hausärzten zu jammern, entschlossen sie sich, eine kreative Idee in die Tat umzusetzen. Sie sagten sich, dass angehenden Hausärzten optimale Arbeitsbedingungen geboten werden müssen, damit sie das Dorf als Arbeitsplatz wählen. Sie waren entschlossen, unabhängig von staatlichen Subventionen oder von kapitalkräftigen Investoren zu planen und zu handeln. Die Gemeinschaftspraxis sollte nicht der Gewinnoptimierung dienen, sondern den Patienten. Sie erwarben das alte «Arzthaus» an der Kapplerstrasse 32, erweiterten dieses durch einen Anbau, installierten eine Zahnarztpraxis und brachten zwei Arztpraxen auf den neuesten Stand der Technik. Zusätzlich gab es Raum für eine Physiotherapie. Heute arbeiten sämtliche Mieter als selbständige Unternehmer, während die Genossenschaft Besitzerin der Räume bleibt. Der günstige Mietzins und die Tatsache, dass die Mieter kein Eigenkapital für den Start ihrer medizinischen Tätigkeit benötigen, machte die Genossenschaft zu einem sehr attraktiven und zuverlässigen Partner.

Das Modell der Genossenschaftspraxis wurde auf den Hausarztkongressen in München und Wien bekannt und diskutiert. Andere Genossenschaftspraxen entstanden in der Schweiz. Der Vorstand der Genossenschaft konnte mehrere Initiativen in anderen Schweizer Orten logistisch und beratend unterstützen.

Neue Hausärztin

Anfang März begann die fliessende Übernahme der Hausarztpraxis Andreas Rohner durch Annett Blatter. Sie übernimmt damit schrittweise eine der Hausarztpraxen in der Ärztlichen Gemeinschaftspraxis von Ebnat-Kappel. Andreas Rohner hat sein Pensionierungsalter von 65 Jahren bereits erreicht. Dank den genossenschaftlich finanzierten Erneuerungen kann Annett Blatter eine vollständig funktionierende und auf dem neuesten Stand der Technik ausgerüstete Praxis übernehmen. Es ist dies eine Win-win-Situation für alle Parteien: Doktor Blatter kann angepasst an ihre familiäre Situation ihre Arbeit in der Praxis vorerst in einem 50-Prozent-Pensum aufnehmen, Doktor Rohner kann den Übergang ins Pensionierten-Dasein langsam angehen. Der Vorstand der Genossenschaft ist sehr zufrieden mit dieser optimalen Lösung für die beiden Ärzte. Annett Blatter wohnt seit zehn Jahren im Toggenburg, wirkte als Assistenzärztin in Wattwil, Solothurn und Herisau und arbeitete als Fachärztin für Allgemeine Innere Medizin drei Jahre in Wil. Sie ist verheiratet und hat zwei kleine Kinder. Zuletzt arbeitete sie im Swica-Zentrum in Wattwil. Wie die Genossenschaft mitteilt, freut sich der Vorstand über den guten Start und sei überzeugt, dass ihr die Patienten bald ihr volles Vertrauen schenken werden.

Die Jahresrechnung der Genossenschaft schloss buchhalterisch für das Jahr 2015 mit einem kleinen Gewinn ab. Bei genauerem Hinsehen fällt auf, dass Abschreibungen in sechsstelliger Höhe getätigt werden konnten, was auf ein sehr erfolgreiches Geschäftsjahr hindeutet.

Innovationspreis lanciert

Dank langjähriger Mietverträge setzt sich der positive Trend der Vorjahre fort und auch in Zukunft steht die Genossenschaft auf einer soliden finanziellen Basis. Die Vorstandsmitglieder arbeiten ehrenamtlich. Die Genossenschaftsanteilscheine werden nicht verzinst. Die Genossenschaft möchte zukünftig jährlich innovative Impulse setzen und unabhängig von politischen und wirtschaftlichen Interessen kreative Ideen, die das Gemeinwohl betreffen, fördern.

An der HV wurde deswegen die Idee zur Schaffung eines Innovationspreises von den Genossenschaftern diskutiert. Bis zur nächsten Hauptversammlung arbeitet der Vorstand ein entsprechendes Konzept zuhanden der Genossenschafter aus. (pd)