Mit einem vielseitigen Konzert in Ebnat-Kappel präsentierte sich der Konzertchor Toggenburg mit einem anspruchsvollen Programm.
Peter Küpfer
Mit seinem gut besuchten Auftritt im «Dömli», wie die für weltliche Events umgenutzte ehemalige evangelische Kirche an der unteren Kapplerstrasse nun heisst, gab der Konzertchor Toggenburg ein Heimspiel. Hier war er nämlich gegründet worden. Die Thematik des Konzerts war allerdings weit und gar nicht «heimelig», sondern im weitesten Sinne romantisch, wie Dr. Marcus Tremmel (Leitung) in seiner Begrüssung sagte. Mit Liedern von Brahms wurde inneres Ungestüm, mit dem Zyklus «From the Bavarian Highlands» des englischen Komponisten Edward Elgar die mächtige Alpenwelt besungen. Die Eröffnung dagegen war modern und nur in Anspielungen romantisch.
Mit dem Chorzyklus «Heiteres Herbarium», 1958 vom zeitgenössischen Komponisten Volker Ochs komponiert, wurde gleich zu Beginn musikalische Gegenwart betreten. Erleichtert wurde der Zugang zu den bei aller Heiterkeit tiefsinnigen Liedtexten (Karl Heinrich Waggerl) durch die ankündigenden Hinweise des Dirigenten. Sie erschlossen auch etwas die anspruchsvollen und heiter-melancholischen Harmonien der Komposition. Der in allen Stimmlagen gut vertretene Chor präsentierte sich in diesem eröffnenden A-cappella-Teil frisch und unverkrampft, mit sichtbarer Freude an den vielen gut artikulierten Pointen, textlichen und musikalischen.
Brahms berühmte «Fantasien» stammen aus der Zeit, in welcher auch seine «Vier Zigeunerlieder» entstanden sind (op. 116), die ebenfalls auf dem Programm figurierten. Brahms komponierte die Fantasien während eines Ferienaufenthalts in Bad Ischl, angesichts des eindrücklichen bayrischen Alpenpanoramas. Mit der Interpretation von je einem Satz aus dem Capriccio Nr. 1, dem Intermezzo Nr. 4 und dem Capriccio Nr. 7 präsentierte sich Pianist Carl Wolf zunächst als Solist. Er ging im ungestümen Presto energico, dann auch im abschliessenden Allegro agitato bis an die Grenzen der Belastbarkeit von Flügeltasten, raste in schwindelerregendem Tempo durch Läufe und Arpeggi, das alles, ohne je die Kontrolle über die entfesselten Gefühlsstürme zu verlieren. Aber auch in den still-wehmütigen Teilen zeigte sich seine Gestaltungskraft – man glaubte zeitweise das Raunen der Liebenden zu hören – oder war es doch eher ein in Klang aufgelöster Blütenduft?
Mit den «Vier Zigeunerliedern» von Brahms fand die langjährige Auseinandersetzung des Chors mit dessen Werken ihre gelungene Fortsetzung. In diesem von Brahms aufgrund des Erfolgs seiner Zigeunerlieder nachgelieferten Liederzyklus (op. 112) war der Chor, einfühlsam begleitet von Pianist Carl Wolf, auch emotional gefordert. Der Chor zeigte Sensibilität und Modulationsfreude, reife Früchte seiner intensiven Probenarbeit das Jahr durch.
Mit dem Zyklus «From the Bavarian Highlands» fand das Konzert seinen majestätischen Abschluss. Hier huldigt der englische Komponist und Aristokrat Edward Elgar, selbst enthusiastischer Alpenpionier, seinerseits der hehren Alpenwelt und ihrer leicht idealisierten Bevölkerung, insbesondere in ihrer weiblichen Ausprägung. Die Alpenkulisse wird auch für ihn, wie schon für Brahms, zum Schauplatz von Höhen und Tiefen des Liebeslebens. Hier «durfte» der Chor sich so richtig aussingen, was er mit sichtlichem Vergnügen und gleich bleibend hoher Gestaltungskraft tat.
Auch Pianist Carl Wolf schienen die rasch wechselnden Gefühlsstürme, eine Art musikalisches Aprilwetter, zu behagen. In drei Salonstücken für Klavier zeigte sich noch einmal die grosse Bandbreite von Komponist und Interpret, gerade auch in Elgars leiseren Klängen. Das vielseitige Konzert stiess auf viel Begeisterung, die sich in intensivem Schlussapplaus niederschlug, belohnt durch eine Zugabe.