Als Künstler und Bergführer hat der Appenzeller Maler Werner Steininger viel erreicht. Doch sein Schaffen hat prägenden Einfluss hinterlassen – und hinterlässt ihn noch heute. Das zeigt die Ausstellung in der Kunsthalle Ziegelhütte.
APPENZELL. Auf den ersten Blick wirkt das Bild vollkommen gegenstandslos. Dann stürzt der Betrachter in eine Farbflut. Der Blick ertrinkt förmlich darin. Ohne Möglichkeit, aus dem Strudel wieder herauszukommen. Werner Steiningers Bild «Flut» entstand 2005 nach dem katastrophalen Tsunami. «Das Bild entstand aus Anteilnahme und kippt zur Teilnahme, die im Kunstwerk selbst erlebbar ist», sagt Kurator Roland Scotti. Für die Ausstellung «Werner Steininger und sein Freundeskreis», die am Samstag Vernissage feiert, hat Scotti mit Steininger zusammen die Werke aus dessen reichem Schaffen ausgesucht, die im Raum im Erdgeschoss zu sehen sind. Es ist eine kleine Retrospektive Steiningers jüngerer Arbeiten, die mit den Werken seines Freundeskreises – «Es sind Freunde, keine Schüler», betont Scotti – im oberen Stockwerk korrespondiert.
Die Ausstellung ist die dritte, die die Kunsthalle Ziegelhütte zu ihrem zehnjährigen Jubiläum zeigt. «Mit ihr wird ein bedeutender Aspekt regional verankerten Kunst- und Kulturschaffens vorgestellt», sagt Scotti. Steininger stehe quasi in der Tradition von Carl Walter Liner, der auch schon als freiarbeitender Maler wirkte und so in der Region vermittelte, darüber nachzudenken, was es denn heisse, ein Künstler zu sein. Und genau diese Vorbildfunktion hat nun Werner Steininger inne, der als freier Maler im Kleinindustriegebiet Strahlholz bei Gais wohnt und in seinen Malkursen vielen Menschen Wege zu ihrer eigenen Kreativität eröffnet hat.
Steininger, Jahrgang 1949, aufgewachsen in Heiden, absolvierte eine Lehre als Instrumenten-Optiker, machte 1973 eine Ausbildung als Bergführer, besuchte von 1978 bis 1980 die Kunstgewerbeschule in Zürich und arbeitete anschliessend als Werklehrer und Bergführer. Seit 1989 ist er freischaffend als Maler und Bergführer tätig – und verbindet seine beiden Tätigkeitsfelder in Malreisen, die ihn nach Mexiko, New York, auf Schweizer Berge oder in die russische Taiga führen. Aus den Malkursen entsteht ein Freundeskreis, an Abenden in Steiningers Atelier wird gemeinsam gearbeitet oder über Kunst geredet.
Steininger verfolge seit über 30 Jahren konsequent seinen Weg. «Für unseren Kontext sind solche Menschen enorm wichtig, Kunst passiert ausserhalb der Museen», sagt Scotti, «wir zeigen sie.» Steininger lasse spüren, dass man im Kunst machen sich selber erleben könne.
Im oberen Stockwerk zeigt Scotti die Werke von zehn Freundinnen und Freunden Steiningers, alle aus dem Appenzellerland. «Der Besucher kann so ohne die Hemmschwelle der grossen Namen des Kunstbetriebes moderne Kunst erfahren», sagt Scotti. Werke von Raymond Moser, Sepp Moser, Frances Vetter, Walter Irniger, Egon Rütsche, Erwin Sager, Toni Caviezel, Regula Ramseyer, Rita Trunz sind im zweiten Stock zu sehen. Ganz oben das Werk des jüngsten Freundes, Stefan Inauen, der als Künstler Erfolge feiert.
Kunsthalle Ziegelhütte, Vernissage «Werner Steininger und sein Freundeskreis» am Samstag, 17 Uhr.