Swiss Skills
«Ich hätte nicht gedacht, dass wir so gut sind»: Dreifach Silber und einmal Bronze für den Oberthurgau

Die erfolgreichen Oberthurgauer Teilnehmenden bewiesen jüngst in Bern ihr Können. Der eine übertraf den eigenen Bruder, der andere sprang ein und einer sah die Swiss Skills als Übung. Die erfolgreichen Jungen berichten vom Erlebnis.

Noëlle Graf
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Gleich vier Medaillen an den diesjährigen Swiss Skills gehen in den Oberthurgau. Amriswil und Sitterdorf stellen je einen Vize-Schweizer-Meister, und Kradolf brilliert gleich mit einer Silber- und einer Bronzemedaille. Die «Thurgauer Zeitung» hat das erfolgreiche Quartett in ihren Betrieben besucht, wo die Medaillengewinner als Dachdecker, als Metallbauer, als Gerüstbauer sowie als Detailhandelsfachfrau in einer Bäckerei arbeiten.

Den grossen Bruder übertroffen

Der Geschäftsführer Roberto Di Nicola, Silbermedaillengewinner Mirco Hegner aus Sitterdorf und Ausbildner Luca Di Nicola.

Der Geschäftsführer Roberto Di Nicola, Silbermedaillengewinner Mirco Hegner aus Sitterdorf und Ausbildner Luca Di Nicola.

Bild: Noëlle Graf

«Wir haben einen Plan bekommen und dann hiess es: So, baut mal», sagt der 19-jährige Metallbauer Mirco Hegner. Vorletzte Woche setzte sich Hegner an den Swiss Skills gegen 15 andere Metallbauer durch.

Die Swiss Skills kannte Hegner schon, da sein grosser Bruder, der den Metzgerberuf erlernt hatte, bereits teilnehmen durfte.

«Er war stolz und es hat ihn ein bisschen gefuchst, dass ich besser abgeschnitten habe. Er wurde damals Dritter.»
Das Endprodukt der Metallbauer.

Das Endprodukt der Metallbauer.

Bild: PD

Alle Metallbau–Kandidaten erhielten denselben Bauplan und standen so im Direktvergleich. Jeden Tag hatten sie eine Vorgabe und mussten ein Teilstück der Endkonstruktion erstellen. Über vier Tage hinweg arbeiteten sie insgesamt 19 Stunden.

Das Endprodukt ist eine Art Metallkasten, der das Kamin von Lyon darstellen soll. Es sei darum gegangen, einzelne Arbeiten herzustellen und zusammenzusetzen.

Er zweifelte am Erfolg

Der Wettbewerb war für Hegner «noch ein Spürli härter als die LAP». Zwischenzeitlich zweifelte er daran, ob es für das Podest reichen würde. «Der Samstag verlief nicht optimal für mich.» Trotzdem wurde er Vize-Schweizer-Meister.

Zusätzlich zu Mirco Hegners Erfolg bei den Swiss Skills in Bern brachte sein Lehrbetrieb, die Di Nicola Metallbau AG, in diesem Jahr die beiden Metallbauer mit den besten LAP-Abschlüssen im Thurgau hervor. Hegner schloss als Kantonsbester mit der Note 5,3 ab.

Beim Gerüstbau geht es nur zusammen nach oben

Gerüstbauer Jeremy Dolatowski aus Kradolf darf sich Vize-Schweizer-Meister nennen. Er holt Silber an den Swiss Skills.

Gerüstbauer Jeremy Dolatowski aus Kradolf darf sich Vize-Schweizer-Meister nennen. Er holt Silber an den Swiss Skills.

Bild: Noëlle Graf

Der 20-jährige Gerüstbauer Jeremy Dolatowski sicherte sich ebenfalls die Silbermedaille. Unerwartet, denn eigentlich wollte Dolatowski anfangs gar nicht mitmachen. Er fand nämlich keinen Partner.

Beim Gerüstbau war es nur möglich, als Team anzutreten. «Man muss jemanden haben, der einem das Material gibt.» Denn die Gerüste seien hoch und Dolatowski sagt: «Man kommt nur zusammen nach oben.» Das sei auch die Devise seines Lehrbetriebes Bianchi Gerüstbau. Dessen Motto lautet nämlich «gemeinsam nach oben».

Am Vortag lernte er den Teampartner kennen

Dolatowski sprang auf Anfrage ein, weil jemand noch einen Teampartner brauchte. Dieser wurde jedoch am Montag der Meisterschaftswoche krank. So erhielt der Gerüstbauer einen neuen Partner. Seinen Teampartner kannte Dolatowski vor dem Wettkampf nicht. Eigentlich ein Nachteil, denn die meisten anderen Teams stammten jeweils aus dem gleichen Betrieb.

«Ich hätte nicht gedacht, dass wir so gut sind, weil sich die anderen gewohnt waren, zusammenzuarbeiten.»

Die Teampartner lernten sich erst am Vortag des Wettbewerbs kennen. «Wir haben uns am Abend zusammengesetzt und die Arbeit aufgeteilt.» Dolatowski hat sich zuvor selbstständig vorbereitet, indem er über Wochen hinweg jeden Abend die Pläne studiert hat.

Die Teamarbeit funktionierte gut: Dolatowski kam mit seinem Zürcher Teampartner Sven Bugmann aufs Podest. Als Preis gewannen sie jeweils einen Gutschein über 1000 Franken. Damit möchte er sich die Weiterbildung zum Gruppenleiter mitfinanzieren.

Die Schweizer Meisterschaften als Übung

Pascal Schneider aus Amriswil wird von seinem Chef und Ausbildner Rolf Weber zur Silbermedaille beglückwünscht.

Pascal Schneider aus Amriswil wird von seinem Chef und Ausbildner Rolf Weber zur Silbermedaille beglückwünscht.

Bild: Noëlle Graf

Zu seinem Erfolg sagt der Schweizer Vize-Meister Pascal Schneider: «Es bestärkt einen und man weiss, wo man steht.» Etwa einen Monat vor den Swiss Skills meldete sich der 23-jährige Abdichter, der bei Weber Bedachungen in Amriswil arbeitet, an. Schneider war sich seiner Sache sicher: «Ich habe gewusst, dass es gut kommt.» Und er sagt:

«Die Swiss Skills waren für mich eher eine Übung.»

Schneider macht nämlich aktuell eine Weiterbildung zum Objektleiter. Die Schule schlug die Teilnahme vor, damit er für die Abschlussprüfung am Ende des Jahres üben konnte.

Mit dem dritten Lehrberuf an die Swiss Skills

Cindy Segessemann beschriftet Tafeln an den Swiss Skills in Bern.

Cindy Segessemann beschriftet Tafeln an den Swiss Skills in Bern.

Bild: PD

Mit ihrer dritten Ausbildung konnte die 25-jährige Cindy Segessemann an die Swiss Skills und wurde Dritte. Segessemann ist gelernte Konditorin, Bäckerin und Detailhandelsfachfrau Bäckerei-Konditorei. Aktuell arbeitet sie in der Bäckerei und Konditorei Mohn in Sulgen. Sie sagt:

«Die Lehren und mein Alter haben mir geholfen, da ich nicht so nervös gewesen bin und viel Fachwissen mitgebracht habe.»

Sechs Wochen vor den Swiss Skills begann Segessemann zu üben. Diese Zeit sei für sie «sehr intensiv» gewesen. Sie nutzte ihre freien Tage, um sich vorzubereiten. Dazu gehörten Päckli machen, Verkaufsgespräche simulieren und Tafeln beschriften.

Ihr Fazit: «Wer die Möglichkeit hat, an die Swiss Skills zu gehen, soll dies unbedingt machen.»