Startseite
Ostschweiz
Er hat seine Grossmutter geliebt, doch Stimmen befahlen ihm, sie zu töten und zu enthaupten. Am Mittwoch sprach das Bezirksgericht Frauenfeld den 21-Jährigen vom Vorwurf der vorsätzlichen Tötung frei, stattdessen ordnete es eine stationäre Massnahme zur Behandlung von psychischen Störungen an. Der Beschuldigte soll ausserdem für 15 Jahre des Landes verwiesen werden. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.
Der 21-Jährige, der vor zwei Jahren seine Grossmutter getötet und enthauptet hat, kann sich die Tat heute selber nicht mehr erklären. Vor Gericht las er einen Brief vor, in dem er die Grossmutter um Verzeihung bittet. Er sei krank gewesen. Er habe in ihr den Teufel gesehen.
Das psychiatrische Gutachten kommt zum Schluss, dass der Mann keine Einsicht in seine Tat hatte. Es bestehe bei ihm eine akute schwere undifferenzierte Schizophrenie. Allerdings sieht die Gutachterin auch eine Rückfallgefahr gegeben. Erschwerend komme hinzu, dass das Opfer beliebig ausgewählt worden war – es hätte auch ganz jemand anderes sein können. Hinzu kommt, dass es keinen konkreten Auslöser für die Tat gegeben habe.
Der Landesverweis für 15 Jahre ist aus Sicht des Gerichts zumutbar. Der gebürtige Mazedonier mit italienischem Pass sei in der Schweiz nicht wirklich integriert, er habe hier weder Freunde noch eine Arbeitsstelle. Einzig der Kontakt zu seiner Familie sei nach wie vor eng, doch der könne auch elektronisch aufrechterhalten werden.
«Das Gericht musste sich mit einer abscheulichen, nicht nachvollziehbaren Tat befassen», sagt Gerichtspräsident René Hunziker bei der Begründung des Urteils. Das psychiatrische Gutachten habe beim Beschuldigten eine schwere, akute, undifferenzierte Schizophrenie festgestellt. Es ist für die Frauenfelder Richterinnen und Richter schlüssig. Aufgrund dessen sei seine Einsichtsfähigkeit in die Tötung, die Störung des Totenfriedens und die Freiheitsberaubung nicht gegeben, er sei somit auch nicht schuldfähig.
Anders beurteilt das Gericht den Faustschlag ins Gesicht seines Kollegen, den Waffenbesitz und den Verstoss gegen das Betäubungsmittelgesetz. Hier habe der Beschuldigte in der ersten Befragung nichts von Stimmen erzählt, die ihm etwas befohlen hätten. Deshalb sei er in diesen Punkten auch schuldig.
Beim Landesverweis berücksichtigt das Gericht die Rückfallgefahr, die beliebige Wahl des Opfers und die überraschende Tat. Ausserdem sei der Beschuldigte nicht wirklich in der Schweiz integriert. Er habe keine Freunde hier und seine Lehrstelle verloren. Sein Lebensmittelpunkt sei auf die Familie beschränkt. Doch ein Leben in der Familie sei aufgrund seiner Krankheit keine Option. Der Kontakt zur Familie könne auch elektronisch aufrechterhalten werden.
Die Kosten für die Strafuntersuchung und das Gerichtsverfahren werden der Staatskasse auferlegt. Es besteht kein Rückgriffsrecht auf den Beschuldigten. Grund dafür ist, dass er von den schweren Delikten freigesprochen worden ist.
Zum Schluss richtete Gerichtspräsident René Hunziker nochmals das Wort an den Beschuldigten:
«Ich wünsche Ihnen alles Gute in der Therapie und dass Sie wieder gesund werden.»
Das Bezirksgericht Frauenfeld hat sein Urteil gefällt: Freispruch infolge Schuldunfähigkeit, was die vorsätzliche Tötung, die Störung des Totenfriedens und die Freiheitsberaubung betrifft. Es wird eine stationäre Massnahme zur Behandlung von psychischen Störungen im Sinne von Art. 59 Abs. 3 StGB angeordnet.
Schuldig in Bezug auf Widerhandlung gegen das Waffengesetz, Tätlichkeiten und Widerhandlung gegen das Betäubungsmittelgesetz. Er wird mit einer bedingten Geldstrafe von zehn Tagessätzen zu je 30 Franken und einer Busse in Höhe von 475 Franken bestraft.
Es wird eine Landesverweisung für die Dauer von 15 Jahren ausgesprochen.
Die Verhandlung wird unterbrochen. Um 14 Uhr will das Bezirksgericht Frauenfeld das Urteil verkünden.
Der Beschuldigte liest als Schlusswort einen Brief vor: «Ein Brief an Dich, Oma. Ich habe Dich in meinem Herz gehabt. Ich hoffe, dass Du mir vergibst. Beim Schreiben erinnere ich mich an die gute Zeit, die wir miteinander hatten. Ich habe Dich mehr als Mami geliebt. Du warst meine Säule. Ich hoffe, dass Du einen guten Platz im Himmel findest. Ich hoffe, dass Du Opa findest und mit ihm leben kannst.»
Die Staatsanwältin hält in ihrem zweiten Vortrag an der Landesverweisung fest. Der Beschuldigte sei nicht in der Schweiz integriert. Er habe seine Lehrstelle schon nach wenigen Monaten verloren und wohl vor, hier von der Sozialhilfe zu leben. Die Staatsanwältin sagt:
«Wenn ein Landesverweis nicht in diesem Fall ausgesprochen wird, dann fragt es sich, in welchem Fall überhaupt.»
Der Beschuldigte habe keinerlei Freunde in der Schweiz nennen können, er habe aber wohl noch Freunde in Italien.
Der wichtigste Punkt für den Verteidiger ist der Verzicht auf die Landesverweisung. Ein Landesverweis sei nicht zwingend. Aus Sicht der Gutachterin sei der Beschuldigte nicht kriminell veranlagt. Er habe seine Grossmutter nicht töten wollen. Seine Schnupperlehre habe er erfolgreich absolviert, sein Vorgesetzter sei von ihm sehr angetan gewesen. Leider sei die Lehre dann aber abgebrochen worden, nachdem er mit einer Schreckschusspistole aufgetaucht sei.
Sein Mandant sei psychisch krank. Auch der Familie sei die Wesensveränderung nach August 2018 aufgefallen, nach der Rückkehr aus den Ferien in Mazedonien. Er habe seine Grossmutter sehr gerne gehabt. Wenn er heimgekommen sei, habe er sie immer zuerst auf die Stirn geküsst.
Der Beschuldigte habe noch zwei Stunden vor der Tat dringend um einen Arzttermin in einer psychiatrischen Klinik ersucht, aber keinen bekommen. Er habe sich sogar selber in die Klinik einweisen wollen, weil es ihm nicht gut ging.
Die wichtigste Stütze des Beschuldigten sei seine Familie, er habe in Italien nur noch einen Onkel, zu dem er keinen Kontakt habe. Der Verbleib des Beschuldigten in der Schweiz sei wichtig für seine Gesundung. Der Verteidiger sagt:
«Einer kranken Person muss man helfen, man darf sie nicht einfach ausweisen.»
Deshalb sei von einer Landesverweisung abzusehen.
Der Verteidiger hat das Wort. Er lobt das psychiatrische Gutachten, es rechtfertige die Freisprüche. Von einer Bestrafung sei insgesamt abzusehen, auch von einer Landesverweisung. Eventuell sei der Beschuldigte milde zu bestrafen.
Der Verteidiger zitiert aus dem Polizeiprotokoll vom September 2018: Der Beschuldigte habe gesagt: «Mein Leben ist schwer schwierig», dann habe er nicht mehr geredet. Die Vernehmung habe abgebrochen und der Beschuldigte ins Spital eingewiesen werden müssen. Schon da habe sich sein psychotischer Ausnahmezustand gezeigt, sagt der Verteidiger. Damals hätte bereits eine exakte Abklärung stattfinden müssen.
Das Gericht muss bei der Bemessung der Genugtuung beurteilen, wie hoch die seelische Unbill ist, welche die Geschädigten erlitten haben. Die Grossmutter sei für ihre Enkel wie eine zweite Mutter gewesen, erklärt der Vertreter von Vater und Sohn. Sie hätte gerne auch in der Schweiz bei ihrer Familie gelebt, habe aber keine Aufenthaltsgenehmigung bekommen, da sie kein Einkommen hatte. So sei sie immer wieder in die Schweiz gependelt.
Die Enthauptung in der Wohnung der Familie sei so grauenhaft, dass eine hohe Genugtuung gerechtfertigt sei. Die Familie habe die Grossmutter verloren und dazu habe noch der eigene Sohn und Bruder diese grauenhafte Tat begangen. Die Familie stehe durch die Tat öffentlich am Pranger.
Als Geschädigte und als Privatkläger treten der Vater des Beschuldigten und der jüngere Bruder, der im Zimmer festgehalten wurde, auf. Ihr Vertreter fordert eine Genugtuung von je mindestens 50'000 Franken plus 5 Prozent Zins. Die Familie habe eine sehr enge Beziehung zueinander, das sei auch nach der Tat so geblieben. Man suche miteinander einen Weg, dieses schreckliche Erlebnis zu verarbeiten. Es sei deshalb der Wunsch der ganzen Familie, dass von einer Landesverweisung abgesehen wird.
Für die vorsätzliche Tötung und die Freiheitsberaubung ist der Beschuldigte nach Ansicht der Staatsanwältin nicht schuldfähig. Sie beantragt eine stationäre Massnahme zur Behandlung von psychischen Störungen im Sinne von Art. 59 Abs. 3. Strafgesetzbuch. Für die Widerhandlung gegen das Waffengesetz, die Tätlichkeiten und die Widerhandlungen gegen das Betäubungsmittelgesetz sei er dagegen schuldfähig. Die Staatsanwältin will ihn dafür mit einer bedingten Geldstrafe von 10 Tagessätzen zu je 30 Franken bei einer Probezeit von zwei Jahren und eine Busse von 500 Franken büssen.
Ausserdem plädiert die Staatsanwältin für eine Landesverweisung. Der Beschuldigte ist in Mazedonien und in Italien aufgewachsen. In der Schweiz habe er wohl nie richtig Fuss gefasst, er habe kaum Freunde gefunden, sagt sie. Bis zu seiner Verhaftung habe er nur schlecht Deutsch gesprochen.
Die Staatsanwältin ist überzeugt, dass die vorsätzlichen Tötung und die Störung des Totenfriedens in kausalem Zusammenhang mit der psychischen Krankheit des Beschuldigten standen. Ungünstig für die Prognose ist, dass der Beschuldigte angab, es hätte auch jede andere beliebige Person treffen können. Ebenfalls ungünstig ist, dass es keinen Auslöser für die Tat gab.
Straftaten seien auch weiterhin möglich, respektive es bestehe ein Rückfallrisiko, zitiert die Staatsanwältin aus dem Gutachten. Eine Schizophrenie sei zwar gut behandelbar, doch der Beschuldigte sei nur in der stationären Einrichtung stabil. Die Anordnung einer stationären Massnahme sei verhältnismässig, er sei auch selber dazu bereit. Es fehle ihm aber an Einsichtsfähigkeit. So halte sich der Beschuldigte inzwischen für psychisch gesund. Er brauche keine Hilfe mehr.
Die Staatsanwältin schildert die Persönlichkeit des Beschuldigten: Er habe seit 2018 Stimmen gehört, diese hätten sich auch über ihn lustig gemacht. Sie hätten ihm verboten, darüber mit anderen zu reden. Ab August 2018 sei er ausser Kontrolle geraten, er sei ein Einzelgänger gewesen, habe wenig gesprochen. Die Familie habe den Kontakt zu ihm verloren.
Schon im September 2018 gab es den Verdacht auf psychische Probleme. Er habe eine ambulante Therapie begonnen, die aber abgebrochen worden sei, da er nicht mehr geredet habe. Auch in der Arbeitsstelle sei seine Veränderung aufgefallen. Er habe manchmal in der Znüni-Pause eine halbe Stunde lang grundlos gelacht. Oder er habe bei Kunden einfach begonnen, die Garage zu saugen. Zu Beginn der Lehre wurde er dagegen als motiviert und begabt geschildert.
In der Psychiatrie Münsterlingen, wo er nach der Verhaftung eingewiesen worden war, habe er auch von Gesichtern erzählt, die aus der Wand gekommen seien. Wenige Monate nach der Tötung seiner Grossmutter wurde der Beschuldigte psychiatrisch begutachtet. Die Gutachterin kommt zum Schluss, er leide unter einer sehr schweren akuten Schizophrenie.
Es gab noch weitere Vorfälle. Einmal habe der Beschuldigte einen Kollegen am Fussballplatz einen Schlag verpasst. Ein anderes Mal habe er eine Schreckschusspistole gefunden und sei damit am Arbeitsplatz aufgetaucht. Daraufhin sei ihm die Lehrstelle gekündigt worden. Nach Verlust seiner Stelle habe er die Tagesstruktur verloren und noch mehr gekifft als zuvor. Seit seinem zwölften Lebensjahr habe er gekifft.
Der zweite Vorwurf ist die Freiheitsberaubung des jüngeren Bruders. Der Beschuldigte hat sich wenige Wochen vor Tötung der Grossmutter mit seinem damals sechsjährigen Bruder im Zimmer eingesperrt. Die Familie habe «komische Geräusche» und Schreie aus dem Zimmer gehört.
Auf Klopfen und Rufen habe der Beschuldigte nicht reagiert, da habe ein anderer Bruder die Türe eingeschlagen. Der kleine Bruder sei schon rot im Gesicht gewesen. Der Beschuldigte sagte aus, er habe in seinem Bruder den Teufel gesehen, den habe er austreiben wollen. In der ganzen Familie habe er den Teufel gesehen.
Die Familie des Beschuldigten habe im Laufe der Befragungen die Tat relativiert und nur von einem Spiel geredet, sagt die Staatsanwältin. Allerdings habe die Familie damals sämtliche Schlösser an den Türen entfernt.
Ein Motiv für die Tat konnte der Beschuldigte nicht nennen. Er sagte aus, er habe gehofft, sich durch die Tötung der Grossmutter von den Stimmen befreien zu können. Mit dem Stich in die Brust habe er ihr die Unsterblichkeit nehmen wollen. Der Beschuldigte hatte stets ein inniges Verhältnis zu seiner Grossmutter. Es gab auch vor der Tat keinerlei Streit zwischen Enkel und Grossmutter.
Die Eltern waren bei der Arbeit, die anderen Geschwister ausser Haus. Der Beschuldigte habe an der Playstation gespielt. Die Mutter habe beim Abschied gesagt, er solle keine Scheiss machen, den er später bereuen würde.
Er habe eine Stimme im Kopf gehört, daraufhin sei er zur Grossmutter, die gerade gebetet habe. Der Beschuldigte habe sie von hinten gewürgt, bis sie blau geworden sei. Dann habe er ein Rüstmesser in der Küche geholt und sie in die Brust gestochen. Er selber sagte, sie hätte keine Chance gehabt.
Dann habe er ihren Kopf abgetrennt und in den Plastiksack gesteckt. Er habe einen Abschiedsbrief geschrieben, sich einen Hut aufgesetzt, die Jacke angezogen und sei aus dem Haus. Anschliessend sei auf den Polizeiposten in Frauenfeld und habe dort sein Handy abgegeben, dann sei er mit dem Zug in Richtung Flughafen. Er habe den Kopf in Spanien ins Meer werfen wollen. Nach seiner Verhaftung war er von Beginn weg geständig. Er sagte:
«Ich bin schuldig.»
Das Lieblingsbild des Beschuldigten sei die Medusa gewesen, eine Frau mit Schlangenhaaren aus der griechischen Mythologie. Die Staatsanwältin sieht Parallelen mit der Tat.
Die Staatsanwältin beginnt ihren Vortrag mit der angeklagten vorsätzlichen Tötung. Angefangen mit dem Notruf und dem Eintreffen der Polizeibeamten in der Wohnung der Familie in Frauenfeld. Den Polizisten bietet sich ein grausames Bild: Eine enthauptete Frau.
Noch am gleichen Tag wird der Beschuldigte am Flughafen verhaftet, er habe dabei immer wieder grundlos gelacht. Im Rucksack hatte er den Kopf der Grossmutter. In der Küche findet sich ein Bekennerschreiben in Italienisch. Darin steht: «Liebe Mama und Papa, ich entschuldige mich bei Euch für das, was ich gemacht habe. Ich habe Euch gerne gehabt, trotz unserer Schwierigkeiten. Habt ein gutes Leben.»
Das Beweisverfahren ist abgeschlossen. Die Staatsanwältin beginnt mit ihrem Plädoyer.
Schon Tage vorher hat er seinen jüngeren Bruder ins Zimmer gesperrt und auf dem Bett fixiert. Er habe ihm den Teufel austreiben wollen, sagt der Beschuldigte vor Gericht. Das sei alles in kurzer Zeit passiert, er habe damals eine Psychose gehabt.
Ebenfalls zuvor gab es einen Zusammenstoss mit einem Kollegen auf einem Fussballplatz. Mit einer gefundenen Waffe ist der Beschuldigte in der Arbeitsstelle erschienen. Bis zu seiner Verhaftung habe er Marihuana und Alkohol konsumiert.
Jetzt geht es um die Tötung der Grossmutter. Der Beschuldigte sagt, er sei krank gewesen, Drogen und Emotionen. Er habe seine Grossmutter geliebt wie eine Mami. Er wisse nicht, wieso er so etwas getan habe. «Ich war krank», sagt er immer wieder als der Richter ihm die Tat vorliest. Er weiss, dass er in die Küche ging, ein Messer holte und sie in die Brust gestochen hat. Zweimal.
Wissen Sie, was danach geschehen ist? «Ich bin in den Zug eingestiegen und nach Oerlikon gefahren, habe dann das Tram genommen und bin an den Flughafen gefahren. Da haben mich Polizisten verhaftet», sagt der Beschuldigte. Zuvor habe er zu Hause den Kopf mit einem Tuch umwickelt und in eine Plastiktüte gepackt. Es stimme auch, dass er den Kopf abgetrennt habe. Er sagt:
«Es tut mir leid.»
Die Verhandlung startet mit der Befragung des Beschuldigten. Auf einen Dolmetscher wird verzichtet. Er habe eine Lehre als Elektromonteur angefangen, aber abgebrochen, sagt der 21-Jährige. Aktuell lebt er in der forensischen Psychiatrie in Rheinau. Es gehe ihm jetzt etwas besser als am Anfang. Er habe täglich Therapie.
Er lebe seit 2015 in der Schweiz. In Italien habe er noch einen Onkel und in Mazedonien leben noch Cousinen vom Vater. Ob er in Italien oder Mazedonien arbeiten könne, fragt der Gerichtspräsident. In Italien sei es schwierig, in Mazedonien keine Chance, sagt der Beschuldigte.
Gerichtspräsident René Hunziker eröffnet die Hauptverhandlung. Der grosse Saal des Bezirksgerichts Frauenfeld ist voll mit Medienleuten. Alle Anwesenden tragen Schutzmasken. Der Beschuldigte erscheint, zwei Polizisten begleiten ihn. Er trägt einen dunklen Anzug, die langen dunklen Haare zu einem Knoten gebunden.
Die Anklagepunkte lauten vorsätzliche Tötung, Störung des Totenfriedens, Freiheitsberaubung, Widerhandlung gegen das Waffengesetz, Tätlichkeiten, Widerhandlung gegen das Betäubungsmittelgesetz.
Vorsätzliche Tötung, Störung des Totenfriedens und Freiheitsberaubung werden dem Beschuldigten unter anderem vorgeworfen. Die Staatsanwältin beantragt einen Freispruch, da der Täter nicht schuldfähig sei. Ein psychiatrisch-forensisches Gutachten kam rund drei Monate nach der Tat zum Schluss, dass der Beschuldigte aufgrund seiner psychischen Krankheit keine Einsichtsfähigkeit in die Tötung seiner Grossmutter gehabt habe. Er sagte aus, Stimmen im Kopf hätten ihn zum Mord aufgefordert.
Die Staatsanwältin verlangt eine stationäre Massnahme zur Behandlung von psychischen Störungen nach Art. 59 Absatz 3 Strafgesetzbuch – auch bekannt als «kleine Verwahrung». Damit diese ausgesprochen werden kann, muss der Täter als gefährlich eingestuft werden. Nach fünf Jahren kann die Massnahme verlängert werden.
Dazu fordert die Staatsanwältin für den gebürtigen Mazedonier mit italienischem Pass einen Landesverweis für die Dauer von 15 Jahren.