Neue Volksinitiative
Bedingungsloses Grundeinkommen soll neue Chance erhalten

«Versicherung gegen Existenzangst»: Die Idee eines bedingungslosen Grundeinkommens wird wieder aktuell. Ein parteiloses Komitee hat eine zweite nationale Volksinitiative lanciert.

André Bissegger, Samuel Thomi
Drucken

Video: Adrian Reusser

Das bedingungslose Grundeinkommen nimmt einen neuen Anlauf: Nachdem die Stimmbevölkerung im Juni 2016 ein erstes Begehren abgelehnt hatte, hat nun ein parteiloses Komitee mit «Leben in Würde – für ein finanzierbares bedingungsloses Grundeinkommen» eine zweite Volksinitiative lanciert. Der Initiativtext ist am Dienstag im Bundesblatt veröffentlicht worden. Oberstes Ziel der neuen Vorlage ist demnach die Existenzsicherung für alle. Zudem soll das Menschenrecht auf ein Leben in Würde und Selbstbestimmung in der Bundesverfassung festgeschrieben und bisher unbezahlte Arbeit wertgeschätzt werden.

Die Initianten sprechen in einer Mitteilung vom Dienstag denn auch von einer «Versicherung gegen Existenzangst». Gerade durch die Coronakrise sei die Einführung eines bedingungslosen Grundeinkommens wieder hochaktuell geworden: «Ein bedingungsloses Grundeinkommen ermöglicht Teilzeitarbeit, eine dringend benötigte Pause oder berufliche Neuorientierung – etwas, dass sich heute nur eine Minderheit leisten kann.» So könne verhindert werden, dass Menschen krank würden. Die Initianten betonen zudem, dass mit der Volksinitiative die Sozialwerke nicht ersetzt, sondern weiterentwickelt werden sollen.

Initiative für Grundeinkommen neu lanciert.

Keystone-SDA

Gesamte Volkswirtschaft soll Beitrag leisen

Finanziert werden soll das Grundeinkommen hauptsächlich durch die bestehenden Steuereinnahmen und Sozialwerke. Allerdings verlangt die Initiative, dass künftig alle Bereiche der Volkswirtschaft ihren «fairen Steueranteil» dazu beitragen. Das zehnköpfige Komitee denkt dabei vor allem an den Finanzsektor, die Tech-Unternehmen sowie digitale Plattformen, «die bis anhin keine angemessenen Steuern bezahlen». Damit werde das Grundeinkommen finanzierbar – «solidarisch und fair».

Die erste Volksinitiative «Für ein bedingungsloses Grundeinkommen» wurde 2016 von der Stimmbevölkerung mit 76,9 Prozent Nein-Stimmen und allen Ständen abgelehnt. Bereits im vergangenen Frühling hatten die damaligen Initianten eine Neuauflage angekündigt und mit einem Crowdfunding Geld dafür gesammelt.

Neuauflage mit altbekannten und neuen Gesichtern

Und auch der Ökonom Thomas Straubhaar wirbt in seinem neuesten Buch «Grundeinkommen jetzt!» für einen Wechsel im Sozialsystem. Beim bedingungslosen Grundeinkommen zahlt der Staat den in der Schweiz lebenden Menschen einen bestimmten Betrag aus, auf den alle Anspruch haben – unabhängig von ihrem Einkommen und Vermögen.

Für die zweite Volksinitiative zur Einführung eines Grundeinkommens in der Schweiz haben die Initianten nun 18 Monate Zeit, 100'000 gültige Unterschriften zu sammeln. Dem zehnköpfigen Initiativkomitee gehören wiederum alt Bundesratssprecher Oswald Sigg an, die anthroposophische Unternehmerin Ursula Piffaretti, Elektronik-Unternehmer Josef Brusa sowie Menschenrechtsanwalt Philip Stolkin.