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Die Rechtskommission des Ständerats befürwortet bei der Revision des Sexualstrafrechts die «Nein-heisst-Nein»-Lösung. SP und Grüne zeigen sich enttäuscht.
Die Kommission für Rechtsfragen des Ständerates beschäftigt sich seit nunmehr fast zwei Jahren mit einer Revision des Sexualstrafrechts. Sie gab einen Vorentwurf in die Vernehmlassung, der jedoch teilweise auf harsche Kritik stiess. Nun hat die Kommission am Freitag ihren jüngsten Gesetzesentwurf präsentiert.
Konkret spricht sie sich dafür aus, dass die Tatbestände der sexuellen Nötigung und der Vergewaltigung auf der sogenannten «Nein-heisst-Nein»-Lösung basieren sollen, wie die Parlamentsdienste mitteilten. Dabei muss das Opfer verbal oder nonverbal kommunizieren, dass es die sexuelle Handlung nicht will. Weiter will die Kommission künftig auch männliche Opfer bei der Definition von Vergewaltigung miteinschliessen und auf das Element der Nötigung im Grundtatbestand verzichten.
Die Kommissionsminderheit begrüsst diese Änderungen im Grundsatz, beantragte aber, die Tatbestände basierend auf der «Nur-Ja-heisst-Ja»-Lösung auszugestalten. Demnach muss eine Person explizit dem Sex zustimmen, bevor es zum Geschlechtsverkehr kommt. Die Kommission lehnte den Antrag mit 9 zu 4 Stimmen ab.
Parlamentarierinnen und Parlamentarier der SP und Grüne setzten sich für die «Ja-heisst-Ja»-Lösung ein und kommentierten entsprechend kritisch den Beschluss. Der neue Entwurf sei zwar ein Fortschritt gegenüber der aktuellen Gesetzeslage, sagte SP-Nationalrätin Tamara Funiciello (BE) in einer Mitteilung der SP-Frauen.
Sie sei aber enttäuscht, dass sich die Kommission für die «Nein heisst Nein»-Lösung ausgesprochen hat, «obwohl in der Vernehmlassung über 10’000 Personen, diverse Organisationen und Kantone eine ‹Nur Ja heisst Ja›-Lösung gefordert haben.»
Bei den Grünen ist der Tenor ähnlich. Die ständerätliche Rechtskommission hat zwar einen ersten Schritt in die richtige Richtung gemacht, doch sie dürfe jetzt nicht auf halbem Weg stehenbleiben, lässt sich Ständerätin Lisa Mazzone (GE) zitieren: «Das Sexualstrafrecht muss die sexuelle Selbstbestimmung schützen. Dafür braucht es die Zustimmungslösung.»
Statt auf Ablehnung soll der künftige Vergewaltigungsartikel nach Ansicht der Grünen auf der fehlenden Zustimmung beruhen. Deshalb plädieren sie für die «Nur-Ja-heisst-Ja»-Lösung.
Weiter hat sich die Kommission dafür ausgesprochen, dass bestimmte Tathandlungen bei sexuellen Handlungen mit Kindern unter 12 Jahren neu mit einer Mindestfreiheitsstrafe von einem Jahr bedroht sein sollen. Zudem sollen Opfer künftig auch vor sexuellen Übergriffen im Gesundheitsbereich besser geschützt werden.
Überdies schlägt die Kommission einen neuen Tatbestand für sogenannte «Rachepornografie» vor. Dabei handelt es sich um Fotos oder Videos, die ursprünglich einvernehmlich aufgenommen wurden, aber später ohne ohne Einwilligung der abgebildeten Person veröffentlicht werden.
Als Nächstes wird der Erlassentwurf dem Ständerat und dem Bundesrat zur Stellungnahme unterbreitet. Das Ziel ist, dass der Ständerat den Entwurf in der Sommersession berät.