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Die Schweiz wird nicht klimafreundlicher. Das Stimmvolk hat überraschend das neue CO2-Gesetz abgelehnt. Widerstand gab es vor allem in ländlichen Gebieten. Nun dürften die Klimaziele in weite Ferne rücken.
Das neue CO2-Gesetz ist an der Urne gescheitert. 51,6 Prozent der Stimmberechtigten sprachen sich am Sonntag gegen mehr Klimaschutz aus. Besonders in ländlichen Kantonen fiel die Revision durch. Am höchsten war die Ablehnung in Appenzell Innerrhoden, Schwyz und Uri mit Nein-Anteilen von über 64 Prozent. In den Westschweizer Kantonen Genf, Neuenburg und Waadt sowie in urbanen Kantonen wie Basel-Stadt und Zürich fand das CO2-Gesetz eine Mehrheit. Die Stimmbeteiligung lag bei hohen 59,6 Prozent.
Dass es knapp werden würde, hatte sich in den letzten Wochen bereits abgezeichnet. Die Luft für das CO2-Gesetz war zusehends dünner geworden. In Umfragen sank es in der Gunst der Bevölkerung. Das Nein ist damit ein Sieg für die SVP, die als einzige Partei das revidierte Gesetz bekämpfte.
Bei der Revision des CO2-Gesetzes ging es um die nächsten Etappen in der Schweizer Klimapolitik. 2017 ratifizierte die Schweiz das Pariser Klimaabkommen. Damit verpflichtet sie sich, ihre Treibhausgasemissionen bis 2030 zu halbieren. Schärfere Ziele waren unter anderem im Gebäudebereich, bei Neuwagen oder bei der CO2-Abgabe vorgesehen. Teurer geworden wäre auch das Fliegen. Das Gesetz sah zudem eine Flugticketabgabe von 30 bis 120 Franken vor.
Der Urnengang war nötig, weil eine Gruppe von Wirtschaftsverbänden erfolgreich das Referendum ergriffen hatte. An vorderster Front bekämpfte die SVP als einzige im Parlament vertretene Partei die Revision. Das Gesetz bringe dem Weltklima nichts, habe jedoch negative Auswirkungen für die Schweiz, kritisierte sie. Die SVP warnte davor, dass Autofahren, Fliegen und Heizen teurer werde.
Dem hielten die Befürworter entgegen, die Zusatzkosten beliefen sich im Schnitt auf 100 Franken pro Jahr für eine vierköpfige Familie. Zudem müsse jetzt mehr für das Klima getan werden. Würden wir jetzt nicht die Weichen richtig stellen, bekämen unsere Enkelkinder die Folgen des Klimawandels noch stärker zu spüren. Auch eine breite Allianz der Wirtschaft stellte sich hinter das Anliegen. Ihre Argumentation: Mehr Klimaschutz hiesse mehr Innovation und Arbeitsplätze in der Schweiz.
Unter Beschuss kam das CO2-Gesetz aber überraschend auch von Klimaaktivisten. Fünf Regionalgruppen von Klimastreik Schweiz hatten ebenfalls das Referendum ergriffen. Ihnen gingen die geplanten Massnahmen gegen den Klimawandel zu wenig weit.
Mit dem Entscheid rücken die Klimaziele, zu denen sich die Schweiz mit der Unterzeichnung des Pariser Klimaabkommens bekannt hat, in weite Ferne. Darauf deuten auch die Ergebnisse der aktuellen Klimapolitik: Bis 2019 hat die Schweiz ihre Emissionen im Vergleich mit 1990 um 14 Prozent reduzieren können. Das aktuelle Ziel – minus 20 Prozent bis 2020 – wird kaum mehr zu erreichen sein. Nach Ansicht des Bundes sind deshalb verstärkte Massnahmen «unumgänglich».
Es stellt sich die Frage: Ist das Nein ein Entscheid gegen das politische Establishment? Dazu sagt Politologe Andreas Ladner:
Nationalrätin Jacqueline Badran (SP, ZH) sagt: «Das Nein zum CO2-Gesetz ist nicht gut für die Schweiz»: