USA
Wer ist der New Yorker Richter im Fall Donald Trump?

Mit Fällen rund um Donald Trump hat Juan Merchan schon einige Erfahrung. Der Richter hat sich mit Vorwürfen gegen das Unternehmen und einige der engsten Vertrauten des Ex-Präsidenten der Vereinigten Staaten befasst. Doch jetzt bekommt es Merchan in einem in der US-Geschichte einmaligen Strafverfahren mit Trump höchstpersönlich zu tun.

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Vor dem Verlesen der Anklage ist viel los rund um den Trump Tower.

Vor dem Verlesen der Anklage ist viel los rund um den Trump Tower.

Keystone

Es geht um Vorwürfe, wonach Trump Schweigegeld an Pornodarstellerin Stormy Daniels zahlen liess, damit sie während seines letztlich erfolgreichen Präsidentschaftswahlkampfs 2016 eine angeblich Jahre zurückliegende Affäre mit ihm unter der Decke hielt. Geld soll zu einem ähnlichen Zweck auch an das frühere Playmate Karen McDougal geflossen sein. Staatsanwälte in Manhattan prüften, ob Trump damit gegen Gesetze zur Wahlkampffinanzierung verstossen haben könnte. Eine sogenannte Grand Jury kam dann kürzlich zum Schluss, dass in dem Fall eine Anklage legitim sei.

Damit muss sich Trump als erster Ex-Präsident der USA einem Strafverfahren stellen. An diesem Dienstag steht die Verlesung der Anklage an, für die er schon am Vortag in New York eintraf. Affären mit Daniels und McDougal hat er vehement bestritten. Er sei «komplett unschuldig», der Fall «politische Verfolgung», erklärte Trump. Zielscheibe seiner Wut wurde auch Merchan, vor dem der Ex-Präsident erscheinen muss. Der Richter «HASST MICH», zeterte er auf seiner Online-Plattform Truth Social.

Feuerprobe für Juristen

Für jeden Juristen hat ein solcher Fall das Potenzial, auf ewig sein Vermächtnis zu prägen. Und zugleich ist es eine Feuerprobe. «Es gibt viel Druck hier, weil das ein Novum ist», sagt Patricia Brown Holmes, eine frühere Richterin im Staat Illinois, über die Causa Trump. Als Richter müsse man es «richtig machen», fügt sie hinzu. «Es muss fair sein, die Öffentlichkeit muss wissen, dass es fair ist, und dass der Ausgang eben so ist, wie er ist». Es gelte zudem, sich von allem Politischen fernzuhalten, weil es nur um das Gesetz gehe.

Politik sei das eine, die Gratwanderung zwischen dem gewaltigen öffentlichen Interesse am Fall und der Wahrung der Sicherheit im Gerichtssaal für einen früheren US-Präsidenten und dessen Team das andere, erklärt Geoffrey Puryear, ein Ex-Richter in Texas. «Es ist ein logistischer Alptraum, aus der Perspektive des Richters.»

Ein Machtwort sprach Merchan schon am Vorabend der Anklageverlesung: Eine Liveübertragung per Videokameras aus dem Gerichtssaal werde es nicht geben, stellte er laut Medienberichten klar. Fünf Fotografen dürften aber vor Beginn der Anhörung Fotos von Trump und dem Raum machen.

Gewohnt an Fälle, die Schlagzeilen machen

Geboren wurde Juan Manuel Merchan in Kolumbien, als Sechsjähriger zog er mit seiner Familie nach New York. Als erster in seiner Familie schaffte es Merchan ans College, 1994 schloss er ein Jurastudium an der Hofstra University ab.

In Manhattan arbeitete Merchan als Staatsanwalt und im Büro des Generalstaatsanwalts des Staates New York, ehe ihn der damalige Bürgermeister Michael Bloomberg 2006 als Richter ans Familiengericht berief. Drei Jahre später ging es für Merchan am Supreme Court in New York weiter.

Wie viele andere Richter in der grössten US-Metropole hatte er mit Fällen zu tun, die Schlagzeilen machten. So war Merchan etwa mit Vorwürfen gegen eine Mutter aus einem beschaulichen Vorort befasst, die nebenbei in Manhattan einen Eskort-Service führte. Der Fall diente als Inspiration für den Fernsehfilm «Soccer Mom Madam».

Die Verfügung, die Richter Merchan gegen Donald Trump erlassen hat.

Die Verfügung, die Richter Merchan gegen Donald Trump erlassen hat.

Keystone

Oft mit Vorwürfen rund um Trump befasst

Seit den vergangenen zwei Jahren richtete sich der Lichtkegel der Medien besonders stark auf Merchans Richterbank. Da waren erst die Vorwürfe des Steuerbetrugs gegen Trumps Unternehmen und dessen langjährigen Finanzchef Allen Weisselberg. An den Verhandlungen, die 2022 zum Geständnis Weisselbergs führten, war der Richter massgeblich beteiligt. Der Ex-Finanzchef der Trump Organization bekannte sich schuldig, Aufzeichnungen des Unternehmens manipuliert zu haben, um seine Steuern illegal zu drücken. Er sagte vor Gericht als Zeuge der Anklage aus und erhielt im Gegenzug eine verringerte Haftstrafe von fünf Monaten.

Der Anwalt Nicholas Gravante, der Weisselberg damals vertrat, hielt Merchan zugute, «ein echter Zuhörer, gut vorbereitet und stets zugänglich zu sein». Und der Richter sei «ein Mann, der sein Wort hält.» Sowohl im Gerichtssaal als auch hinter verschlossenen Türen habe Merchan ihn und seine Kollegen mit äusserstem Respekt behandelt.

Später zog die Trump Organization vor Gericht. Das Unternehmen habe von Weisselbergs Machenschaften nicht profitiert, Trump und seine Familie hätten davon nichts gewusst, argumentierte sie. Doch eine Jury sprach die Organisation schuldig und Merchan verhängte eine Geldstrafe von 1,6 Millionen Dollar gegen das Unternehmen.

Kritik von Trump

Schon damals knöpfte sich Trump den Richter vor. Merchan habe seinen Ex-Finanzchef Weisselberg gegen dessen Willen zum Schuldbekenntnis genötigt, schimpfte er. Und im Fall um die Trump Organization sei Merchan «heimtückisch» vorgegangen.

Kritik an seiner Arbeit gehöre für einen Juristen wohl dazu, sagt Ex-Richterin Holmes. Doch müssten Richter sich auf den Gerichtssaal konzentrieren, nicht auf die öffentliche Meinung. «Du stehst nicht im Mittelpunkt. Der Beweis steht im Mittelpunkt.» (dpa/abi)