Umstrittene Überwachungspläne

Mit einer Gesetzesrevision will der Bundesrat die Strafverfolger für neue Herausforderungen im Internet rüsten. Gegner drohen bereits mit dem Referendum. Ab heute befasst sich die Rechtskommission des Nationalrats mit dem Geschäft.

Dominic Wirth
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Die Kompetenzen der Strafverfolger sollen im Internet künftig massiv ausgeweitet werden. (Bild: ap/Matthias Rietschel)

Die Kompetenzen der Strafverfolger sollen im Internet künftig massiv ausgeweitet werden. (Bild: ap/Matthias Rietschel)

Es ist noch nicht lange her, da spielte das Internet kaum eine Rolle im Schweizer Alltag. 1997, vor gerade einmal 17 Jahren, nutzten es laut Zahlen des Bundesamts für Statistik lediglich sieben Prozent der Bevölkerung regelmässig. Seither ist dieser Wert explodiert. Im Herbst 2013 gaben 81 Prozent der Bevölkerung über 14 Jahren an, regelmässig zu surfen. Gerade die Kommunikation wurde durch das Internet revolutioniert. Das stellt die Gesellschaft vor grosse Herausforderungen – und auch die Gesetzeshüter, weil die neuen Möglichkeiten unüberschaubar sind und die Überwachung dieses Raums schwierig ist.

Protest aus vielen Lagern

Im Februar 2013 reagierte der Bundesrat mit seinem Vorschlag zur Revision des Bundesgesetzes zur Überwachung des Post- und Fernmeldeverkehrs (Büpf) auf diese Entwicklung. Damit sollen die Möglichkeiten der Strafverfolger angepasst werden. So soll künftig etwa auch die Internet-Telefonie überwacht werden können. «Es müssen Instrumente zur Aufklärung von Straftaten, die unter Verwendung neuer Technologien begangen worden sind, bereitgestellt werden», schrieb der Bundesrat in seiner Botschaft. Lange wurde der Vorschlag kaum beachtet. Doch in den vergangenen Monaten regte sich zunehmend Widerstand gegen das Vorhaben – insbesondere, nachdem der Ständerat es im März ohne viel Widerspruch akzeptiert hatte. Der Protest kommt aus verschiedenen Lagern, Jungparteien von links bis rechts beteiligen sich, auch Vertreter der IT-Branche und Bürgerrechtsorganisationen. Ende Mai demonstrierten in Bern 400 Personen gegen das Büpf. Zuvor hatte etwa Fabian Molina, der Präsident der Jungsozialisten, in der «NZZ» von einem «neuen Schnüffelgesetz» gesprochen – und das Schweigen der Mutterpartei in der Sache als «merkwürdig» bezeichnet.

Es sind vor allem drei Punkte, mit denen sich die Gegner schwer tun. Der Bundesrat will die Mitwirkungspflicht erheblich ausweiten. Bisher waren nur die Anbieter von Fernmeldediensten, also zum Beispiel die Swisscom, davon betroffen. Neu sollen auch die Daten anderer Internet-Dienstleister – etwa von E-Mail-Providern, Chats und sogenannten Clouds – aufbewahrt werden. Ein weiterer Streitpunkt stellt die Vorratsdatenspeicherung dar. Bisher wurden die Randdaten während sechs Monaten aufbewahrt. Diese Daten geben unter anderem Auskunft darüber, wer wie lange mit wem kommuniziert hat – etwa per E-Mail, Telefon oder sonstigen Internet-Kommunikationsmitteln. Nun will der Bundesrat, dass sie während zwölf Monaten gespeichert werden. Gegner kritisieren diese Massnahme als «präventive Überwachung». Auf Unverständnis stösst auch das Vorhaben, künftig sogenannte Staatstrojaner zuzulassen. Mit diesen Programmen sollen Computer, Smartphones oder andere internetfähige Geräte ohne das Wissen des Nutzers ausspioniert werden. Für diese wie für alle anderen Überwachungsaktionen ist vorgängig ein richterlicher Beschluss aufgrund eines Verdachts notwendig. Der Bundesrat hält zudem fest, dass die Verwendung von Staatstrojanern nur bei bestimmten Straftaten in Frage komme.

Gegner wollen Abschwächung

Nachdem der Ständerat im vergangenen März nur wenig Widerstand leistete, wartet man bei den Gegnern nun gespannt auf die Debatte im Nationalrat, die wohl noch vor Ende Jahr stattfinden wird. Heute befasst sich die nationalrätliche Kommission für Rechtsfragen schon einmal mit dem Entwurf. Es wird erwartet, dass der Nationalrat dem Vorhaben kritischer begegnet als noch der Ständerat. Für alle Fälle drohen die Widersacher aber schon einmal mit dem Referendum, falls der Nationalrat das Büpf nicht noch in einigen kritischen Punkten abschwächt.