Linke schiessen Eigengoal

Ein bürgerliches Komitee gegen das Nachrichtendienstgesetz war geplant, zum Fliegen kam es allerdings nie. Daran ist nicht zuletzt die Linke schuld.

Roger Braun
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Das Nachrichtendienstgesetz ist in linken und bürgerlichen Kreisen umstritten: Die unheilige Allianz ist jedoch gescheitert. (Bild: ky/Gaëtan Bally)

Das Nachrichtendienstgesetz ist in linken und bürgerlichen Kreisen umstritten: Die unheilige Allianz ist jedoch gescheitert. (Bild: ky/Gaëtan Bally)

BERN. Eigentlich käme der Widerstand gegen das Nachrichtendienstgesetz nicht nur von links: Prominente SVP-Nationalräte wie Lukas Reimann oder Pirmin Schwander stimmten im Parlament gegen ihren Bundesrat Ueli Maurer, weil sie einen Überwachungsstaat fürchteten. Weitere enthielten sich oder nahmen nicht an der Abstimmung teil. Auch in der Wirtschaft rumorte es.

Die JSVP sowie die Jungfreisinnigen taten sich mit den Jungparteien von links zusammen, um das themenverwandte Bundesgesetz zur Überwachung des Post- und Fernmeldeverkehrs (Büpf) zu bekämpfen, das später zur Abstimmung gelangen sollte. Auch beim Referendum zum Nachrichtendienstgesetz half man verschiedentlich mit.

8000 Unterschriften gesammelt

Hinter den Kulissen machte man sich daran, ein bürgerliches Komitee gegen das Nachrichtendienstgesetz aufzustellen. «Wir waren auf gutem Weg», sagt Henrique Schneider, stellvertretender Direktor beim Gewerbeverband, der die bürgerlichen Anstrengungen als Privatperson koordinierte. Laut Schneider steuerten bürgerliche Kräfte rund 8000 Unterschriften zum Referendum bei.

Die Idee war es, das Büpf und das Nachrichtendienstgesetz gemeinsam zu bekämpfen. «Ja zur Freiheit – Nein zum NDG» und später «Ja zur Freiheit – Nein zum Büpf» sollte das Komitee heissen. Mit dabei sein sollten die bürgerlichen Jungparteien, kritische GLP-Parlamentarier, Nationalrat Lukas Reimann sowie die Operation Libero.

Molinas Fauxpas

Das erste Mal öffentlich in Erscheinung treten wollte man im Abstimmungskampf gegen das Nachrichtendienstgesetz – doch dann kam der 7. Juni. Es lief die Unterschriftensammlung gegen das Büpf. Noch einen Monat Zeit hatten die Gegner des Gesetzes, um die 5000 Unterschriften zusammenzubringen. Dann sagte der damalige Juso-Präsident Fabio Molina angesichts des durchzogenen Sammelstands: «Wer jetzt noch an das Gelingen des Referendums glaubt, glaubt wohl auch an den Samichlaus.» Die Bürgerlichen reagierten empört auf diese Äusserung: Für die meisten von ihnen stand der Kampf gegen das Büpf im Vordergrund, das Gesetz zum Nachrichtendienst kam erst an zweiter Stelle.

Anders bei der SP: Hier stand man vor allem dem Geheimdienst kritisch gegenüber. Die auf einer richterlichen Genehmigung beruhende Überwachung wurde als weniger gravierend gesehen – umso mehr, als die zuständige Bundesrätin Simonetta Sommaruga hiess.

«Als das Büpf-Referendum scheiterte, fiel unsere Gruppe auseinander», sagte Schneider. «Viele erachteten den Widerstand zum Nachrichtendienstgesetz für sinnlos, da die technischen Hilfsmittel für die Bespitzelung im Büpf angelegt sind.»

Andere seien auch verärgert gewesen über das Verhalten von Molina, da sie nach wie vor an das Zustandekommen des Referendums glaubten. «Molinas Worte waren komplett sinnfrei – ausser, er verfolgte das Interesse, das Referendum zu torpedieren», sagt Schneider. Dementsprechend klein sei die Motivation der Bürgerlichen gewesen, sich beim Nachrichtendienstgesetz zu engagieren.

Sommarugas langer Arm

Heute ist nicht mehr viel vom bürgerlichen Widerstand zu sehen. Die Jungparteien der FDP und der SVP haben inzwischen beide die Ja-Parole gefasst. Nationale Politiker wie Lukas Reimann verspüren wenig Lust, sich im Abstimmungskampf zu exponieren.

«Wir hatten einen Deal mit den Jungsozialisten – der wurde mit dem mutwillig herbeigeführten Scheitern des Büpf-Referendums verletzt», sagt Reimann. Für ihn ist das kein Zufall. Sommaruga habe ihren Einfluss innerhalb der SP geltend gemacht. «Und leider ist ihr Plan aufgegangen – mit dem Resultat, dass nicht nur das Büpf, sondern wohl auch das Nachrichtendienstgesetz angenommen wird.»