Update für die Strafverfolgung

Der Nationalrat will die Ermittler auf Augenhöhe mit jenen Kriminellen bringen, die neue Technologien nutzen. Kommunikationsdaten sollen deshalb länger aufbewahrt werden und Schnüffelsoftware erlaubt sein.

Christian Kamm/Bern
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Die Ermittler wollen mithören und -lesen, wenn Kriminelle übers Internet kommunizieren. (Bild: fotolia)

Die Ermittler wollen mithören und -lesen, wenn Kriminelle übers Internet kommunizieren. (Bild: fotolia)

Was macht der moderne Kriminelle, wenn er in der Schweiz mit seinen Komplizen kommunizieren, aber nicht erwischt werden will? Antwort: Er geht in die verschlüsselte Welt des Internets und dort zum Beispiel auf Skype. Im Wissen, dass ihm die Strafverfolger nicht folgen können. Das soll jetzt anders werden. Mit einer Änderung des Gesetzes zur Überwachung des Post- und Fernmeldeverkehrs (Büpf) wird der Einsatz von sogenannten «Staatstrojanern» neu geregelt. Staatstrojaner sind spezielle Programme, die in den Computer von überwachten Kriminellen eingeschleust werden und ihre Kommunikation entschlüsseln können.

Auch bei der «Vorratsdatenspeicherung» erhalten die Strafverfolger längere Spiesse. Statt wie bisher sechs Monate sollen Telekommunikations-Firmen die Randdaten ein Jahr lang aufbewahren, damit bei einer Strafverfolgung darauf zurückgegriffen werden kann. Randdaten geben nicht den Inhalt eines Gesprächs wieder, sondern wer wann wo und wie lange mit wem kommuniziert hat.

Rückweisung chancenlos

Nachdem die Vorlage im Ständerat praktisch unverändert durchgewinkt worden war, erwarteten Beobachter nun gestern im Nationalrat mehr Widerstand. Zumal ein Rückweisungsantrag des Zürcher Grünen Daniel Vischer an den Bundesrat auf dem Tisch lag. Auftrag: Ganz auf die Vorratsdatenspeicherung zu verzichten und den Einsatz von Staatstrojanern auf schwere Gewaltverbrechen zu beschränken. Der Antrag war dann allerdings mit 50 Ja gegen 128 Nein chancenlos.

«Jeder Bürger unter Verdacht»

Die vorangegangene Debatte verlief hoch emotional – wie es zu erwarten war, wenn sich der Schutz der Privatsphäre und das öffentliche Interesse an einer wirksamen Kriminalitätsbekämpfung ins Gehege kommen.

Für die Befürworter der Rückweisung geht die Schweiz mit der Vorratsdatenspeicherung, und erst recht mit ihrer Verlängerung auf zwölf Monate, ebenfalls zu weit. Schon das Denken dahinter widerspreche dem liberalen Staat: «Die Sammlung dieser Daten ist bereits ein Verstoss gegen die persönliche Freiheit», kritisierte Susanne Leutenegger-Oberholzer (SP/BL), «weil sie nicht auf Verdacht hin erfolgt.» Mit der Randdatenspeicherung werde jeder Bürger einem «potenziellen Straftatverdacht» unterstellt, argumentierte Vischer. Lukas Reimann (SVP/SG) sah nicht nur ein «negatives Menschenbild» am Werk, sondern beklagte ein «unschweizerisches Misstrauen» gegenüber den Bürgern.

Nur bei schweren Straftaten

Es gehe hier nicht um das Ausschnüffeln unbescholtener Bürger, sondern einzig um schwere Straftaten, argumentierten die Befürworter. Und zählten die Kriterien auf, damit die Strafverfolger die neuen Instrumente tatsächlich nutzen dürfen: So müssen ein Strafverfahren, ein dringender Tatverdacht und ein schweres Vergehen vorliegen, und die Abfrage von Randdaten muss richterlich genehmigt sein. «Es besteht keine Gefahr, dass Unbescholtene überwacht werden», sagte Daniel Jositsch (SP/ZH). «Wir reden hier von potenziellen Jihadisten, Terroristen und Pädokriminellen», betonte Bundesrätin Simonetta Sommaruga.

In der Detailberatung schrieb der Nationalrat bei der Vorratsdatenspeicherung dann zwei Änderungen gegenüber der Version des Ständerats ins Gesetz. Anders als die kleine Kammer will der Nationalrat die Aufbewahrungsfrist für Randdaten im Postverkehr auch auf zwölf Monate erhöhen. Und die Telekommunikationsanbieter sollen die Daten in der Schweiz speichern müssen.