Im St.Galler Projektionsraum Nextex zeigen fünf finnische Künstlerinnen eine Installation. Als Kollektiv auftretend, mischen sie sich in ihrer Heimat gerne auch in die politische Diskussion.
«Sie beschäftigen sich mit verborgenen Variablen, objektivem Indeterminismus, reisen mit Aufnahmen der ESA-Mission Gaia in unerforschte Räume, finden durch Klassifizierung von Phänomenen manifestierte Visionen.» Wie bitte? Worte, die aus der Eiseskälte kommen, oder einfach eine nicht gerade publikumsfreundliche, etwas verunglückte finnische Übersetzung für etwas, das man auch anders, verständlicher formulieren könnte. Hinter den kryptischen Einführungsworten für die aktuelle Ausstellung «Nordsicht» verbergen sich sechs Frauen aus Finnland. Birgit Widmer, selber mit familiärer Verbindung zum Land, hatte sie im Rahmen des Nordklang-Festivals nach St Gallen eingeladen.
Erleichterung dann beim Eintreten in den Ausstellungsraum im ehemaligen italienischen Konsulat, wo Nextex bereits wieder vor dem nächsten Zügeltermin steht. Die Weiber aus dem hohen Norden mit dem zungenbrecherischen Kollektivnamen «Taiteilijakollektiivi Kunst» sind lustig und erzählen frisch drauflos. Sie, alle in unterschiedlichen künstlerischen Disziplinen tätig, arbeiten nicht immer, aber gerne oft zusammen. Erdenken sich Aktionen wie die vom gemeinsamen Strassenfegen in der Innenstadt der Hauptstadt. Sie taten es in weissen Schutzanzügen und Atemschutzmasken. Ein symbolischer Akt des Widerstandes gegen das aufkeimende rechtspopulistische Gedankengut – nicht zuletzt seit der 2015 erfolgten Ernennung des neuen Aussenministers, eines erklärten EU-Kritikers und Chefs der rechtsnationalen Finnenpartei. In St.Gallen zeigt das Kollektiv, das für sich beansprucht, mit seinen experimentellen Aktivitäten «die Gesellschaft zu beeinflussen und eine Veränderung im Denken zu generieren» eine Installation. Auf fünf Säulen stehen sie, die Relikte einer Kommunikationsform aus scheinbar grauer Vorzeit.
Fünf schöne, alte, schwarze Telefonapparate stehen auf fünf weissen Säulen. Wie Ausstellungsstücke. Wie die Referenz an die Nostalgie. Wie die Erinnerung an eine entschleunigte Zeit, an die Abwesenheit konstanter Berieselung. Mild klingelt es da und dort, und man ist eingeladen, die Hörer abzuheben und zu lauschen. Was zu hören ist, lässt schmunzeln. Es ist die fünffach thematisierte, künstlerisch übersetzte Frage nach der Art des Mitteilens und Zuhörens im Zeitalter des Tastendrückens für fast jede Betätigung und Auskunft.
Die in Zürich lebende Riika Tauriainen beschäftigt sich in ihrer 13-minütigen Videoarbeit mit der Frage nach der Bedeutung von Zeit und deren Dehnbarkeit im Universum.
Eine herrliche Ansicht der Milchstrasse – es handelt sich um eine Aufnahme der ESA-Mission Gaia – kombiniert sie mit einer Textcollage von Physikerinnen und Science-Fiction-Autorinnen zu Materie und Raum und dem Umgang der Wissenschaft mit Forschungsergebnissen. Ausserhalb der aktuellen Ausstellung zeigt die Zürcher ZHdK-Studentin Sonja Berta ihren Kurzfilm «Repetra». Eine fantastisch aufgemischte Märchenwelt mit knalligen Bildern in der Überschneidung von Cyberspace und Gruselfilm.
Bis 22.3., Nextex, Frongartenstrasse, St.Gallen; 8. März, 19 Uhr: Auf der Jagd nach Nordlichtern: Christoph Siegrist (Metereologe SRF) erzählt vom Phänomen und seinen Mythen.