Ironie im Grossformat

Das Künstlerduo Bildstein/Glatz verwandelt die Kunsthalle Arbon für ihre Ausstellung «Surfin' Safari» in einen Merchandising-Shop und überrascht mit gigantischer Malerei. Heute wird ihre Grossplastik am See eingeweiht.

Florian Weiland
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Surfkultur in der Kunsthalle Arbon: Philippe Glatz (rechts) und Matthias Bildstein am «Strand» zu ihrer Ausstellung «Surfin' Safari». (Bild: Donato Caspari)

Surfkultur in der Kunsthalle Arbon: Philippe Glatz (rechts) und Matthias Bildstein am «Strand» zu ihrer Ausstellung «Surfin' Safari». (Bild: Donato Caspari)

ARBON. «Die Schönheit wahrer Helden kommt von innen, sie ist unauslöschlich. Doch auch Unsterblichkeit will gepflegt sein. Dafür hat Fizz eine beispiellose Pflegeserie für Abenteurer geschaffen.» Erhältlich sind die so angepriesenen Artikel in der Kunsthalle Arbon. Wer sie betritt, steht mitten in einer Art Shop. T-Shirts sind im Angebot, Duschgel und Sonnenbrillen. Die Produktpalette der Kultmarken «Fizz» und «BAZZ». Label, die kantig, knackig und kryptisch klingen – und natürlich reine Erfindung sind. Dahinter steckt das schweizerisch-österreichische Künstlerduo Bildstein/Glatz, die nicht nur die einprägsamen Werbeslogans und Logos designt haben, sondern gleich eine Firmengeschichte mitliefern. So berichtet eine fingierte Pressemeldung in der Kunsthalle von Schwierigkeiten des Traditionsunternehmens BAZZ, dem der Frankenschock und ein Prozess in den USA arg zugesetzt haben. Ein Scherz also, aber einer, den man käuflich erwerben kann. Spottet das Künstlerduo über die Kommerzialisierung der Kunst oder wird Kunst hier endgültig als Ware definiert?

Trügerische Romantik

Die Ausstellung teilt die Halle in drei Themenbereiche. Geschickt spielt das Künstlerduo mit dem riesigen Raum. Gewaltige Leinwände, die selbst für die grosse Halle zu gross sind, so dass sie nur schräg aufgestellt werden können und dennoch wie eingeklemmt wirken, fungieren als Trennwände. Verlässt man den Shop mit seinen Surf-Merchandising-Artikeln, gelangt man zu einer Insel. Surfbretter und Liegestühle. Gekühltes Bier, Schwimmreifen und bunte Shorts, die an einer Wäscheleine trocknen. Der Traum von der Südsee? Doch statt Palmen und Sandstrand warten Kies und Steine. Die Lagerfeuerromantik stösst auf die harte Wirklichkeit.

Und das Meer? Es wird nur angedeutet. Bunt bemalte Sperrholzbruchstücke, die Wellen oder Segelbooten gleichen, sind um das vorgetäuschte Idyll gruppiert. Es handelt sich um die Überreste einer Velobahn, die das Künstlerduo für eine Ausstellung im Palais Liechtenstein in Feldkirch gebaut hatte. Kunst-Recycling der besonderen Art. Die Reifenspuren der Velos sind noch gut zu erkennen.

Bildsprache der Surfszene

Der 1979 in St. Gallen geborene Philippe Glatz und der Vorarlberger Matthias Bildstein (Jahrgang 1978) arbeiten seit 2003 zusammen. Seitdem haben sie mit absurd-hintersinnigen Aktionen und Projekten Aufsehen erregt. Sie luden Ausstellungsbesucher ein, Velorennen zu fahren, und liessen ein Raketenauto über Rampen springen. Bildstein/Glatz lassen sich oft und gerne von Fun- und Extremsportarten inspirieren und übernehmen deren Ästhetik. Die Bildsprache der Surferszene gibt das Thema für die Ausstellung in Arbon vor. Am Bodenseeufer, in unmittelbarer Nähe zur Kunsthalle, ist zudem die fast 22 Meter lange rampenartige Grossplastik «Step» zu sehen. Eine Rampe, die ins Nichts führt, oder ein Kunstwerk, das den Skulpturbegriff geistreich hinterfragt?

Zum Gigantismus neigend

Wer in der Kunsthalle die Insel hinter sich lässt, dem öffnet sich ein grosser, nahezu leerer Raum, der dem klassischen Medium der Malerei gewidmet ist. Ein unerwartetes Kontrastprogramm zu den beiden installativen Arbeiten. Die Bilder gleichen Graffiti und sind vor allem eines: gross, um nicht zu sagen: sie neigen zum Gigantismus. Abstrakte, sehr plakative Motive, mal wild expressiv, dann von streng geometrischen Rastern gezähmt. Der kunstgeschichtlich Versierte wird manches Vorbild erkennen. Die grösste Leinwand misst beeindruckende 12 x 7 Meter. Das Licht, das in die Kunsthalle fällt, gibt einen hübschen Effekt, denn das Bildmotiv scheint auf der Rückseite durch. Wie ernst meinen Bildstein/Glatz ihre malerischen Ambitionen? Bekennen sie sich zur Malerei, oder ironisieren und parodieren sie auch hier? Eine Frage, die offen bleibt.

Fr, 1.5., 17 Uhr, Cycling to the Beach, Treffpunkt Kunstmuseum St. Gallen; 18 Uhr, Eröffnung «Step», Seeparkareal, ab 21 Uhr Beachparty Ausstellung bis 17. Mai, Kunsthalle Arbon; geöffnet Fr 17–19 Uhr; Sa und So 13–17 Uhr