Wer will das nicht: Das Optimum aus sich herausholen? Die Kabarettistin Anet Corti versucht es in ihrem neuen Programm «Optimum», und zwar grandios-kurios. Am Mittwoch war die Premiere im Casinotheater Winterthur.
Gegen Ende, da wird es fast ein wenig romantisch. Takashi.01 hat die Stromversorgung lahmgelegt, die Bühne liegt im Dunkeln. Anet Corti wühlt im Pult, findet eine Kerze – und ihre Glöckchen aus Kinderzeiten. Damit verzaubert sie für einen Moment das Premierenpublikum im Casinotheater Winterthur. Bis Takashi.01 wieder freundlich blinkt und Anet einen letzten Versuch unternimmt, ihren Followern zu entgehen. Das Resultat ist ein veritabler, heftiger Shitstorm.
Von Takashi.01 einmal abgesehen, der ein etwas unförmiger, aber durchaus williger Roboter ist, besetzt Anet Corti alle Rollen. Sie spielt sich selbst, weiter ihre immer wieder anrufende Freundin Flurina, die superschnelle Postbotin Dodo mit dem vielsagenden Übernamen «Big Data», die supermuntere Internet-Queen Delia Denzler und andere mehr. Als Betty Böhni taucht sie in einem YouTube-Filmchen auf, als Designerin Jenny Jive stellt sie das neueste Modell des Mannes vor: iMan 0815S kann alles, sogar Hemden bügeln, ist pflegeleicht und in zwei Grössen erhältlich. Kommt ein Nachfolgemodell auf den Markt, dann kann man ihn locker umtauschen.
So funktioniert die neue Welt: Entweder wir tauschen um, oder wir werden umgetauscht. Anet fühlt sich dem nicht wirklich gewachsen. Sie kommt schon mit dem Theaterstück nicht vom Fleck, das sie eigentlich schreiben wollte. Lieber räumt sie unter den Post-it-Zetteln auf, surft im Internet und kauft dabei, was ihr Herz nicht begehrt.
Flurina sitzt ihr ziemlich hart im Nacken, obwohl die mit sich selber genug zu tun hätte. Flurina ist die geborene Selbst-Optimiererin. Mit aller Kraft und notfalls unter rätoromanisch anmutendem Gefluche strebt sie nach dem, was Anet Cortis Programm im Titel verspricht: dem «Optimum». Leicht gerät Flurina aus der Fassung. Etwa wenn diese steinreich-spindeldürre Russenschnepfe mit ihrem Russenkind ihr den Platz vor dem Kindergarten für die Elite von morgen streitig macht, wo ihr vierjähriger Gian Curdin sich auf eine Karriere vorbereitet. Sie hofft, dass er schon bald von der Gruppe «Einstein» in die Gruppe «Cern» aufsteigen kann. Und weil man als Gian Curdin nirgendwo hin kommt, heisst der Kleine neuerdings Dotcom.
Anet ist hilflos, Flurina blöd, Big Data überwacht alle, auch das Publikum, das sich immer wieder ausschüttet vor Lachen angesichts Anet Cortis Fähigkeit, Alltägliches auf die satirische Spitze zu treiben. Eine Art Durchhaltetraining ist der Abend auch, denn sie pendelt unablässig zwischen ihren unterschiedlichen Rollen. Regie haben Fabienne Hadorn und Dominique Müller geführt, als Co-Autor taucht André Küttel auf.
Dass diese neuen Zeiten zum Lachen sind, das wird den Zuschauern rasch klar. Als eine Art Katalysator rollt Takashi.01 auf die Bühne, Anet hat ihn für 7750 Franken im Internet erstanden. Takashi ist enorm willig, aber noch nicht so richtig programmiert. Statt eines Tässchens Espresso druckt sein 3D-Drucker Spaghetti aus. Hauptsache italienisch.
Anet Corti tritt mit «Optimum» noch heute und morgen am Casinotheater Winterthur auf.