Alexandre Pelichet hat vor fünf Jahren den Schritt in die freie Schauspielerei gewagt und nie bereut. Aufträge hat er genügend und realisiert eigene Projekte. Wie «Das Leben ist gut» nach dem Roman von Alex Capus, das ab Mittwoch in der Kellerbühne zu sehen ist.
Mirjam Bächtold
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Mit Alexandre Pelichet einen Termin zu vereinbaren ist gar nicht so einfach. Er ist auf mehrere Wochen hinaus verplant, probt für zwei Projekte parallel und plant schon ein neues. Für ihn funktioniert die freie Schauspielerei gut. Selbstverständlich ist das nicht, so viele Anfragen und Aufträge zu erhalten. «Ich habe Glück, dass es so gut läuft», sagt Pelichet. Natürlich müsse er immer am Ball bleiben, immer darum bemüht sein, dass wieder etwas Neues kommt, noch bevor ein Projekt abgeschlossen ist. Doch mit dem Theater Rigiblick in Zürich und der Kellerbühne St. Gallen hat er zwei «treue Arbeitgeber» gefunden. «Seit meiner Selbstständigkeit wurde ich jedes Jahr wieder für Produktionen engagiert.» Er weiss aber auch, dass sich dies schnell ändern kann. «Engagements sind immer von Personen abhängig. Falls der Direktor wechseln würde, sind Aufträge nicht garantiert.»
Alexandre Pelichet spielt auf vielen Bühnen in der Ostschweiz, im Raum Zürich und auch im Ausland. Im Stadttheater Bozen kann er immer wieder auftreten, das Schweizer Fernsehen bucht ihn regelmässig als Sprecher und bei den Schlossfestspielen Hagenwil wurde er schon mehrfach von Florian Rexer engagiert.
Ab Mittwoch ist er im Ein-Mann-Stück «Das Leben ist gut» nach dem Roman von Alex Capus in der Kellerbühne zu sehen. Uraufgeführt wurde es im Sogar-Theater in Zürich, das bekannt ist für literarische Stücke. Dieses Projekt hat Alexandre Pelichet gemeinsam mit der Regisseurin Katja Langenbach erarbeitet, in Coproduktion mit Peter Brunner, Leiter des Sogar-Theaters. Zur Auswahl standen verschiedene Romanadaptionen. «Klar war, es musste ein Monolog sein, da ich es alleine machen wollte», sagt Pelichet. Peter Brunner schlug Capus’ Roman vor. «Wir fanden den Text grossartig und er passte gut ins Sogar-Theater, das früher einmal eine Kantine war», sagt Pelichet. Dass ein Roman eines Schweizer Bestsellerautors gewählt wurde, habe sicher bei der Finanzierung geholfen, sagt Pelichet. Die Kantone Zürich, St. Gallen und Appenzell Ausserrhoden sprachen Beiträge für das Projekt. In der Schweiz sind diese Beiträge grosszügiger als in Deutschland. Dort könne man von der freien Schauspielerei kaum leben, sagt Pelichet, der unter anderem in Hamburg Schauspiel studiert und eine Zeit lang in Berlin gelebt hat.
In «Das Leben ist gut» spielt Alexandre Pelichet den Barbesitzer Max, der in einer Kleinstadt lebt, in der er schon aufgewachsen ist. Er hat sie nie verlassen und hat auch nicht das Bedürfnis, das zu tun. Doch die Welt kommt zu ihm in der Form von Stammgästen seiner Bar, die ihm Geschichten erzählen, bis hin zu einem Cowboy aus den Everglades. Alexandre Pelichet schlüpft in alle Rollen, wechselt auf der Bühne überzeugend vom einen Charakter in den nächsten. «Während andere ihr Glück in der Ferne suchen, erfreut sich der Barbesitzer Max an der Reichhaltigkeit seines Mikrokosmos. Diese einfache, warme Stimmung, dieses Geerdetsein finde ich grossartig», sagt Pelichet. Den gebürtigen Zürcher zieht es auch nicht weg aus der Ostschweiz. «Meine Familie und ich fühlen uns in St. Gallen wohl und wir haben eine tolle Nachbarschaft.»
Reich wird man mit der Schauspielerei nicht. ACT, der Berufsverband der freien Theaterschaffenden, empfiehlt als Abendgage 500 Franken bei einmaligen Aufführungen und 400 Franken bei mehrmaligen Aufführungen, sowie eine Pauschale von 1250 Franken pro Woche für die Probenphase. Das Theater Rigiblick und die Kellerbühne zahlen freiwillig einen Beitrag an die 2. Säule, was nicht selbstverständlich ist. «Für mich allein würde der Lohn als freier Schauspieler reichen», sagt der 50-Jährige. Doch für eine Familie mit zwei Kindern würde es knapp. «Zum Glück hat meine Frau ein fixes Einkommen und hält mir auch sonst den Rücken frei, damit ich abends auftreten kann.»
Als freier Schauspieler gibt es auch Phasen, in denen weniger Geld hereinkommt. Die Planungsphase, die Sponsorensuche, die Projektierung für die Geldgeber, all das ist Arbeit, für die es erst mal keinen Lohn gibt. Erst die Proben und die Aufführungen werden bezahlt. «Auf der Bühne kann ich die ‹Ernte› einfahren, den Lohn für die grosse Arbeit, die im Vorfeld angefallen ist.»
• Kellerbühne St. Gallen: Mittwoch, 22.11., Freitag, 24.11., Samstag, 25.11., jeweils 20 Uhr; • Alte Stuhlfabrik Herisau: Samstag, 2.12., 20 Uhr