Sonne, Wind, offene Sinne

Irè Irène Bourquin: Schaukelnd im grünen Atem des Meeres. Gedichte, Waldgut 2016, 62 S., Fr. 33.90

Brigitte Schmid-Gugler
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Bild: Brigitte Schmid-Gugler

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Irè

Irène Bourquin:

Schaukelnd im grünen Atem des Meeres. Gedichte, Waldgut 2016, 62 S., Fr. 33.90

Er riecht noch nach der Druckfarbe der Handpresse, der Umschlag. Vom unteren Rand mündet das Grün in ein Blaugrün, ins darüberliegende Blau stösst in wolkigen Schwingungen ein leuchtendes Gelb. Alle vier Farben laufen noch knapp über dem Falz weiter, auf die Innenseite, zu den «gewellten Sonnendächern der Bars». Irène Bourquin beginnt ihre lyrische Reise in Cadaqués, einem Dorf in Katalonien. Die 1950 geborene Dichterin nimmt uns mit an Orte ihrer (und unserer) Sehnsucht und mit dem Titel «Treppengassen/ von Katzen begangen» auch zu anderen Düften. Vertraut mit – und vertrauend auf die geschärften Sinnen an einem fremden Platz auf der Welt, glimmt bei Bourquin in Auenwäldern der Ginster, tragen die Berge Silbersaum; meisselt die Zikade ein Loch in die Nacht.

G

Gudrun Orlet:

Die Verlorenheit ist noch grün

Gedichte, Offizin 2016, 117 S., Fr. 26.90

Banales und Ergiebiges

Gudrun Orlets Gedichtband beginnt mit einem Prolog. Dann folgen fünf Szenen, die mit einem Epilog abgeschlossen werden. Das Nachwort ist auch das Vorwort, erweitert durch einen Satz, als ob der letzte Buchstabe wie ein Bindfaden um das Buch geschlungen mit dem Anfang anbandeln sollte. Die Szenen dazwischen hat sie destilliert zu Minidramen. Die deutsche Autorin mit Jahrgang 1966, sie lebt seit zehn Jahren in der Schweiz, kreist um Zeit und Endlichkeit, greift hier Banales, Lustiges und dort Existenzielles auf – angelehnt wohl nicht selten an die von ihr publizierten Sachbücher zum Thema Sterben. Nadelstiche allenthalben in die (Schein-)Welt seichter Anteilnahme.

Bild: Brigitte Schmid-Gugler

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