Kommentar
Psychologie von Bundesrats-Kandidaten: Wenn Karin Keller-Sutter & Co. plötzlich keine «unpolitischen» Fragen mehr beantworten

Jeweils vor den Bundesratswahlen ist bei manchen Kandidatinnen und Kandidaten eine plötzliche, aber nicht immer nachvollziehbare Selbstzensur festzustellen.

Pascal Hollenstein
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Pascal Hollenstein.

Pascal Hollenstein.

Es gibt in der eidgenössischen Politik die sogenannte prämagistrale Verpuppung. Das Phänomen ereignet sich jeweils vor Bundesratswahlen. Kandidatinnen und Kandidaten, die bisher mit Auskünften zu ihrem Leben und ihren Ansichten nicht gegeizt haben, mögen plötzlich nur noch in fein ziselierten Sätzen über die hohe Politik sprechen.

Zu besichtigen war das Phänomen am Freitag in dieser Zeitung: Die FDP-Prätendenten ­Karin Keller-Sutter, Christian Amsler und Hans Wicki weigerten sich koordiniert, Fragen zu ihren politischen Vorbildern oder dazu, was sie an der Schweiz ­ärgere, zu beantworten. Die Fragen seien «zu unpolitisch».

Inwiefern ein politisches ­Vorbild für einen Politiker «zu unpolitisch» sein kann, entzieht sich unserem geistigen Horizont. Wir stellen indes fest, dass die Kandidaten auch schon frei­mü­tiger Auskunft gegeben haben. ­Karin Keller-Sutter in der «Schweizer Illustrierten» etwa jüngst zu ihrem Hund Picceli oder zu den Umständen des ­Zusammenkommens mit ihrem Gatten. Christian Amsler wieder­um verkündete andernorts, der Handstand sei seine Lieblings­tätigkeit in der Jugendriege gewesen – Themen, die vor kurzem offenkundig politisch genug waren.

Auf die «prämagistrale Verpuppung» indes folgt schon bald der Schlupf eines frisch gewählten Bundesratsschmetterlings. Womöglich hat das eiserne Schweigen dann ein Ende. Das ist nicht ohne Risiko. Wir hoffen jedenfalls, dass wir dieses Mal nichts über magistrale Sofas erfahren müssen.