Wenn harte Regeln nichts nützen

Nach dem Beinahe-Kollaps der UBS schrillten die Alarmglocken. Nie mehr sollte eine Bank in der Schweiz vom Staat gerettet werden. Bundesrat, Finma und Nationalbank legten ein erdbebensicheres regulatorisches Fundament aus, das die Grossbanken resistent gegen Schocks machen sollte. Weltweit griffen die Regulatoren bei grossen Banken durch und haben die Schrauben im Investmentbanking angezogen. In Europa etwas härter als in den USA. Aber auch dort wird versucht, das Übel an der Wurzel zu packen. Mit einjähriger Verspätung wird 2015 die Zockerei im Eigenhandel verboten.

Beat Schmid
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Sechs Jahre nach Ausbruch der Finanzkrise lässt sich beruhigt feststellen, dass die grossen Investmentbanken sicherer geworden sind. Doch sind damit alle potenziellen Problemherde aus der Welt geschafft? Erhebliche Zweifel sind angebracht. Neue Gefahren sind bereits am Horizont erkennbar – Gefahren, die ausserhalb der streng regulierten Bilanzen der Grossbanken liegen.
Der britische «Economist» widmete letzte Woche dem Vermögensverwalter Blackrock eine Titelgeschichte. Der US-Konzern verwaltet insgesamt 4,1 Billionen Dollar. Er ist damit der weltweit grösste Halter von Vermögenswerten. Zum Vergleich: Die UBS verwaltet 1,7 Billionen oder 1700 Milliarden Dollar Kundengelder, bei der CS sind es rund 850 Milliarden Dollar. Der rasante Aufstieg des Giganten, der seine Schweizer Büros direkt vis-à-vis dem UBS-Hauptsitz an der Bahnhofstrasse aufgeschlagen hat, macht skeptisch. «Ist seine Dominanz ein Problem?», fragte das britische Blatt.
Auf den ersten Blick scheint Blackrock keinen Einfluss auf die weltweite Finanzstabilität zu haben. Denn die Gesellschaft verschuldet sich selbst nicht, sondern hält die Aktiven der Kunden in Depots. Wenn es also zu Marktverwerfungen kommt, geht nicht Blackrock Pleite, sondern die Kunden. Manche sind sogar der Ansicht, dass ein so bedeutender, nicht gehebelter Investor stabilisierend auf die Finanzmärkte einwirken kann.
Doch diese Sicherheit könnte trügerisch sein. Ein Ausfall des weltumspannenden Blackrock-Systems könnte unberechenbare Folgen für die Weltwirtschaft haben. Ein simpler Softwarefehler könnte auf einen Schlag Vermögenswerte im Umfang ganzer Volkswirtschaften vernichten. Trotz dieser ungeheuren Sprengkraft ist das Unternehmen bisher kaum auf dem Radar der Finanzmarktregulatoren aufgetaucht.
Blackrock ist nur ein Beispiel unter vielen. Es zeigt, dass Finanzmarktregulatoren ein schlechtes Sensorium besitzen, um potenzielle, neue Gefahren zu erkennen. Die aktuell implementierten Regeln – und seien sie noch so hart – sind nur so gut, um zu verhindern, dass die letzte Finanzkrise ein zweites Mal ausbrechen kann. Doch das geschieht nur selten. Alles deutet darauf hin, dass sie auch die nächste Krise nicht sehen werden.
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