Die Zahl der Einbürgerungsgesuche ist dieses Jahr gesunken, wie neue Zahlen zeigen. Der rote Pass sei für viele in der Schweiz lebende Ausländer nicht das höchste aller Ziele, schreibt Bundeshausredaktor Tobias Bär in seinem Kommentar.
Um bis zu 30 Prozent ist die Zahl der Einbürgerungsgesuche im laufenden Jahr gesunken. Die Behörden sprechen von einer «Normalisierung». Dies, nachdem im Vorjahr wegen einer anstehenden Gesetzesverschärfung überdurchschnittlich viele Gesuche eingegangen waren. Allerdings interessierte sich selbst im Ausnahmejahr 2017 nur eine Minderheit der Ausländer für den roten Pass: Fast eine Million erfüllte zumindest die Wohnsitzerfordernisse des Bundes, aber nur etwa 45000 Personen liessen sich einbürgern. Schon bisher sahen also viele Ausländer davon ab, sich dem Einbürgerungsverfahren zu stellen. Ein Verfahren, das nicht nur kostspielig, sondern auch ziemlich willkürlich sein kann, wie der Fall Funda Yilmaz zeigte: Trotz perfektem Schweizerdeutsch und einem tadellosen Staatskundetest verweigerte ihr die Gemeinde Buchs AG im ersten Anlauf das Schweizer Bürgerrecht.
Seit Anfang Jahr müssen einbürgerungswillige Personen zusätzliche Anforderungen erfüllen. Insbesondere die Integrationskriterien wurden verschärft. Von der «Masseneinbürgerung», vor der die Rechte beständig warnt, ist die Schweiz mit den neuen Hürden noch weiter entfernt als zuvor. Zumal die Ausländer der dritten Generation wenig Interesse an der erleichterten Einbürgerung zeigen, die ihnen seit diesem Jahr offen steht: Weniger als 1000 Gesuche sind bislang beim Bund eingetroffen. Auch die «Terzos» wägen ganz rational ab, ob das Bürgerrecht und die damit verbundene politische Mitsprache den Aufwand rechtfertigen, der auch beim erleichterten Verfahren beträchtlich ist. Viele beantworten diese Frage mit Nein. Der rote Pass ist für viele der in der Schweiz lebenden Ausländer nicht das höchste aller Ziele.