Startseite
Meinung
Kommentare
Die Strategie der Stadt Bern war richtig, die Situation nicht sofort eskalieren zu lassen. Doch nach mehrfachem guten Zureden sind die pädagogischen Mittel ausgereizt: Der Bundesplatz muss geräumt werden.
Zweimal hat die linke Regierung der Stadt Bern den Klimademonstrierenden auf dem Bundesplatz ein Ultimatum gestellt. Zweimal sind die Behörden den Veranstaltern entgegengekommen, obwohl sich diese um jegliche Einhaltung von Spielregeln foutierten.
Zweimal haben die Demonstrierenden den Regierenden die Zunge herausgestreckt. Wir sind immer noch hier und wir lassen uns nicht vertreiben. Idealismus paart sich mit jugendlichem Übermut und latentem Hang zum Abenteuer. Alles erklärbar. Tolerierbar aber ist das nicht mehr.
Die Berner Stadtregierung muss den Bundesplatz in den nächsten Stunden räumen lassen, will sie nicht jegliche Glaubwürdigkeit verspielen. Was sind Demoverbote in Bern künftig noch wert, wenn sie nicht durchgesetzt werden?
Zugegeben: Es wäre für die rot-grüne Mehrheit in der Stadt Bern einfacher, stünden ein paar grölende Skinheads auf dem Bundesplatz statt dieser harmlosen Klima-Bande.
Im November sind städtische Wahlen und das urban-ökologische Publikum sympathisiert offen mit den Klimabewegten. Verständlich, will da kaum ein Politiker ins Fettnäpfchen treten.
Bloss: Sympathien dürfen in rechtsstaatlichen Fragen nicht die Richtschnur behördlichen Handelns sein. Die Rechtslage ist eindeutig. Und wo die Rechtslage eindeutig ist, muss eine demokratische Institution dieser Nachachtung verschaffen, weil Rechte nun mal für alle gelten – auch für die eigene Klientel. Demonstrationen auf dem Bundesplatz sind während Sessionen grundsätzlich verboten. Ausnahmen sind zwar möglich. Doch um diese Ausnahme haben sich die Klimaaktivisten nie bemüht.
Das Argument, es herrsche ein Klimanotstand, auf welchen man aufmerksam machen müsse, ist absurd. Mit diesem Argument könnten auch Pflegende oder Lokomotivführer oder Skiliftbetreiber in den Voralpen ein Zeltlager vor dem Parlamentsgebäude errichten und auf ihre prekäre Situation aufmerksam machen. Der Zweck heiligt die Mittel in einer Demokratie eben gerade nicht. Zumal wir in der Schweiz zahlreiche Möglichkeiten haben, den Lauf der Dinge politisch zu beeinflussen.
Wir sind nicht in Minsk, wo Tausende zu Recht gegen ein autoritäres Regime aufbegehren und ziviler Ungehorsam Teil einer demokratischen Kampagne ist.
Wir leben in einem basisdemokratisch organisierten Land, das auf viele Minderheiten Rücksicht nimmt und diesen zahlreiche Vetorechte einräumt.
Es hat deshalb etwas Verstörendes, wie linke und grüne Politikerinnen und Politiker die illegale Aktion schön reden. Nur weil die Klimaaktivisten gewiss ein hehres Anliegen vertreten, haben sie nicht das Recht, geltende Gesetze zu missachten und mit ihrer Party den Parlamentsbetrieb zu stören.
In anderen Staaten ist das Parlamentsgebäude während Sessionen weiträumig abgesperrt. In der Schweiz darf man auf den Bänkli auf der Bundesterrasse in Wurfdistanz zum Parlament Zmittag essen oder auf dem Bundesplatz einen Schwatz abhalten. Wunderbar. Doch diese Grosszügigkeit hat Grenzen, die im Interesse aller nicht überschritten werden sollten.
Doch darum geht es den Klimaaktivisten und ihren politischen Wasserträgern nicht. Revolutionsromantik vernebelt die Sinne vieler Politiker. Hauptsache, man lässt sich von diesem Staat nichts vorschreiben.
Lanciert eine Klimainitiative, liebe Klimabewegte. Netto null CO2-Emissionen bis 2030. Das Volk kann dann darüber entscheiden, ob es derlei radikale Ideen mitträgt. Die Besetzung des Bundesplatzes aber ist inakzeptabel.