Gut gemacht, Bundesrat: Augenmass statt Alarmismus in der Coronakrise

Zwischen erneutem Lockdown und Nichtstun entscheidet sich die Landesregierung für den pragmatischen Mittelweg. Sie behält damit in einer zunehmend aufgeheizten Situation den Überblick.

Stefan Schmid
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Stefan Schmid, Chefredaktor.

Stefan Schmid, Chefredaktor.

Bild: Hanspeter Schiess

Es sind harte Massnahmen, Entscheide, die vielen Menschen im Land weh tun. Theater, Kinos, Konzerte: weitgehend abgesagt. Fussball- und Eishockeyspiele: faktisch ohne Publikum. Clubs und Tanzlokale: geschlossen. Die Beizen müssen um 23 Uhr zumachen. Die Maskenpflicht wird ausgedehnt.

Das sind alles einschneidende, leider aber unausweichliche Eingriffe in unsere persönliche Freiheit und in das Wirtschaftsleben.

Eingriffe, die erneut wirtschaftliches Leid verursachen werden.

Umso dringender ist es, dass der Bundesrat rasch und unbürokratisch Hilfe bewilligt.

So massiv die Einschnitte ins Leben sind: Der Bundesrat hat bei seinen Entscheiden glücklicherweise Augenmass bewahrt. Das ist angesichts der hohen Fallzahlen nicht selbstverständlich. Einige alarmistische Stimmen bis hinein in die wissenschaftliche Taskforce des Bundes plädierten für einen scharfen Lockdown. Als wäre es ein Kinderspiel, mal kurz sämtliche Freiheitsrechte mit einem Federstrich ausser Kraft zu setzen. Nur wenige, etwa die Regierung des Kantons St.Gallen, hielten eine Bundesintervention zum jetzigen Zeitpunkt für verfrüht.

In dieser aufgeladenen, da und dort fast schon gehässigen, vielenorts von Angst geprägten Atmosphäre hat die Landesregierung kühlen Kopf bewahrt. Das ist ermutigend für die unmittelbare Zukunft. Dass in unserer Vier-Parteien-Konkordanzregierung unterschiedlichste Meinungen aufeinander prallen – und berücksichtigt werden müssen –, ist ein Vorteil und gerade auch in einer handfesten Krisensituation Garant für pragmatische, nüchterne, realistische Entscheide.

Extrempositionen, auch wenn sie wissenschaftlich ummäntelt werden, haben in der Schweiz einfach keine Mehrheit.

Es ist nicht zu spät. Es gibt keinen Grund zur Panik. Wir verfügen über ein gutes, leistungsfähiges Gesundheitswesen, wie Alain Berset zurecht betont. Die Kantone helfen sich gegenseitig. Lokale Engpässe sind nicht gleichzusetzen mit einem generellen Versagen.

Die Verantwortung liegt bei der Bevölkerung, bei jedem Einzelnen. Der Bundesrat kann die Pandemie nicht wegzaubern. Alain Berset ist kein Heiland, der Staat nicht allmächtig. Gut, haben wir eine Regierung, die das auch so sieht.