Kommentar
Die Zinswende kommt bestimmt

Die Immobilienpreise in der Ostschweiz sind in den vergangenen zehn Jahren stark gestiegen. Bei einer Erhöhung der Zinsen, könnten die Hypotheken vielen zur Last werden. Deshalb prüfe, wer sich an ein Haus binden will.

Kaspar Enz
Drucken
Kaspar Enz, Reporter Ostschweiz am Sonntag (Bild:Ralph Ribi)

Kaspar Enz, Reporter Ostschweiz am Sonntag (Bild:Ralph Ribi)

Der Traum vom Eigenheim ist so nah wie nie. Im Einfamilienhaus im Grünen, in der Neubauwohnung im Stadtquartier kann der Vermieter nicht dreinreden, wenn der Teppich raus, das Cheminée rein soll. Endlich ist genug Platz da für Kinder, Hunde, Bücher. Endlich hat man was Eigenes, das sogar täglich wertvoller wird. Und das fast gratis. Seit der Finanzkrise kennen die Hypothekarzinsen nur eine Richtung: Abwärts, wenn auch nicht mehr so schnell. Klar, bis zum Nullpunkt ist es nicht mehr weit. Man könnte fast sagen, das Geld werde einem nachgeworfen.

So verwirklichen sich jährlich Tausende den Traum. Das schlägt sich in den Preisen nieder. Wohneigentum kostet heute in der Ostschweiz rund die Hälfte mehr als vor zehn Jahren. Im Werdenberg haben sich die Preise fast verdoppelt, wie der Vergleichsdienst Comparis und die ETH Zürich kürzlich errechnet haben. Und weil die Ostschweiz erst spät auf den fahrenden Immobilienexpress aufgesprungen ist, könnten die Preise noch etwas weiter steigen, auch wenn sich in manchen Regionen der Schweiz eine Stabilisierung abzeichnet.

Aber wen kümmern die steigenden Preise, wenn das Geld so günstig ist? Mit den Preisen sind auch die Hypothekarschulden explodiert. Dieses Jahr haben sie die Grenze von 1000 Milliarden Franken gesprengt. Zusammengezählt betragen die Hypotheken aller Schweizer damit rund 130 Prozent des Bruttoinlandproduktes oder rund das Vierfache der Staatsverschuldung. Ein Geschäft, das nicht nur den Baufirmen Aufträge sichert. Die Banken helfen gerne mit, und weitere Anbieter wollen ebenfalls einen Teil des Kuchens: Versicherer bieten bereits Hypotheken an, die Postfinance will mitmischen, und, so hört man, auch die US-Bank Goldman Sachs will bald Hypotheken auf Schweizer Wohneigentum vergeben. Sie soll Kundengruppen im Auge haben, die heute noch kaum eine Hypothek bekommen.

Hatten wir das nicht schon mal? So lange die Zinsen so tief bleiben, scheinen die hohen Preise erschwinglich, das Geschwätz von der Blase Angstmacherei. Immer wieder rufen Banken nach einer Lockerung der Tragbarkeitsgrenzen. Aber die amerikanische Notenbank hat die Leitzinsen eben erhöht und diskutiert weitere Zinsschritte. Auch die Schweizerische Nationalbank wird wohl nicht ewig auf ihren Negativzinsen verharren können. Kommt die Zinswende, werden die Hypotheken vielen zur Last, der einst bezahlte Preis scheint überhöht. Denn während des Booms wuchs der Reallohn der Schweizer kaum. So kann man nur auf eine sanfte Zinswende hoffen. Und es prüfe, wer sich an ein Haus binden will. Denn eine Blase gab es immer erst, nachdem sie schon geplatzt war.