Mit seiner Technologie will das Zürcher Start-up «Share.P» private Parkplätze der Öffentlichkeit zugänglich machen. Es wäre eine vielversprechende Lösung für die Parkplatzknappheit in den Städten. Beispiele aus der Vergangenheit trüben die Erfolgsaussichten jedoch.
Das Zürcher Start-up Share.P versucht das vermeintlich Unmögliche: Das Parkplatzangebot in den Städten zu erhöhen, ohne einen einzigen neuen Parkplatz zu bauen. Parkplatz-Sharing lautet das Stichwort: Besitzerinnen und Besitzer privater und selten genutzter Parkplätze sollen diese zu einem bestimmten Tarif an andere weitervermieten. Alles, was die Nutzerinnen und Nutzer dafür brauchen, ist eine App.
Über ein Jahr lang arbeitete das 13-köpfige Start-up an der Technologie, erzählt Mateusz Wojdyło, Gründer und Chief Visionary Officer (CVO) von Share.P. Sie beinhaltet einerseits besagte App, mit der Parkplatzbesitzerinnen und -besitzer ihre Parkplätze weitervermieten können. Ihnen steht offen, auch Aufladestationen für elektrische Fahrzeuge in das Angebot aufzunehmen, falls vorhanden. Andererseits entwickelte Share.P eine Steuerung, die auf unkomplizierte Weise an Garagentore montiert werden kann. Das Gerät ist mit dem Internet verbunden, wodurch es sich über die App steuern lässt.
Interessierte können nun über die App einen Parkplatz mit oder ohne Aufladestation für eine bestimmte Zeit reservieren. Zum Zeitpunkt ihrer Reservation lässt sich das entsprechende Garagentor mit ihrem Smartphone öffnen. Am Schluss verrechnet die App den von der Besitzerin oder dem Besitzer bestimmten Betrag. Auch wenn diese grundsätzlich frei in der Preisbestimmung seien, so Wojdyło, empfehle man ihnen einen Tarif von maximal ein bis zwei Franken pro Stunde oder 15 Franken pro Tag.
Durch die gezielte Vermittlung von Parkplätzen soll die Auslastung der Parkplätze in den Städten erhöht sowie der Suchverkehr und der CO2-Ausstoss verringert werden. Das Potenzial in der Stadt Zürich scheint gross: Gemäss Daten des Zürcher Tiefbauamtes aus dem Jahr 2016 gibt es insgesamt über 200'000 private Parkplätze auf Stadtgebiet. Aktuellere Daten dazu gibt es nicht. Diese Parkplätze seien kaum ausgelastet, 22'000 davon sogar vollkommen ungenutzt, weil sich der Aufwand zur Vermietung nicht lohne, schreibt Share.P in einer Mitteilung. Durch ihr Angebot liesse sich das Parkplatzangebot in der Stadt Zürich verdreifachen, ohne zusätzliche Parkplätze schaffen zu müssen.
Vor dem Hintergrund des voranschreitenden Parkplatzabbaus in der politisch links-grün dominierten Stadt Zürich mag das Projekt durchaus sinnvoll erscheinen. Hinzu kommt, dass gemäss einer aktuellen Tamedia-Umfrage eine Mehrheit der Zürcherinnen und Zürcher gegen einen weiteren Parkplatzabbau ist. Stellt sich also die Frage, wieso es nicht schon längst solche Lösungen gibt, die dem Anschein nach sowohl den Parkplatzgegnern- als auch den -befürwortern in die Karten spielen würde. Ein Blick zurück zeigt: Anläufe gab es durchaus. Sie endeten alle erfolglos.
Da gab es etwa die App des Berliner Start-ups Parku, das sich 2019 wieder aus der Schweiz zurückzog und mittlerweile ganz dichtgemacht hat. Die Gründe dafür sind nicht bekannt. Ein anderes Beispiel ist die App Park-it der Zürcher Parking Solutions GmbH. Sie verschwand nach nur einem Jahr wieder vom Markt. Die SBB übernahmen die Technologie des Unternehmens 2014 für ihre P+Rail-App. Ein Beispiel für ein noch laufendes Projekt ist die Parcandi-App der Versicherung Baloise. Es ist derzeit die grösste Marktkonkurrenz für Share.P.
«Wir haben aus den Fehlern der anderen gelernt», sagt Share.P-Gründer Wojdyło. Vergleichbare Anbieter hätten meist nur eine App gehabt, Share.P habe jedoch auch eine eigene Technologie, die exakt zum System passe. «Wir bieten ein Gesamtpaket an.»
Der Erfolg gibt ihnen bislang recht: Vor zwei Monaten gestartet, zählt das ganze System laut Wojdyło bereits rund 6500 Nutzerinnen und Nutzer. Die Nachfrage sei derzeit grösser als die Anzahl angebotener Parkplätze. Die App befindet sich noch in der Beta-Phase, funktioniert aber bereits in der ganzen Schweiz und in Polen. Eine Expansion nach Liechtenstein, Deutschland und ins Vereinigte Königreich sei geplant.
Das Start-up erhält laut eigenen Angaben fünf Prozent der Einnahmen durch die Parkplatztarife. Hinzu kommt das Gerät für die Garagentore, das die Kundschaft einmalig 400 Franken kostet sowie eine monatliche Gebühr von 49 Franken für die Instandhaltung der Technik und der Plattform. Reich werde man davon nicht, sagt Wojdyło. Es gehe aber auch nicht primär darum, ein Vermögen damit zu machen. Er betont:
«Wir sind junge Leute, die etwas sehr Cooles machen wollen, das sich nachhaltig auf die Lebensqualität in urbanen Zentren auswirkt.»
Einer der schweizweit grössten Anbieter von Produkten zur Parkplatzbewirtschaftung ist die Digitalparking AG mit Sitz in Dietikon. Der Fokus des Unternehmens liegt auf Parkuhren und Schrankensystemen. Intern sei eine solche App, wie sie Share.P vermarkte, ebenfalls schon mehrfach diskutiert worden, sagt Reto Schläpfer, Chief Technology Officer Digital Parking, und ergänzt:
«Technisch gesehen könnten wir eine solche Lösung sofort umsetzen. Es hat sich allerdings schon mehrfach gezeigt, dass daraus kein erfolgreiches Geschäftsmodell zu schaffen ist.»
Das Problem seien «massive regulatorische Hürden», so Schläpfer. Private Parkplätze seien oft zweckgebunden, etwa für Büromitarbeitende, Anwohnerinnen und Anwohner oder Besucherinnen und Besucher. Sie öffentlich zugänglich zu machen, sieht Schläpfer als problematisch an. Dies vor dem Hintergrund, dass die Stadt nicht mehr öffentliche Parkplätze wolle, als bereits vorhanden sind. «Mir konnte bisher noch niemand erklären, wie man um all diese Hürden herumkommt.»
Das Tiefbauamt bestätigt Schläpfers Bedenken. In Zürich würden Parkplätze nutzungsbezogen bewilligt, was bedeute, dass sie nicht durch Dritte genutzt werden könnten, erklärt Roger Schaad, Projektleiter Kommunikation beim städtischen Tiefbauamt, auf Anfrage. Er führt aus:
«Somit ist eine Weitervermietung nicht zulässig.»
Allerdings könne die Stadt nicht bei jedem einzelnen Parkplatz prüfen, von wie vielen Leuten dieser genutzt werde. Darum bestehe hier «ein gewisser gesetzlicher Graubereich», in dem sich diese App-Anbieter bewegten, so Schaad. «Die Stadt Zürich handhabt die Situation wie folgt: Solange nicht mehr als 1000 private Parkplätze betroffen sind, wird sie nicht juristisch gegen die Weitervermietung vorgehen.»
Angesprochen auf die rechtlichen Hürden, bekräftigt Share.P-Gründer Mateusz Wojdyło, sich vor dem Start des Projekts mit der Stadt Zürich abgesprochen zu haben. Von der Stadt Zürich war bis Redaktionsschluss keine Bestätigung dafür zu erhalten.
«Von unserer Lösung profitieren letztlich alle»,
sagt Wojdyło. «Die Stadt, weil sie durch die bessere Ausnutzung unterirdischer Parkplätze mehr Strassenraum zur Verfügung hat, die Fahrerinnen und Fahrer, weil sie nicht lange nach einem Parkplatz suchen müssen und nicht zuletzt die Steuerzahlerinnen und -zahler, die Kosten für oberirdische Parkplätze sparen.»