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Region (LiZ)
Zürich
Die "Parkhausmörderin", die als "gefährlichste Frau der Schweiz" bekannt wurde, hat am Dienstag vor dem Zürcher Obergericht für eine Perspektive gekämpft. Sie fordert, dass ihre Verwahrung in eine stationäre Massnahme umgewandelt wird. Psychiater und Oberstaatsanwalt raten davon ab.
Selbst die Fahrt im Kastenwagen von der Strafanstalt Hindelbank BE nach Zürich führt bei der "Parkhausmörderin" zu Reizüberflutung. "Ich bin das nicht mehr gewohnt. Das wird mir schnell zu viel." Die verurteilte Serienmörderin ist nervös, rutscht im Gerichtssaal auf dem Stuhl herum, wippt mit den Füssen.
Gefesselt ist sie nicht - anders als bei früheren Gerichtsterminen, bei denen sie sich noch auf eigenen Wunsch fixieren liess, weil es ihr ein Gefühl der Sicherheit gab. "Ich bin stabiler geworden."
Sie fordert vor Obergericht eine Perspektive, sprich eine Umwandlung ihrer Verwahrung in eine stationäre Massnahme nach Artikel 59, auch "kleine Verwahrung" genannt. Kern der "kleinen Verwahrung" ist die Therapie mit Fernziel bedingte Entlassung.
Gemäss Bundesgericht ist die Voraussetzung für eine stationäre Massnahme gegeben, wenn die Gefahr eines Rückfalls innerhalb von fünf Jahren deutlich reduziert werden kann. Das Bezirksgericht Zürich war im Februar 2017 zum Schluss gekommen, dass dies bei der "Parkhausmörderin" nicht zutrifft. Das Risiko sei zu gross, eine Therapie wenig aussichtsreich.
Die gebürtige Österreicherin zog das Urteil weiter ans Obergericht, denn in der Verwahrung habe sie keinen Grund, sich für irgendetwas anzustrengen. "Irgendwann sollte man mir wieder eine Chance geben."
Sie brauche eine Perspektive, einen Plan, sonst verliere sie die Geduld. Unter welchem Etikett das laufe, sei ihr nicht so wichtig. Sie wolle nur wissen, worauf sie hinarbeiten müsse. Schliesslich wolle sie nicht in Hindelbank alt werden.
Gewaltphantasien hat sie immer noch. "Die sind Teil meiner Persönlichkeit." Sie seien aber nicht mehr drängend und auch nicht mehr auf Frauen konzentriert. Statt Passantinnen zu erstechen, stellt sie sich mittlerweile eher vor, wie sie eine Schnur über einen Weg spannt und ein Velofahrer deswegen verunfallt.
Schweigsam wurde die 44-Jährige am Dienstag nur, als der Richter auf ihre Morde zu sprechen kam. Statt dazu zu stehen, leugnete sie die Taten teilweise. "Wieso fragen Sie mich das überhaupt?", fragte sie den Richter. Jetzt darüber zu reden, bringe ja nichts.
Von einem Leben in Freiheit träumt sie schon lange nicht mehr. "Ohne Unterstützung geht es nicht. Das weiss ich." Vielleicht sei aber irgendwann eine betreute Arbeits- und Wohnsituation möglich.
Während Jahren lebte die "Parkhausmörderin" in der höchsten Sicherheitsstufe, was komplette Isolation bedeutet - zum Schutz der anderen Insassinnen und der Angestellten. In den vergangenen drei Jahren konnten die Bedingungen etwas gelockert werden, ohne dass es zu Zwischenfällen gekommen wäre.
Heute darf sie mit den anderen Frauen essen und manchmal mit ihnen arbeiten. Etwas Gesellschaft sei nicht schlecht, sagte sie dazu. Spazieren im Hof muss sie aber alleine. Sie ist als einzige mit einem Gitter von den anderen abgetrennt.
Gibt es in nächster Zukunft keine Zwischenfälle, könnte sich dies bald ändern. Für Herbst ist ein Wechsel in die Integrationsgruppe geplant, was weitere Lockerungen bedeuten würde. Für ihren Anwalt "ein Meilenstein" und Zeichen dafür, dass sie Fortschritte macht.
Seiner Ansicht nach sind deshalb alle Voraussetzungen für eine Umwandlung der Verwahrung in eine stationäre Massnahme erfüllt.
Anderer Meinung sind der Oberstaatsanwalt und der Gutachter. In Hindelbank habe es zwar Fortschritte gegeben, sagte der Gutachter. Für die Welt ausserhalb der Mauern sieht er jedoch keine Perspektiven. Eine Therapie könne sogar kontraproduktiv sein. "Was man mit ihr tun kann, tut man bereits."
Der Oberstaatsanwalt betonte, dass die Wahrscheinlichkeit eines Rückfalls immer noch grösser ist als die Wahrscheinlichkeit, dass ein solcher ausbleibt. Das Urteil wird frühestens nächste Woche schriftlich eröffnet.
Die "Parkhausmörderin" wurde schon als Jugendliche straffällig, anfangs mit Vandalenakten und Brandstiftungen. In den 1990er-Jahren erstach sie in Zürich zwei Frauen, die ihr zufällig über den Weg liefen - eine in einem Parkhaus, die andere beim China-Garten am See. Ein drittes Opfer überlebte den Angriff.
Als Begründung gab sie an, dass sie "Frauen nicht besonders möge". Das Obergericht verurteilte sie 2001 wegen mehrfachen Mordes, versuchten Mordes, Brandstiftung, Raub und anderer Delikte zu einer lebenslänglichen Freiheitsstrafe mit Verwahrung.