LiZ-Forum 2023
«Die Mangellage hat geholfen»: Energieexperten skizzierten die Stromversorgung der Zukunft

Was braucht es für die Energieversorgung von morgen? Am diesjährigen LiZ-Forum im JED in Schlieren wurde eifrig diskutiert – und kritisiert.

Sven Hoti (Text), Andrea Zahler (Bilder)
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Das diesjährige LiZ-Forum stand unter dem Zeichen der Energie.

Das diesjährige LiZ-Forum stand unter dem Zeichen der Energie.

Bild: Andrea Zahler

Strommangellage, Solar- und Windoffensive, Netto-Null bis 2050: Energiethemen haben in den letzten Monaten die Schlagzeilen dominiert. Auch das diesjährige 23. LiZ-Forum am Dienstag im JED in Schlieren stand unter dem Motto Energie. Wie muss den Problemen in der Energieversorgung entgegengetreten werden?

Peter Grünenfelder, Direktor der Denkfabrik Avenir Suisse, sieht die Lösung in einer Liberalisierung des Strommarktes. «Wir haben keinen freien Wettbewerb, die Kantone und Gemeinden dominieren das Angebot.» Der Staat habe das Problem der Versorgungssicherheit weder antizipiert noch gelöst. Förderprogramme hätten die Situation eher noch verschärft.

«Der Staat ist nicht der bessere Unternehmer», sagte Avenir-Suisse-Direktor Peter Grünenfelder.

«Der Staat ist nicht der bessere Unternehmer», sagte Avenir-Suisse-Direktor Peter Grünenfelder.

Bild: Andrea Zahler

Stattdessen sprach sich Grünenfelder für weniger Technologieverbote und Auflagen und eine strikte Trennung zwischen Eigentümer und Gesetzgeber aus. «Der Staat ist nicht der bessere Unternehmer.» Auch müsse man offener sein gegenüber Investitionen aus dem Ausland. «Ein Staudamm wandert nicht nach China, nur weil wir ausländisches Kapital erhalten.»

«Es braucht eine Reduktion»

Im anschliessenden Podiumsgespräch vor den rund 160 Gästen aus Politik und Wirtschaft wurde weiter über das Thema diskutiert. Zu Gast waren Patrik Meli, CEO des Industrieunternehmens MAN Energy Solutions Schweiz AG, Pascal Jenny, Präsident Arosa Tourismus und Gründer KMU-Nachhaltigkeit, sowie Balz Halter, Verwaltungsratspräsident der Immobilienentwicklerin Halter AG. Oliver Steffen, Chefredaktor TV Regional, Radio und Today von CH Media, moderierte das Podium.

Steffen stieg mit der Frage ein: Wie realistisch ist das Netto-Null-Ziel 2050? Halter gab sich wenig optimistisch. Er glaube nicht daran, sagte er. «Man muss sich hohe Ziele stecken, aber es braucht auch einen Plan, wie man diese erreichen möchte.» Und dieser fehle in der Strategie des Bundes. Meli war zuversichtlicher: Es gebe bereits viele Technologien, die man heute schon einsetzen könne. «Wir schaffen Netto-Null 2050.»

Patrik Meli, CEO von MAN Energy Solutions Schweiz, und Moderator Oliver Steffen.

Patrik Meli, CEO von MAN Energy Solutions Schweiz, und Moderator Oliver Steffen.

Bild: Andrea Zahler

Jenny wiederum gab sich solidarisch: Die Antworten zeigten, dass letztlich die Einstellung entscheidend sei für das Erreichen des Ziels. «Wenn wir uns anpassen und einsehen, dass es bei gewissen Dingen eine Reduktion braucht, dann ist es möglich.»

Dass sich die Gesellschaft künftig mehr einschränken muss, war in der Runde unbestritten. Einige Unternehmen hatten angesichts der drohenden Strommangellage im Herbst 2022 bereits Massnahmen ergriffen. So auch Melis Unternehmen: «Wir haben uns gefragt: Wieso verbrauchen wir am Sonntag eigentlich so viel Strom, obwohl niemand da ist?» Die drohende Strommangellage habe geholfen, Prozesse zu optimieren. «Ohne hätten wir das nicht gemacht.»

«Nicht nur Windräder und Solaranlagen»

Man müsse nun auf der Technologieseite vorwärtsmachen, forderte Halter. Meli ergänzte: «Wir werden das Versorgungsproblem nicht nur mit Windrädern und Solaranlagen lösen.» Man müsse zum Beispiel auch über Mobilität reden sowie über Möglichkeiten, CO2 zu speichern. Es brauche verschiedene Lösungen. Die Bevölkerung müsse sich ausserdem mit den Technologien identifizieren können, fand Jenny. «Ich zeige eher Verständnis für etwas, wenn ich mich damit identifizieren kann.»

Pascal Jenny, Präsident Arosa Tourismus und Gründer KMU-Nachhaltigkeit, und Balz Halter, Verwaltungsratspräsident Halter AG.

Pascal Jenny, Präsident Arosa Tourismus und Gründer KMU-Nachhaltigkeit, und Balz Halter, Verwaltungsratspräsident Halter AG.

Bild: Andrea Zahler

Als Hindernis für den Fortschritt erachteten alle drei die Schweizer Bürokratie. Die Redner berichteten von mehreren Fällen, bei denen ihre Projekte daran gescheitert seien. «Zum Teil ist es ein Trauerspiel», sagte Halter. Die heutigen Gesetze seien nicht mehr zeitgemäss, sagte Meli. Die Unternehmen bräuchten die Freiheit, auch weiter gehen zu können, als es das Gesetz erlaubt.

Von der Politik verlangt Halter mehr Offenheit. Grundsätzlich – und auch da waren sich die drei einig – werde der Fortschritt aber von der Wirtschaft getragen. Meli: «Die Wirtschaft wartet nicht auf die Politik. Wir kennen den Weg.»

Rund 160 Gäste aus Politik und Wirtschaft besuchten das diesjährige LiZ-Forum im JED in Schlieren.

Rund 160 Gäste aus Politik und Wirtschaft besuchten das diesjährige LiZ-Forum im JED in Schlieren.

Bild: Andrea Zahler