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Leben
Ein internationales Projekt will herausfinden, ob es ausserhalb unseres Sonnensystems biologische Aktivität gibt. Es geht um die Bedingungen, unter denen ein Planet Leben beheimaten kann. High-Tech-Teleskope sollen helfen.
Gibt es biologische Aktivität ausserhalb unseres Sonnensystems? Wenn ja, wo? Und wie sieht das Leben dort aus? In der Atamacawüste im Norden Chiles sollen in den nächsten Jahren diese Fragen beantwortet werden. Dort, am 2600 Meter hoch gelegenen Paranal-Observatorium der Europäischen Südsternwarte, haben die vier Teleskope Europa, Io, Ganymed und Callisto im Januar ihre Arbeit aufgenommen.
Beim Projekt geht es um erdähnliche, potenziell lebensfreundliche Planeten, die sich in der habitablen Zone befinden: nah genug am Mutterstern, um genug Wärme zu erhalten, aber nicht zu nah, da es sonst zu heiss wäre für das Entstehen von Leben. Und es geht um die Muttersterne, in diesem Fall ultrakalte Sterne. «Das sind die kleinsten und kältesten Sterne, die überhaupt existieren», sagt der am Projekt beteiligte Astrophysiker Brice-Olivier Demory vom Center for Space and Habitability in Bern. Die Oberflächentemperatur liegt unter 2400 Grad Celsius.
Warum das Interesse an den kleinen «Kühlschränken»? Man wolle ähnliche Systeme wie Trappist-1 finden, erklärt Demory. Trappist-1, 40 Lichtjahre von der Erde entfernt und auch ein Ultrakalter, gehört zur Sternengruppe der Roten Zwerge, die schwach rötlich leuchten und sehr alt werden, weil sie ihren Wasserstoffvorrat langsam aufbrauchen. So ein Roter Zwerg kann bis zu 20 Milliarden Jahre Lebensdauer erreichen. Zum Vergleich: Unsere Sonne schafft vermutlich keine 10 Milliarden Jahre.
1999 wurde Trappist-1 entdeckt, aber das eigentlich Bemerkenswerte fanden Demory und Forscherkollegen erst viel später heraus, 2017. Trappist-1 umkreisen sieben Planeten von der Grösse der Erde. Der Astrophysiker sagt:
«Eine erstaunliche Entdeckung.»
Niemand habe es bis dahin für möglich gehalten, dass ultrakalte Sterne in der Lage sind, bei ihrer Geburt protoplanetare Scheiben um sich herum zu formen, an denen sich dann Planeten materialisieren können, indem sie Gas und Staub ansammeln. «Wir erkannten, dass wir eine richtige astronomische Schatztruhe bisher komplett übersehen hatten.»
Jetzt sollen «Europa», «Io», «Ganymed» und «Callisto» diese Truhe öffnen, also weitere Ultrakalte in den Weiten des Alls finden, um die herum erdähnliche Planeten kreisen. Denn einer der Erddoppelgänger könnte ja chemische Signaturen aufweisen, die auf günstige Bedingungen für Leben hindeuten. Wassermoleküle zum Beispiel.
Bei der Suche wenden die Forscher die Transitmethode an. Transit meint den Vorbeizug eines Planeten zwischen Mutterstern und Erde. Von der Erde aus betrachtet verdunkelt sich der Mutterstern dabei vorübergehend – wie eine kleine partielle Sonnenfinsternis. Dann weiss der Beobachter: Da draussen muss ein bewegliches Objekt sein, ein Planet, der den Stern umkreist. Je kleiner dieser Stern, desto leichter lässt sich die Verdunklung sehen, da ein grösserer Teil des Lichts blockiert wird.
Deswegen nimmt man Ministerne ins Visier, denn mit ihnen lässt sich die Existenz von Exoplaneten gut nachweisen. Die Transitmethode ist ideal für die Suche nach Planeten, die eine kurze Umlaufzeit von 30 oder 40 Tagen haben. Denn die Forscher brauchen mehrere Vorbeizüge, um genügend Daten für ein Signal zu erhalten, mit dem sich chemische Moleküle in der Atmosphäre feststellen lassen. Das, so Demory, geht nur bei Sternensystemen, an denen häufiger Planeten vorbeiziehen.
Wie die biologische Aktivität ausserhalb unseres Sonnensystems aussehen könnte? «Um ganz ehrlich zu sein», sagt Demory, «wir wissen nicht genau, wonach wir suchen. Denn wir kennen ja nur einen einzigen bewohnten Planeten: die Erde. Daher ist es schwierig, sich die Umgebung vorzustellen, in der anderswo Leben entstehen konnte. Organismen, wie es sie auch auf der Erde gibt, wären für uns am einfachsten zu interpretieren. Daher suchen wir auf diesen weit entfernten Planeten nach chemischen Signaturen ähnlich denen, die bei uns produziert werden.»
Demory hofft, in den nächsten fünf Jahren einen Planeten zu finden, auf dem Sauerstoff, Methan oder Ozon in der Atmosphäre vorkommt. «Es geht darum, Wissen über die Bedingungen zu sammeln, die ein Planet benötigt, um Leben zu beheimaten.»