Bei grossen steuerlichen und rechtlichen Reformprojekten wollen wir als Bürger gerne wissen, was Sache ist und nicht nur, ob ein Politiker dafür oder dagegen ist, schreibt unser Sonntagskolumnist Valentin Landmann.
Am Mangel an sinnvollen Erklärungen ist der jetzige Vorschlag zu einer Unternehmenssteuerreform III, der AHV-Sanierung und Unternehmenssteuerreform verbinden will, gescheitert. Politiker bezeichnen die Durchführung der Reform als dringlich. Denn die Schweiz habe diskriminierende Steuerregelungen. Letzthin hat der Bundesrat einen Bericht herausgegeben, aus dem hervorgeht, dass verschiedenste EU-Länder ebenfalls mindestens so erheblich wie die Schweiz oder sogar noch gravierender Steuerprivilegien gewähren, die in der EU nicht gerne gesehen sind. Bei diesen Ländern passiert offenbar überhaupt nichts.
Wir aber versinken bleich und zitternd in der nächste Ecke und geloben, die Diskriminierung sofort aufzuheben.
Bei näherer Betrachtung handelt es sich natürlich nicht um eine Diskriminierung, sondern einfach um bestimmte Vorteile für Firmen mit Sitz in der Schweiz.
Hochsteuerstaaten, angeführt von der fiskalfetischistischen OECD und ihrem Magistratenapparat haben Druck auf die Schweiz gemacht, sie müsse alle Privilegien fallen lassen, sonst sei das ein ungerechtfertigter Vorteil für die Schweiz. Was passiert, wenn wir das nicht tun? Dann kommen wir auf irgendwelche Listen, seien es orange, graue, rote oder schwarze. Und was passiert dann? Selbstverständlich der Weltuntergang, nur konnte ihn mir bisher niemand erklären.
Wenn wir die Firmen schon durch Wegnahme der Privilegien vertreiben, möchte die Unternehmenssteuerreform Möglichkeiten einräumen, dass die Kantone Firmen in gewissem Rahmen steuerliche Vorteile einräumen können. Gleichzeitig aber wird dafür gesorgt, dass ein Kanton, der sich auf diese Weise Steueraufkommen von Firmen verschafft, praktisch das Ganze über den Finanzausgleich wieder abgeben muss. Von einem Anreiz kann hier schwerlich die Rede sein. Und wenn wir wirklich Steueranreize schaffen, dann kommen doch sicher wieder die OECD und vielleicht sogar die EU, die sich von der Schweiz ungerecht behandelt fühlen.
Geben wir schon einen wesentlichen Vorteil unseres Landes im Rahmen der Steuersysteme preis, um Hochsteuerstaaten besser zu gefallen, so sollte sehr klar erklärt sein, wie wir gedenken, dafür einen Ausgleich in der Wirtschaft zu schaffen.
Sonst sind wir am Schluss einfach die Dummen, die jeden Vorteil preisgegeben haben.
Dieses System von Verzicht auf Vorteile und Schaffen neuer Vorteile muss nicht nur das Parlament, sondern auch den Bürger interessieren. Läuft da etwas aus dem Ruder, so spürt es letztlich der Bürger, weil Firmen abwandern, weil Arbeitsplätze verschwinden. Sollen wir für eine Vorlage sein, so ist es das Mindeste zu verlangen, dass die Politiker in der Lage sein sollten, die Vorlage zu erklären. Man zeige mir einen Politiker, der dazu in der Lage ist, und ich werde ihm sofort zuhören.