Weihnachtsmarkt
Glühwein, Grog und Co. – Die Heissgetränke der Adventszeit in der Übersicht

Die Saison der Weihnachtsmärkte beginnt und mit ihr bei vielen – nicht bei allen – die Lust auf Glühwein, Punsch und Co. Sie haben es jedenfalls in sich, wie unsere Runde der würzig heissen Tränke zeigt.

Text: Christian Satorius, Illustration: Martina Regli
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Glühwein: Allerweltsklassiker

Ursprünglich verstand man unter «geglühtem Wein» einfach nur «gewärmten Wein». Das war wohl keine wirkliche Gaumenfreude. Denn bald kam man auf die Idee, Gewürzweine, die schon im Mittelalter bekannt waren, heiss zu trinken. Die Idee stellte sich als erfolgversprechend heraus. Heute gibt es den Glühwein in vielen Variationen als Rot- und Weisswein, gerne auch mit Schuss, also einem guten Schluck Hochprozentigen oder Likör – als Geschmacksverstärker sozusagen. Wichtig für die Zubereitung sind die Qualität des Weines und die Würzung. (Geheime) Hausrezepte gibt es zuhauf. In der Regel mischen Nelken und Zimt mit.

Groggy vom Grog

Er heizt ein, der Grog. Aber was ist eigentlich drin? «Rum muss, Zucker kann, Wasser braucht nicht unbedingt!», heisst es an der Küste. Das mag dem einen oder anderen Seemann schmecken, auf dem Weihnachtsmarkt empfiehlt sich die Variante mit dem heissen Wasser. Andernfalls fühlt man sich schnell einmal groggy, was eigentlich «von Grog betrunken» bedeutet. Diesen Ausdruck kennen daher nicht nur angeschlagene Boxer, sondern auch alle, die zu tief ins Grogglas geschaut haben. Heisser Grog will nämlich in Massen genossen werden. Tee anstelle von Wasser geht natürlich auch, dann wird der Grog zum Tee Rum.

Feuerzangenbowle – filmreif

Eine berühmte deutsche Filmkomödie trägt den Titel «Feuerzangenbowle». Darin wird Heinz Rühmann nach feuchtfröhlicher Runde bei eben dieser heissen Bowle als Erwachsener noch einmal zum Schüler. Die Feuerzange – die früher wirklich eine solche aus dem Kaminbesteck war – hat dem Getränk den Namen gegeben. Sie wird über einem Gefäss mit erhitztem Wein und Gewürzen, Zitronen- und Orangenschalen platziert. Darauf kommt ein Zuckerhut, der mit hochprozentigem Rum getränkt und entzündet wird. Der Zucker schmilzt, karamellisiert, tropft in den Wein und verleiht der Bowle so den charakteristischen Geschmack.

Punsch – die 5 aus Indien

Den Punsch brachten uns englische Seefahrer im frühen 17. Jahrhundert aus Indien mit. Das Getränk wurde dort mit dem Zahlwort «fünf» – paanch – bezeichnet. Das hörte sich für die Briten wie «pantsch» an und wird im Englischen auch heute noch so ähnlich ausgesprochen, allerdings «punch» geschrieben. Aus England kam der «Punch» zuerst als «Puntsch» zu uns und wurde mit der Zeit zum «Punsch». Fünf war ursprünglich auch die Anzahl der Zutaten: Arrak, Wasser oder Tee, Zucker, Zitrone und Gewürze. Hierzulande wird der Punsch meist mit Rum zubereitet. So wie bereits früher an Bord der englischen Schiffe.

Jagertee, der Österreicher

Der Jagertee ist laut EU-Spirituosenverordnung inzwischen als Spezialität österreichischer Herkunft geschützt. Als solche muss er auch aus Österreich kommen, tut er das nicht, darf er sich nicht so nennen. Der originale Österreicher besteht nicht nur aus schwarzem Tee, Zucker und Gewürzen, sondern eben auch aus dem speziellen österreichischen Inländer-Rum. (Es kann, muss aber nicht der legendäre Stroh-Rum sein.) Früher einmal wärmte Jagertee vor allem österreichische Jäger, Waldarbeiter und Förster nach getaner Arbeit. Heute können sich alle Arten von Jägern und vermeintlich wilden Kerlen für ihn erwärmen.

Rosinen picken zum Glögg

Für den Glögg wird der Wein nicht nur mit Nelken und Zimt angereichert. In das skandinavische Adventsgetränk gehören auch Kardamom, Vanille und Ingwer. Dazu werden Mandeln und Rosinen gereicht, die jeder selbst dem Trunk hinzufügen kann, so wie er es am liebsten mag. Auch ein gehöriger Schuss Hochprozentiges (Wodka, Rum, Weinbrand ...) darf bei traditionsbewussten Nordländern nicht fehlen. Auf diese Weise entsteht ein ganz spezieller Glühwein, der auch als Schwedenpunsch oder Finnischer Glühwein bekannt ist. Im hohen Norden gibt es unzählige Glögg-Varianten, die nach und nach bei uns ankommen. Skål!

Der Kontrapunkt

Ehe es Weihnachten wird, hat uns der Herrgott eine schwere Prüfung auferlegt – das Trinken von Glühwein und anderem «papperten Zeug» (Gerhard Polt). Vorfreude ist die schönste Freude, aber damit es den Menschen dann doch nicht allzu wohl wird bereits im Advent, machen in dieser Zeit höllische Getränke die Runde. Bei einigen vermögen sie schon beim ersten Schluck eine generalisierte Befindlichkeitsstörung auszulösen, bei anderen, die unverdrossen weitertrinken, kommt es anderntags zu migräneartigen Anfällen. Konnte man früher noch einen grossen Bogen machen, wenn man des verräterischen Geruchs gewahr wurde, ist das Netz an Weihnachtsmärkten heute derart eng gespannt, dass es praktisch kein Entkommen mehr gibt. Fliegende Händler verfolgen die letzten Abspenstigen. In Zeiten schwindender Gottesfurcht und Frömmigkeit soll man zumindest mit Glühwein Busse tun. Die Ausrede, man vertrage keinen heissen Wein, gilt nicht. Dann wird einem Glühbier gereicht. Vermutlich die Höchststrafe. Erst am 24.12. ist der Spuk wieder vorbei. Dann kommt der Erlöser. Freue dich, o Christenheit!
Hans Graber