7'576 Frauen erlebten in der Schweiz im vergangenen Jahr Gewalt in den eigenen vier Wänden. Zum internationalen Tag zur Beseitigung von Gewalt gegen Frauen nehmen wir diese Zahl unter die Lupe.
Wir schreiben das Jahr 2019 und noch immer werden jährlich tausende Frauen in der Schweiz Opfer von häuslicher Gewalt. Sie denken, wir übertreiben? Dann schauen Sie sich mal die Zahlen der polizeilichen Kriminalstatistik an.
2018 wurden in der Schweiz in 365 Tagen 7'576 Frauen Opfer durch häusliche Gewalt. Das sind:
Beinahe jede Stunde wird also eine Frau Opfer von häuslicher Gewalt. Im Jahr 2018 wurden dabei insgesamt 24 Frauen getötet. Oder anders ausgedrückt:
Daneben wurden über 3'700 Fälle von Tätlichkeiten, 3'400 Fälle von Drohungen und über 1'800 Fälle von Körperverletzung erfasst. Und damit sind wir auch schon genau bei der grossen Schwäche dieser Statistik: Sie zeigt nur die polizeilich erfassten Fälle.
Dass diese Zahlen kein umfassendes Abbild zeigen können, hat mehrere Gründe. Einerseits ist Gewalt gegen Frauen in vielen Fällen noch immer ein grosses Tabuthema, viele Frauen erstatten nie Anzeige gegen die Täter. Ausserdem wird Gewalt und deren Formen auch ganz unterschiedlich interpretiert. Zusätzlich zu der vom Bund veröffentlichten Statistik gibt es also eine – vermutlich happige – Dunkelziffer.
Abgesehen davon handelt es sich bei häuslicher Gewalt per Definition um Vorfälle rund um eine bestehende oder aufgelöste familiäre, eheliche oder partnerschaftliche Beziehung. Darunter fallen dauernde Beschimpfungen oder fortlaufendes Kontrollieren, aber auch Verletzungen mit Messer oder ungewollten sexuellen Handlungen. Nicht berücksichtigt wird Gewalt gegen Frauen von Fremden auf offener Strasse, bei der Arbeit und an anderen Orten.
Doch bereits diese 7'576 Betroffenen aus dem letzten Jahr sind schwierig vorstellbar. Zum Vergleich:
Obwohl sie täglich passieren, finden Fälle von Gewalt gegen Frauen selten den Weg in die Medien. Wie «alltäglich» sie ist, zeigt ein Vergleich. Pro Jahr werden mehr Frauen Opfer von Gewalt als ...
Es wird also weniger in Häuser eingebrochen, als Frauen Gewalt erleben. Auch Schlittelunfälle oder Gewalt und Drohungen gegen Beamte kommen weniger häufig vor, wie diese Übersicht zeigt:
Wie präsent das Thema häusliche Gewalt im Polizeialltag ist, zeigt die Jahresstatistik 2016 der Kantonspolizei Bern. Die Polizei rückte im Schnitt täglich dreimal wegen häuslicher Gewalt aus. Bei 90 Prozent aller Fälle ging die Gewalt dabei von einem Mann aus, bei einem Viertel aller Fälle konstatierte die Polizei einen vorgängigen Alkohol- und/oder Drogenkonsum.