SMS-Nachrichten
Was die SMS Ihres Partners über Ihre Beziehung verraten

SMS- und Whatsapp-Nachrichten sind mittlerweile zum Partnerschaftsmedium geworden. Wie die Art und Anzahl den Zustand einer Beziehung beeinflusst – und zu Missverständnissen führen kann

Silvia Schaub
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Wie ist das jetzt genau gemeint? SMS können Stolpersteine in der Kommunikation von Paaren sein. dpa picture alliance / Alamy

Wie ist das jetzt genau gemeint? SMS können Stolpersteine in der Kommunikation von Paaren sein. dpa picture alliance / Alamy

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Wie viele SMS-Nachrichten haben Sie heute von Ihrem Partner erhalten? Zwanzig? Fünf? Oder gar keine? Dann kann das möglicherweise ein Indiz für den Zustand Ihrer Beziehung sein. Je nachdem, ob er darin an die zu erledigenden Einkäufe erinnert oder den Knatsch von gestern Abend nochmals aufs Tapet bringt oder aber ganz romantisch seine Liebe zu Ihnen mit den schönsten Worten beschreibt.

SMS- und Whatsapp-Nachrichten sind längst zum Partnerschaftsmedium geworden. 80 Prozent aller Paare schreiben sich mehrere Nachrichten pro Tag. Gerade weil immer mehr Menschen unterschiedliche Arbeitsabläufe und Aufenthaltsorte haben, seien Kurznachrichten ein ideales Kommunikationsmittel, sagt Daniel Süss, Professor für Medienpsychologie an der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften.

Das Medium hat dazu noch weitere Vorteile: Keiner kann einem dazwischenreden. Man kann jederzeit alles, was einem gerade durch den Kopf geht, mitteilen, ohne darauf zu achten, ob der Partner gerade in einem wichtigen Meeting sitzt oder im Auto unterwegs ist. Und: Eine Kurznachricht auf dem Handy oder Smartphone ist intimer als ein Mail oder Facebook.

Erstaunlich deshalb, dass bis jetzt noch niemand das Medium Kurznachricht in Bezug auf die Beziehung untersucht hat. Lori Schade und Jonathan Sandberg, beides Paar- und Familientherapeuten an der Brigham Young University im US-Bundesstaat Utah, haben nun den Zusammenhang zwischen SMS und Partnerzufriedenheit unter die Lupe genommen.

Sie haben dazu knapp 300 junge verheiratete oder fest liierte Erwachsene zur Rolle von SMS in ihrer Beziehung befragt. Und dabei ist Erstaunliches, aber auch zu Erwartendes und teilweise Widersprüchliches herausgekommen. Zum Beispiel: Wenn Frauen in einer Beziehung viele SMS schreiben, ist das für sie offensichtlich ein Zeichen von grosser Beziehungszufriedenheit. Hingegen sind sowohl Frauen wie auch Männer umso unzufriedener mit ihrer Beziehung, je mehr SMS der Mann schreibt.

Es liege weniger am Inhalt der Nachrichten oder an ihrer Qualität, meinen die Wissenschafter, sondern am Umstand, dass Männer umso mehr SMS schreiben, je unaufhaltsamer sich eine Beziehung ihrem Ende nähert. Das heisst also, sie nutzen die Kurznachrichten, um sich schrittweise aus der Beziehung zu ziehen. «Gerade in Konfliktsituationen haben Frauen und Männer unterschiedliche Kommunikationsstile», weiss Daniel Süss. «Männer haben die Tendenz, sich in eine distanziertere Kommunikationsform zurückzuziehen, und wählen deshalb eher SMS, um sich so aus dem Schussfeld nehmen zu können.»

Eine Form von Kontrolle

Diese unterschiedliche Handhabung von SMS widerspiegelt auch die Erfahrungen von Paartherapeutin Anja Grunert aus Zürich. «Die Kommunikation ist üblicherweise das Feld der Frau. Frauen teilen sich viel eher mit. Männer sind da zurückhaltender.» Wenn nun ein Mann plötzlich häufig schreibe, irritiere das. «Das ist, wie wenn ein Mann morgens im Bad auf einmal eine Stunde Zeit braucht.»

Diese Feststellung war übrigens auch der Ausgangspunkt für Lori Schade, überhaupt eine solche Studie durchzuführen. Immer wieder seien ihre Klientinnen mit herumfuchtelnden Handys in ihrer Praxis aufgetaucht: «Sie kommen rein und zeigen zuerst mal die verletzende SMS, die sie von ihrem Partner erhalten haben.» Die Therapeutin stellte fest, dass verletzende SMS oft eine grössere emotionale Bedeutung haben als eine Gemeinheit, die jemand einem einfach ins Gesicht sagt. Denn die Nachricht steht nun mal da – und bleibt da.

«SMS können Stolpersteine für viele Interpretationen sein, weil oft unterschiedliche Erwartungshaltungen dahinter sind», sagt Beziehungscoach Anja Grunert. Nicht alle schauen regelmässig auf ihr Handy und beantworten umgehend eine SMS-Nachricht. Das kann schon zu ersten Missverständnissen führen. Es ist auch eine Form von Kontrolle, wenn man wissen will, wo der andere ist. «Das ist ein schleichendes Gift in einer Beziehung.»

Daniel Süss weiss auch, wieso: «Bei Kurznachrichten hat man eine Kanalreduktion, also nur Text und kein Gesicht und keine Stimme.» Deshalb interpretiere man etwa bei einer konfliktgeladenen Beziehung sofort, sobald die Nachricht kürzer oder vom Inhalt her anders als erwartet ist oder nicht sofort beantwortet wird. Dazu kommt, dass eine SMS im Unterschied zu einem Anruf, der synchron – also gleichzeitig – verläuft, asynchron ist: «Man platziert eine Nachricht und muss warten.»

Smartphone als Rivale

So wertvoll SMS als Kontaktinstrument in einer Beziehung sein können, so heikel wird es also, wenn nicht alles rund läuft. Deshalb gilt laut Forscherin Schade grundsätzlich: «Wenn man sich nichts Nettes mitzuteilen hat, sollte man gar keine SMS schicken.» Medienpsychologe Daniel Süss: «SMS sind praktisch, um etwas miteinander zu vereinbaren.» Wenn die Beziehung in gutem Zustand ist, dann können SMS auch ein positives beziehungsverstärkendes Element sein. «Man kann ein Signal geben: Ich denke an dich.»

Wer also eine glückliche Beziehung führen will, sollte Smartphone oder Handy besser auch mal aus der Hand geben und schwierige Themen persönlich besprechen. Das hat noch einen weiteren Vorteil, denn eine weitere repräsentative Umfrage hat kürzlich ergeben, dass 40 Prozent der unter 30-Jährigen eifersüchtig darauf sind, wie viel Zeit ihr Partner oder ihre Partnerin mit dem Smartphone verbringt. Das Gerät kann also nicht nur Konflikte auslösen, sondern wird geradezu zum Beziehungsrivalen. Ausser natürlich, die Person nützt es für Mitteilungen, die Liebesbekundungen und nette Worte beinhalten. Die kommen übrigens bei beiden Geschlechtern gut an. Und dabei ist nicht einmal derjenige zufriedener, für den die Nachricht bestimmt ist, sondern derjenige, der sie verschickt.