Pillen unnötig: Bei Schlafstörungen helfen oft auch warme Bäder und sanfter Fingerdruck
Sechs bis zehn Prozent der Schweizer leiden unter Schlafstörungen. Viele von ihnen greifen zu risikoreichen Medikamenten. Dabei gibt es, wie Wissenschafter in den letzten Jahren zunehmend nachweisen konnten, harmlosere und trotzdem wirksame Alternativen.
US-Forscher haben ermittelt, dass warme Duschen oder Bäder beim Einschlafen helfen und auch den Schlaf tiefer machen. Vorausgesetzt, man tut es rund 90 Minuten vor der Nachtruhe in 40 bis 42,5 Grad warmem Wasser. Studienleiter Richard Castriotta von der University of Texas erklärt den Warmwasser-Schlummereffekt damit, dass wir rund eine Stunde vor der Bettruhe beginnen, unsere Körperkerntemperatur zu senken. Doch oft gelingt das nicht, beispielsweise, wenn es sehr warm ist oder Stress den Körper auf Trab hält. Dann kann man diesen Mechanismus durch warmes Wasser stimulieren. Dadurch verlagert sich das Blut zügig in Hände und Füsse, um Wärme aus dem Körperinnern abzuführen. Castriotta sagt: «Dies leitet die zum Schlafen notwendige Abkühlung ein.»
Akupressur hat wie Akupunktur, bestimmte Reizpunkte im Visier, nur dass diese nicht angepiekst, sondern per Daumen, Finger, Ellbogen oder Knie massiert werden. Die Studienlage zu ihrer Wirksamkeit sei, wie Jerome Sarris von der University of Melbourne berichtet, zwar spärlich, aber im Trend durchaus positiv.
Bei Tai Chi und Yoga soll man lernen, sich in einen Zustand der tiefen Entspannung zu befördern. «Diese Techniken können auch Senioren durchführen – und die leiden ja besonders oft unter Schlafstörungen», betont Sarris.
Sport sei zwar auch eine Option, weil er das Regenerations- und damit das Schlafbedürfnis des Menschen erhöht. «Doch in einem Vergleich mit Tai Chi schnitt er etwas schlechter ab», berichtet Sarris. Auf dem Weg zum guten Schlaf scheint Entspannen wichtiger zu sein als der Grad der Müdigkeit.
Geradezu chaotisch wird hingegen die Datenlage, wenn es um pflanzliche Einschlafhilfen geht. Egal, ob Baldrian oder Lavendel, ob Johanniskraut oder Hopfen – mal zeigen sie in Studien ihre Wirksamkeit, mal aber auch nicht. Was wohl vor allem an den unterschiedlichen Extrakten liegt, die bei den Tests zum Einsatz kommen. In einem Ergebnis waren sie jedoch eindeutig: Ihr Nebenwirkungsrisiko ist viel geringer als etwa bei den Benzodiazepinen. Ein Versuch kann also in der Regel nicht schaden.
Dies gilt auch für die Globuli und Tropfen der Homöopathie. Ihre Wirksamkeit ist allerdings ebenfalls umstritten. Immerhin: In einer aktuellen Studie aus Indien sorgten sie dafür, dass die Probanden länger schliefen und sich danach erholter fühlten. Die Medikamente waren individuell auf jeden Patienten zugeschnitten worden. Ein Arzt hatte ihn genauestens befragt und diagnostiziert – und das ist bekanntlich oft schon die beste Medizin.