Die Drähte und Rechner des Internets laufen auf Hochtouren. Das treibt den Energiebedarf in die Höhe. Doch wir können im Alltag Gegensteuer geben.
Das Personal bei Amazon will streiken. Es geht nicht um Arbeitsbedingungen oder Löhne, nein – sondern darum, dass das Unternehmen sich kaum um den Klimaschutz kümmert. Rund tausend Angestellte haben angekündigt, am kommenden Freitag ihre Arbeitsplätze zu verlassen, um ihren Arbeitgeber zum Handeln aufzurufen. Denn Amazon hinkt in Sachen CO2-Reduktion hinter anderen grossen amerikanischen Techfirmen her.
Die Klimadebatte hat also endgültig die Digitalbranche erreicht. Das ergibt durchaus Sinn, denn der Energiebedarf dieses Sektors wächst rapide und damit auch der CO2-Ausstoss. Laut einem Bericht des französischen Think Tanks «The Shift Project» verbrauchen digitale Technologien von Jahr zu Jahr rund zehn Prozent mehr Energie. Im Jahr 2013 waren sie noch für 2,5 Prozent der globalen Treibhausgasemissionen verantwortlich, im Jahr 2018 bereits für 3,7 Prozent.
Und eine Trendwende ist nicht in Sicht: Zwar werden die einzelnen Geräte immer effizienter, der Energiebedarf pro Rechenleistung sinkt. Doch parallel ist der Datenverkehr explodiert. Mit jedem Klick (und oft auch ohne Klick) senden und empfangen wir Daten, die bereitgestellt und übertragen werden müssen. Es sind die Netzwerke und Datenzentren im Hintergrund, die den Energiebedarf der Digitaltechnologien in die Höhe treiben. Google alleine verbrauchte im Jahr 2018 rund 10 Terawattstunden Strom – mehr als das Kernkraftwerk Gösgen im selben Jahr produzierte. Wer etwas dagegen tun will, kann schlicht weniger Suchanfragen eingeben. Das ist jedoch weder komfortabel noch effizient. Mit folgenden Tipps lässt sich mehr erreichen.
Inhaltsverzeichnis
Mobile Geräte wie Smartphones und Laptops sind energieeffizient konstruiert, damit der Akku möglichst lange reicht. «Der weitaus grösste Energieaufwand entfällt auf die Herstellung des Geräts und die Gewinnung der dafür nötigen Rohstoffe», sagt Lorenz Hilty, Professor für Informatik und Nachhaltigkeit an der Universität Zürich. Wer also Energie sparen will, kauft nicht jedes Jahr ein neues Telefon, sondern benutzt so lange wie möglich das alte.
Auch Reparieren lohnt sich in dieser Hinsicht. Alternative Anbieter wie Fairphone und Shift konzipieren ihre Geräte gezielt so, dass sie langlebig sind und sich einzelne Komponenten problemlos austauschen lassen (das Fairphone 3 wurde am Donnerstag in der Schweiz lanciert). Bei den Platzhirschen ist Apple derjenige, dessen Geräte im Ruf stehen, vergleichsweise gut reparierbar zu sein. Und wenn das Smartphone doch mal ersetzt werden muss: recyceln statt zu Hause rumliegen lassen. So kommen die Rohstoffe, deren Abbau teils sehr aufwendig ist, wieder in Umlauf.
Im Privaten haben Drucker an Bedeutung verloren. Wir versenden Einladungen per Social Media statt per Flyer und laden Bewerbungsunterlagen oder Studienarbeiten auf einen Server hoch. Trotz allem ist das papierlose Büro nicht in Sicht. Und Drucken braucht Energie, sowohl für das Gerät als auch für die Herstellung von Papier und Tinte oder Toner. Weil seltener ausgedruckt wird, sind Websites auch nicht mehr darauf ausgelegt – wer dann doch mal auf das Printsymbol klickt, erhält einen Stapel Papier, auf dem der tatsächlich gewünschte Text irgendwo zwischen farbigen Werbebannern und Navigationsmenus der Website versteckt ist.
Es gibt jedoch Tools, mit denen sich auf Websites exakt jene Flächen auswählen lassen, die wirklich ausgedruckt werden sollen. Das funktioniert mit Browsererweiterungen (sogenannten Add-ons) wie Print Edit WE oder via Websites wie printwhatyoulike.org. Es geht auch altmodisch und ganz simpel: den gewünschten Text rauskopieren in ein Word-Dokument und von dort ausdrucken. Beim Ausdrucken von Mails lässt sich in der Druckvorschau auswählen, welche Seiten ausgedruckt werden – der ganze 17-teilige Mailverkehr oder nur die neuste Antwort? Nur allzu oft ist auf der letzten Seite, die der Drucker ausspuckt, nichts ausser der Signatur des Absenders zu sehen – inklusive in grüner Farbe die Zeile: «Denken Sie an die Umwelt, bevor Sie drucken.»
Vorbei ist die Zeit, als sich Modems piepsend ins Telefonnetz einwählten und jedes Bild auf einer Website die Ladezeit ins schier Unerträgliche verlängerte. Heute streamen wir hochaufgelöste Videos, ohne je ein Ruckeln zu bemerken. Und machen uns deshalb auch keine Gedanken mehr über Datenvolumen. Es sei denn, wir wollen den CO2-Ausstoss unseres Surfverhaltens verringern. Wer via Youtube Musik hört, während er Mail schreibt, lädt laufend Videodaten, ohne die Filmchen überhaupt zu sehen. Und Videodaten – in erster Linie von Filmen und Games – sind es, die den privaten Datenverkehr massiv ansteigen lassen. Also: den Lieblingssong ab Festplatte hören. In geringerem Mass lässt sich beim Datenverkehr auch sparen, indem nicht mehr benötigte Apps gelöscht und überflüssige Newsletters abbestellt werden.
Das Warten, bis der Computer hochgefahren hat, ist mühsam. Also lassen wir ihn über Mittag und vielleicht sogar über Nacht laufen. Dann bleiben auch gleich die benutzten Fenster offen. Dagegen spricht eigentlich nichts – solange die Maschine während der Pausen in den Ruhezustand schaltet. In den Systemeinstellungen lässt sich wählen, nach welcher inaktiven Zeitspanne ein Computer in den Energiesparmodus wechselt. Auch Monitore haben einen Standby-Modus. Der Laptop kann in der Mittagspause schlicht zugeklappt werden, das versetzt ihn in Ruhezustand. Nur bei älteren Modellen ist der Stromverbrauch im Standby-Modus noch so hoch, dass sie möglichst oft abgeschaltet werden sollten. Beim Laptop lässt sich der Energieverbrauch selber abschätzen: Wer ihn beispielsweise über Nacht vom Netzkabel getrennt auf Standby lässt, kann am Batterieladestand ablesen, wie viel Strom er verbraucht hat.
Bei allem Sparen: Der Strombedarf der digitalen Technologien wird hoch bleiben, ja bestimmt noch eine gute Weile wachsen. Nicht unbedingt beim eigenen Gerät, aber bei all den Servern, die uns Suchmaschinen, E-Mail-Postfächer, Cloud-Speicherplatz oder Filme zum Streamen anbieten. Für die CO2-Bilanz entscheidend ist, ob der Strom dazu aus erneuerbaren Quellen stammt. Google gibt beispielsweise an, in den vergangenen zwei Jahren mehr erneuerbaren Strom erworben zu haben, als seine Datenzentren und Büros verbrauchten. In einem Rating von Greenpeace schneiden auch Apple sowie Facebook inklusive Instagram und Whatsapp gut ab. Amazon, Netflix und Twitter kriegen dagegen schlechte Noten. Auch chinesische Unternehmen wie Alibaba stehen in der Kritik.
Am weitesten in ihren ökologischen Bemühungen gehen einige kleinere Anbieter, die sich nicht nur dem Ökostrom für den eigenen Verbrauch verpflichten, sondern auch mit einem Teil des Gewinns Nachhaltigkeitsprojekte unterstützen. Am bekanntesten ist die Suchmaschine Ecosia mit Sitz in Berlin, mit deren Gewinnen nach eigenen Angaben über 67 Millionen Bäume gepflanzt wurden. Ebenfalls in Berlin hat der Mailanbieter Posteo seinen Sitz, der nur Ökostrom bezieht und vollkommen auf geschäftliche Flugreisen verzichtet. Das elektronische Postfach ist bei Posteo allerdings nicht gratis, sondern kostet 1 Euro pro Monat.