Schweizer Label
Beautyunternehmerin Fabienne Bolliger im Interview: «Man braucht nicht zehn Produkte, um gut auszusehen»

Die Marketingspezialistin Fabienne Bolliger rief im Dezember ein neues Schweizer Beautylabel ins Leben. Wir haben mit ihr über die Herausforderungen im Markt, ihre Philosophie und das berühmte «Weniger ist mehr» gesprochen.

Rahel Empl
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Es ist angerichtet: Das neue Beautylabel Rebelle von Fabienne Bolliger ist seit Dezember erhältlich und setzt auf wenige, aber wirkungsvolle Produkte.

Es ist angerichtet: Das neue Beautylabel Rebelle von Fabienne Bolliger ist seit Dezember erhältlich und setzt auf wenige, aber wirkungsvolle Produkte.

Bild: zvg

Ob bio, vegan oder einfach «clean»: Nischenkosmetik boomt, der Markt wird überschwemmt mit kleinen Labels, die um die Gunst der Kunden buhlen. Auch in der Schweiz. Seit dem 1. Dezember buhlt «Rebelle Beauty» mit. Dahinter steckt Fabienne Bolliger (36), die seit Jahren in der Beautyindustrie arbeitet. Mit einer minimalistischen Produktelinie für Frauen und Männer ab 25 ist sie überzeugt, dass sie den Nerv der Zeit trifft.

Frau Bolliger, wie lange brauchen Sie am Morgen im Bad?

Fabienne Bolliger: Nicht mehr so lange wie früher. Zehn Minuten vielleicht. In meinem Schrank stehen zwar zig Beautyprodukte, aber ich brauche nur die wenigsten davon. So geht es, wenn ich mich umhöre, vielen Frauen. Ich habe im Rahmen meiner früheren Jobs in der Schönheitsbranche viele Produkte ausprobiert. Das hat meiner Haut nicht immer gut getan. Entsprechend steht mir der Sinn heute nach Reduktion. Ich gebe meiner Haut gewissermassen Ruhe.

Das ist auch die Philosophie, die hinter Ihrem neuen Brand steckt.

Bei Rebelle Beauty ist Minimalismus zentral. Zum Markteintritt gingen wir mit lediglich drei Produkten an den Start: The Face Cream, The Eye Cream und The Lip Balm. Rebelle steht für: Man braucht nicht zehn Produkte, um gut auszusehen.

Zur Person

Fabienne Bollinger
Bild: zvg

Fabienne Bollinger

Die 36-jährige Fabienne Bolliger hat ihr Betriebswirtschaftsstudium an der HSG mit Schwerpunkt Marketing absolviert. Danach war sie mehrere Jahre beim Beautyriesen L’Oréal im Marketing tätig. Es folgten Stationen im Einkauf, im Marketing von Red Bull und im E-Commerce für einen online Beauty-Shop (rae).

Keine Nachtcreme, kein Serum?

Die Pflegewirkung der Gesichtscreme reicht aus, sie befeuchtet gut, das ist das Wichtigste. Die Reduzierung der Pflegeroutine auf wenige Schritte ist ein riesiger, wenn nicht der Trend in der Beautybranche. Bewusster Verzicht im Sinne des Minimalismus ist ganz gross jetzt.

Warum?

Weil die Leute schlicht überfordert sind von der Fülle des Angebots. Und weil sie sich schlicht «überpflegt» haben. Dazu kommt, dass sich der Konsument, wie mir scheint, von den grossen Konzernen schon länger nicht mehr ernst genommen fühlt und entsprechend nach Alternativen sucht.

Der Markt ist aber übersättigt, Alternativen gibt es genug. Da könnte man sagen, dass es fast schon als tollkühn anmutet, ein weiteres Beautylabel ins Leben zu rufen.

(lacht) Bestimmt. Aber ich habe ein Jahr daran gearbeitet, bis sämtliche Puzzleteile gepasst haben. Rebelle Beauty schafft eine Verbindung und füllt eine Lücke zwischen nachhaltiger Naturkosmetik wie Weleda und einer auf medizinalwissenschaftlich basierten High-End-Marke wie La Prairie. Der Hauptinhaltstoff, ein Grüntee-Extrakt, ist natürlich. Aber es braucht daneben Emulgatoren, weil die Wirkstoffe sonst gar nicht von der Haut aufgenommen werden könnten. Auch Inhaltsstoffe, die die Textur haltbar machen.

Es ist angerichtet: Das Beautylabel «Rebelle» von Fabienne Bolliger setzt auf wenige, aber wirkungsvolle Produkte.

Es ist angerichtet: Das Beautylabel «Rebelle» von Fabienne Bolliger setzt auf wenige, aber wirkungsvolle Produkte.

Bilder: zvg

Was hat Sie dazu bewogen, selber eine Marke zu lancieren?

Während meiner Zeit im Marketing von L'Oréal habe ich realisiert, wie weit weg wir eigentlich vom Kunden sind. Es gibt immer noch zu wenig Labels, die mit direktem Feedback der Nutzer arbeiten und das in die Produkteentwicklung einfliessen lassen. Zudem: Auch bei vielen kleinen sogenannten «clean» Brands steckt oftmals einfach gutes Marketing dahinter. Die Verpackungen kommen etwa aus China – was ist daran clean? –, die Pflegeversprechen werden nur selten eingehalten. Ich wollte ein ehrliches, transparentes Produkt. Die Cremes werden in der Schweiz entwickelt und hergestellt, alles im Umkreis von weniger als 140 Kilometern. Und zwar nicht nur deren Inhalt, auch die Verpackung.

Sie versprechen qualitativ hochstehende Produkte. Wie können Sie das garantieren?

Mein Unternehmen The Conscious Beauty Company arbeitet eng mit Ärzten eines ETH-Spin-offs zusammen. Dem Produktelaunch im Dezember gingen klinische Studien und eine Testreihe mit 120 Frauen im Sommer einher. Wir haben aufgrund ihrer Rückmeldungen zum Beispiel die Textur der Creme angepasst. Vielen war sie zu zähflüssig, andere wünschten eine verringerte Zugabe von Parfum.

Rebelle ist seit Dezember auf dem Markt. Wie ist der Verkauf angelaufen?

Ich bin überwältigt, da ich für den Anfang gar nicht damit gerechnet habe, dass Bestellungen rein kommen. Aber gleich in den ersten Tagen ging’s Schlag auf Schlag, ich musste ziemlich rasch Karton für die Verpackungen nachbestellen. Ich denke, die Frauen von der Testreihe haben da eine gute Mund-zu-Mund-Propaganda gemacht (lacht). Auf persönliche Empfehlungen wird grossen Wert gelegt – mehr denn je. Diese Entwicklung möchte Rebelle Beauty berücksichtigen.

Inwiefern?

Ich wollte eine Marke kreieren, welche den Konsumenten integriert, ihm zuhört und sein Feedback verarbeitet. Benutzerinnen und Benutzer von Rebelle Beauty sollen eine starke Community bilden, wo man sich austauschen kann, wo auch Ideen für neue Produkte deponiert werden sollen. Sie soll mitentscheiden, wohin es bei der Produkteentwicklung geht.

Und was meint die Community? Welche Produkte kommen als Nächstes, was befindet sich in Ihrer Pipeline?

Ich finde, es braucht nicht mehr Produkte, sondern bessere. Wir haben einiges bereits in der Entwicklung, etwa eine Gesichtsreinigung.

Rebelle Beauty ist im Moment ausschliesslich online erhältlich. Wagen Sie auch den Schritt in den stationären Handel?

Ja, aber ganz langsam, Schritt für Schritt. Wir haben schon gemerkt, dass unsere Kundinnen und Kunden die Produkte auch live erleben wollen, also im Laden. Wir tendieren in Richtung kleinere, nachhaltige Concept-Stores und stehen mit solchen Anbietern bereits in Kontakt. Beim Pop-up des Jobfactory-Stores in der alten Hauptpost in Basel ist Rebelle Beauty seit Donnerstag erstmals stationär erhältlich.