Das drei Monate alte weibliche Kätzchen unseres Sohnes hat sich gut an das Kistchen gewöhnt und ist stubenrein. Doch nun plötzlich pinkelt es auf das Sofa. Warum wird das Büsi nun mit einem Mal wieder «unsauber», was könnte der Grund sein?
Um Ihre Frage wirklich präzise beantworten zu können, bräuchte ich weitere Informationen. So etwa: Woher kommt das Kätzchen? Aus einer Zucht oder von einem Bauernhof, von einer Familie ...? Wie alt war es, als es zu Ihnen kam, wenn es jetzt drei Monate alt ist? Wie gross ist Ihre Wohnung/die Wohnung Ihres Sohnes, und darf das Kätzchen in alle Zimmer? Wo ist es am liebsten, wo steht das Katzenkistchen? Wie wird gefüttert? Wie alt ist Ihr Sohn? Ungeachtet dieser Präzisierungen kann ich aber einige grundsätzliche Hinweise geben.
Katzen sind Hochleistungstiere. Auf sich gestellt, jagen sie täglich zirka 8 Stunden, um sich zu ernähren. Dazu braucht es 100 bis 200 Versuche, ein Beutetier zu fangen, der Jagderfolg beläuft sich also auf zirka 10 bis 20 Prozent. Das sind etwa 15 Mäuse täglich. Katzen markieren ihr Revier mit Harn, aber auch mit Kot, wenn ihre Marker nicht ernst genommen werden. Ihr Geruchsorgan ist dreimal besser als jenes des Menschen (Hunde haben ein noch besseres Geruchsorgan). Dies einige relevante Hintergrundinformationen – es gäbe noch viele mehr.
Die Sitzfläche Ihres Sofas ist erhöht, weich, und das Möbel ist so platziert, dass es ein idealer Ort ist, um alles zu überschauen und zu hören. Sie halten sich wahrscheinlich oft dort auf, auch mit dem Kätzchen. Es fühlt sich daher dort sicher und wohl.
Nun haben Sie aber Besuch. Dieser setzt sich aufs Sofa und «markiert» damit den besten und sichersten Platz des Kätzchens. Was anderes kann es tun, als auf «seinen» Platz zu urinieren, um klare Verhältnisse zu schaffen? Es ist nicht markieren, das wäre nämlich nur ein Harnspritzer, sondern ein Urinieren. Das tun Katzen vor allem aus Angst: Der fremde Geruch auf dem Sofa sagt dem Büsi nämlich, dass Eindringlinge ihm seinen Platz und seine Sicherheit streitig machen.
Was tun? Richten Sie dem Kätzchen ein Katzenzimmer ein. Dazu gehören ein Kletterbaum mit Hochsitz, ein Kuschelbettchen (erhöht und vor Einblicken geschützt), Spielsachen, Futtersuchspiele (fragen Sie den Tierarzt oder im Zoofachgeschäft), eine Katzenklokiste (genügend gross und mit genügend Sand) und eine zweite Klokiste etwa im Bad oder in einem Raum, wo «Fremde» möglichst keinen Zutritt haben. Katzen versäubern sich gerne geschützt und ohne Einblick von Menschen oder Tieren.
Vom Katzenzimmer aus darf das Kätzchen nach und nach die ganze Wohnung erkunden und in Beschlag nehmen. Das bedeutet, dass Sie immer mehr Türen offen lassen. Das Prinzip heisst: Von klein auf gross, und das alles schön langsam. Aufs Sofa stellen Sie ebenfalls ein Kuschelbettchen. Wenn Sie jetzt noch das Trockenfutter verstecken oder die Katze es sich aus einem Futterspielzeug erarbeiten muss – und das schliesslich in der ganzen Wohnung –, wird ihr Zuhause zum Paradies! Aufs Sofa sprayen Sie immer, wenn Sie Besuch hatten, etwas Feliway (ein Wohlfühlpheromon, beim Tierarzt erhältlich).
Tun Sie schnell etwas, sonst wird das Urinieren auf dem Sofa zur Gewohnheit! Bessert es nicht bald, zögern Sie nicht, mit Ihrem Kätzchen einen Verhaltenstierarzt aufzusuchen (www.stvv.ch).
*Dr. med. vet. Susi Paul ist Fachtierärztin für Verhaltensmedizin STVV